Parteiübergreifendes Bekenntnis zur Notwendigkeit einer Föderalismusreform
Lübecker Erklärung trägt Handschrift des Stuttgarter Landtags Stuttgart/Lübeck. Die am vergangenen Montag auf dem Föderalismuskonvent in Lübeck verabschiedete Erklärung, wonach die Rolle der Länderparlamente gegenüber der Europäischen Kommission, der Bundesregierung und den Länderregierungen gestärkt werden muss, wird von den Fraktionen des Landtags von Baden-Württemberg ausdrücklich begrüßt. Ihre Spitzen hatten an diesem Konvent teilgenommen. „Dass die Lübecker Erklärung, zu der der Stuttgarter Landtag wesentliche Teile beigetragen hat, einstimmig angenommen wurde, ist bemerkenswert und lässt auf eine erfolgreiche Umsetzung hoffen“, betonte Landtagspräsident Peter Straub (CDU) am Mittwoch, 2. April 2003, in Stuttgart. Parteiübergreifend hätten sich alle Parlamentarier zur Notwendigkeit einer Föderalismusreform bekannt. Bei dem Föderalismuskonvent der 16 deutschen Länderparlamente in Lübeck handelte es sich um ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Zu den Teilnehmern zählten sowohl die Präsidenten der Länderparlamente als auch die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden. Aus Baden-Württemberg waren außer Landtagspräsident Peter Straub die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion Dr. Inge Gräßle, der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Drexler, der FDP/DVP-Fraktionsvorsitzende Ernst Pfister sowie der Vorsitzende der Fraktion GRÜNE, Winfried Kretschmann, vertreten. Kretschmann gehörte auch zu den Rednern, die von den Fraktionsvorsitzendenkonferenzen der einzelnen Parteien benannt worden waren. Außerdem sprachen für die CDU Christoph Böhr aus Rheinland-Pfalz, für die CSU Alois Glück aus Bayern, für die SPD Joachim Mertes aus Rheinland-Pfalz, für die FDP Jörg-Uwe Hahn aus Hessen sowie für die PDS Lothar Bisky aus Brandenburg. Zuvor standen der Präsident des Landtags von Schleswig-Holstein Heinz-Werner Arens, die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis, Bundespräsident Johannes Rau und der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust, auf der Rednerliste. Nach der Aussprache wurde die so genannte Lübecker Erklärung einstimmig verabschiedet. In ihr fordern die Länderparlamente vom Bund mehr Kompetenzen bei der Gesetzgebung und mehr Autonomie bei der Gestaltung von Einnahmen und Ausgaben. Angestrebt wird eine Ausweitung der konkurrierenden Gesetzgebung, damit die Bundesländer bundeseinheitliche Regelungen durch eigene Vorschriften ersetzen können. Grundsätzlich sollten im Sinne einer größeren Bürgernähe regionale Angelegenheiten auf der entsprechenden Ebene geregelt werden. Anteil an der Lübecker Erklärung hat der baden-württembergische Landtag nicht nur der Bezeichnung wegen, die von ihm stammt. Von dem gemeinsamen Antrag, den die Fraktionen in der Plenarsitzung am 19. Februar 2003 in Stuttgart beschlossen hatten, wurden wichtige Vorschläge in das Konventspapier übernommen. So unter anderem die Forderung, bereits in der Entstehungsphase von Gesetzen der Europäischen Union zu überwachen, ob die Kompetenzordnung und das Subsidiaritätsprinzip eingehalten werden. An einem solchen „Frühwarnsystem“ müssten auch die Länderparlamente beteiligt werden. Auf eine Anregung von Landtagspräsident Straub gehen die Aussagen über die Fortführung des Konvents zurück. Danach soll im Hinblick auf die guten Erfahren der Europäischen Union mit dem Grundrechte-Konvent und dem Konvent zur Zukunft Europas und im Interesse einer möglichst umfassenden und vor allem offenen und transparenten Föderalismusdiskussion der Konvent in neuer Zusammensetzung möglichst bald einberufen werden. Eine Verhandlungskommission wurde bereits eingesetzt. Sie besteht aus vier Vertretern der Landtagspräsidenten und sieben Vertretern der Fraktionen der Landtage und Bürgerschaften. Aufgabe dieser Verhandlungskommission, der aus Baden-Württemberg gleich drei Repräsentanten, nämlich Landtagspräsident Peter Straub, SPD-Fraktionschef Wolfgang Drexler sowie GRÜNEN-Fraktionschef Winfried Kretschmann angehören, ist es, die in der Lübecker Erklärung enthaltenen Forderungen nach außen zu vertreten und den Dialog mit der Bund-Länder-Kommission aufzunehmen. Die Arbeit des Konvents soll in zwölf Monaten abgeschlossen sein, damit die Ergebnisse in der laufenden 15. Wahlperiode des Deutschen Bundestages eingebracht, ausreichend beraten und die notwendigen Änderungen noch in dieser Wahlperiode beschlossen werden können. „Dadurch, dass die Länderparlamente und die Regierungen im Ziel der Reform übereinstimmen, hat sie eine gute Chance zur Realisierung“, so Landtagspräsident Peter Straub abschließend. In dem Anliegen, durch die Reform mehr Bürgernähe zu erreichen und den Wettbewerb unter den Ländern zu verstärken, seien sich die Fraktionen einig. „Es kommt den Bürgerinnen und Bürgern zugute, wenn Mischfinanzierungen zwischen Bund und Ländern abgebaut werden, wenn Zuständigkeiten und Aufgaben klarer geregelt sind und damit deutlich wird, wer für was verantwortlich ist. Davon würde auch der Bund profitieren, weil er dann seine bundespolitischen Vorhaben eigenständiger umsetzen könnte.“ Download der Lübecker Erklärung auf der Homepage des Landtags unter www.landtag-bw.de