Landwirtschaftsausschuss befasst sich mit Zukunftsperspektiven von Biogasanlagen 

Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 16. Oktober 2024, auf Antrag der CDU mit dem Potenzial von Biogasanlagen für die Energiewende in Baden-Württemberg befasst, berichtete der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne).

Nach Angaben Hahns erklärten die Ausschussmitglieder in der Sitzung, dass Biogasanlagen ein Stabilitätsanker in der Energiewende seien. Diese nicht fossile, nachhaltige Energiequelle trage entscheidend zur Strom-, Wärme- und Gasversorgung bei und fördere die Netzstabilität, insbesondere im ländlichen Raum. Biogasanlagen könnten, bei Ausbau ihres Flexibilitätspotenzials, ähnlich wie auch H2-ready-Erdgaskraftwerke, Schwankungen bei der erneuerbaren Energie aus Wind und Sonne ausgleichen. Bei einer flexiblen Fahrweise der Biogasanlagen könne der Erdgas- bzw. H2-Bedarf auf Jahresbasis um zwei Prozent gesenkt werden, erklärte Hahn.

Laut dem Energiebericht 2024 machten Biogas, Biomethan und Klärgas im Jahr 2022 2,2 Prozent des Primärenergieverbrauchs in Baden-Württemberg aus. Bei der Bruttostromerzeugung in Baden-Württemberg aufgeschlüsselt nach Energieträgern, wiesen Biogas und Biomethan einen Anteil von 5,4 Prozent aus. Der Anteil der begrenzten Ressource Biogas für die Vor-Ort-Verstromung könne gemäß der Langfristszenarien des Bundes zurückgehen, da aufbereitetes Biomethan künftig bevorzugt in der Industrie und im Verkehr eingesetzt werde, legte Hahn dar.

Die starke Förderung von Biogasanlagen in den 2000er-Jahren habe zur Errichtung vieler Anlagen beigetragen. Mit 1.032 Anlagen habe Baden-Württemberg einen signifikanten Anteil an der deutschen Biogasproduktion. Allerdings liefen viele 20-jährige Einspeisevergütungen aus, was das Risiko von Stilllegungen berge. Bis Ende 2027 würden laut Marktstammdatenregister etwa 260 Biogasanlagen das Ende ihrer ersten Förderperiode erreichen. Weitere 354 Anlagen würden bis Ende 2031 folgen. Um eine zehnjährige Anschlussförderung zu sichern, könnten bestehende Anlagen an Ausschreibungen der Bundesnetzagentur teilnehmen, so Hahn. Ohne eine erfolgreiche Teilnahme an einer EEG-Ausschreibung sei ein systemdienlicher Weiterbetrieb einer Biogasanlage momentan noch nicht möglich. Das Ministerium fordere daher eine Erhöhung des Ausschreibevolumens. Zudem sei eine Erhöhung der Flexibilisierungszuschläge notwendig, um die Zukunftsfähigkeit der Biogasanlagen, welche keine Anschlussförderung erhielten, zu sichern. Bei Ausschreibungen sollten Anlangen priorisiert werden, welche bereits an das Wärmenetz angeschlossen seien. Diese bräuchten eine Gewissheit für ihren Fortbestand.

Nach Angaben der Landesregierung hätten in den letzten drei Jahren zwölf landwirtschaftliche Biogasanlagen ihren Betrieb eingestellt, führte Hahn aus. Weiter befürchte die Landesregierung, dass die Zahl der Stilllegungen deutlich steigen könnte, wenn die jetzigen Rahmenbedingungen unverändert blieben. Die möglichen Erträge aus dem Verkauf von Strom, Wärme, Gas und weiteren Dienstleistungen sowie die Förderkulisse und gesetzlichen Vorschriften spielten eine wichtige Rolle für Anlagenbetreiber und müssten optimiert werden.

Der Ausschuss hatte Hahn zufolge weitere Maßnahmen zur Stärkung von Biogasanlagen in Baden-Württemberg besprochen. Mit der Biogasstrategie habe sich die Landesregierung das Ziel gesetzt, die Entwicklung von Biogasanlagen im Sinne einer klimafreundlichen und biodiversitätsfördernden Energieversorgung mit langfristig tragfähigen Betriebskonzepten zu unterstützen. 

Wichtiger Faktor seien dabei die Treibhausgas (THG)-Emissionen, welche bei der Stromerzeugung aus Biogas entstünden. Diese hingen stark vom Substrateinsatz ab. Die beste Bilanz gäbe es nach Angaben der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe beim ausschließlichen Einsatz von Wirtschaftsdüngern, wie Gülle oder Mist. Dann könnten Biogasanlagen gar negative THG-Emissionen ausweisen. Dies liege daran, dass durch die Nutzung von biogenen Rest- und Abfallstoffen zur Biogaserzeugung, THG-Emissionen vermieden würden, die bei einer Nichtnutzung angefallen wären. Daher sehe die Biogasstrategie Baden-Württemberg einen Substratwechsel hin zu mehr Gülle und biogenen Rest- und Abfallstoffen vor, gab Hahn die Ausführungen des Ministeriums wieder. Das Ministerium habe erklärt, dass das Potenzial von Reststoffen besser ausgeschöpft werden müsse. So könne es Sinn machen, dass Biogasanlagen eine höhere Einspeisevergütung erhielten, wenn sie Reststoffe einsetzten.

Eine weitere wesentliche Maßnahme sei die Sammelmenge für häusliche Bioabfälle von 60 auf 80 kg pro Einwohner und Jahr zu erhöhen und diese komplett energetisch durch Vergärung zu verwerten. Dies würde die Biogasproduktion aus diesem Bereich nahezu verdoppeln. Notwendig seien dafür jedoch weitere Biogasanlagen. Die Strategie umfasse auch die Beseitigung von Hemmnissen für die Annahme biogener Reststoffe aus Gewerbe und Industrie sowie die Einrichtung eines Kompetenzzentrums für angewandte Bioökonomie für den ländlichen Raum. Darüber hinaus würden Fortbildungsangebote und Veranstaltungen zur Vernetzung von Akteuren geplant, um den Austausch und die Zusammenarbeit zu fördern. Die geplanten Maßnahmen zur Förderung von Biogas seien jedoch abhängig von den verfügbaren Haushaltsmitteln.

Da der Rechtsrahmen für den Betrieb von Biogasanlagen weitestgehend durch Bundesrecht bestimmt werde, setze sich die Landesregierung auf Bundesebene für eine Optimierung der Rahmenbedingungen ein, um die Wettbewerbsfähigkeit von Biogasanlagen zu stärken. Dazu gehörten Anträge zur Verbesserung der EEG-Ausschreibungen und ein regelmäßiger Austausch zu Bioenergiethemen. Ein verstärkter Fokus auf den Ausbau von Biogasanlagen und deren Flexibilität werde als essenziell erachtet, um den Herausforderungen der Energiewende gerecht zu werden, fasste Hahn die Beratungen zusammen.