ÖPNV im Land verliert in den ersten beiden Corona-Jahren 745 Millionen Euro

Stuttgart. Der öffentliche Personennahverkehr in Baden-Württemberg hat in den Pandemiejahren 2020 und 2021 Mindereinnahmen von insgesamt rund 745 Millionen Euro verzeichnet. Das geht aus Zahlen des Verkehrsministeriums hervor, über die der Verkehrsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 30. Juni 2022, nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) beraten hat. Ein weiteres Thema unter anderen waren laut Klos die Probleme der Schwarzwaldbahn.   

Der Verkehrsausschuss befasste sich auf Initiative der SPD mit den coronabedingten Schäden des ÖPNV. Die Mindereinnahmen werden vom Bund und vom Land hälftig getragen. Es greift ein Rettungsschirm. Die Schäden in Höhe von rund 331,9 Millionen Euro im Jahr 2020 wurden bereits vollständig ausgeglichen, wie aus der Stellungnahme des Verkehrsministeriums zum SPD-Antrag hervorgeht. Für 2021 wurden demnach bisher Schäden von rund 351,4 Millionen Euro ausgeglichen, das entspricht 85 Prozent des Gesamtschadens von rund 413,4 Millionen Euro. Grund für die Verzögerung ist laut Ministerium, dass die Schadenshöhe weit über den prognostizierten Beitrag und die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel hinausgeht. Auch für 2022 greift ein ÖPNV-Rettungsschirm.  

Vertreter aller Fraktionen begrüßten die Finanzhilfen für die Verkehrsverbünde als Träger des ÖPNV, wie der Ausschussvorsitzende Klos berichtete. Es sei gut, dass der Rettungsschirm auch 2022 greifen werde, habe es geheißen. Verkehrsminister Hermann habe vor dem Gremium erläutert, dass die Verbünde je nach Kundenstruktur unterschiedlich von der Pandemie getroffen worden seien, so Klos. Verbünde mit besonders vielen Abo-Kunden hätten 2021 hohe Verluste erwirtschaftet, da viele Kunden im ersten Corona-Jahr noch an ihrem Abo festgehalten hätten, um dann im zweiten Corona-Jahr zu kündigen. 

Der Minister habe in diesem Zusammenhang seine Kritik am 9-Euro-Ticket bekräftigt, berichtete Klos. Es sei ungewiss, ob die neuen Kunden dauerhaft für den ÖPNV zu gewinnen seien. Ein Super-Sonderangebot wie das 9-Euro-Ticket sei mit Kosten von 2,5 Milliarden Euro sehr teuer. Es sei besser gewesen, das Geld in den Ausbau des ÖPNV zu investieren.  

Die Situation der Schwarzwaldbahn zwischen Karlsruhe und Konstanz thematisierte der Verkehrsausschuss auf getrennte Initiativen von SPD und FDP/DVP hin. Beide Fraktionen hatten vor dem Hintergrund von laufenden Baumaßnahmen, Verspätungen und Zugausfällen auf der Strecke umfangreiche Fragenkataloge an das Verkehrsministerium gerichtet. Aus den Antworten geht hervor, dass aktuell insgesamt rund 47 Millionen Euro in die Modernisierung der Schwarzwaldbahn fließen. Die Mittel werden für die Erneuerung des Gleiskörpers sowie für die Modernisierung und den Neubau von Bahnhöfen und Haltepunkten verwendet. Hinzu kommen weitere Mittel für die Instandhaltung.  

Laut dem Bericht des Verkehrsministeriums treten seit einer Teilstreckensanierung Spurkranzprobleme bei den eingesetzten Doppelstockwagen auf. Der Rad-Schienenkontakt verlaufe seit der Sanierung nicht mehr verschleißarm. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos erläuterte Verkehrsminister Hermann, die Deutsche Bahn habe bei der Teilstreckensanierung offenbar starre Betonschwellen statt flexibler Holzschwellen und Gleise mit breiterem Kopf verbaut. Dies führe auf der kurvenreichen Gebirgsstrecke zu erhöhtem Verschleiß an den Rädern. Die Teilstrecke sei inzwischen gesperrt und werde erneut saniert. Es gebe einen Schienenersatzverkehr, vermutlich noch für zehn bis 14 Tage. 

Der Minister habe die fehlerhafte Sanierung und auch die unzureichende Information durch die Deutsche Bahn scharf kritisiert, berichtet Klos. Vertreter aller Fraktionen hätten ihm für seine klaren Worte gedankt.