Plenum berät Änderung des Abgeordnetengesetzes

Landtagspräsident Straub begründet die geplante Diätenerhöhung Ausschuss soll Regelung über Funktionszulagen mit Gesetzentwurf verbinden Es gilt das gesprochene Wort! Stuttgart. Der gemeinsame Gesetzentwurf von CDU, SPD, FDP/DVP und Grünen zur Anhebung der Abgeordnetenbezüge ab 1. August 2002 ist am Mittwoch, 19. Juni 2002, vom Landtag in erster Lesung beraten worden. Landtagspräsident Peter Straub (CDU), der den interfraktionellen Entwurf einbrachte und begründete, bezeichnete die geplante Erhöhung der Diäten als maßvoll und ausgewogen. Gleichzeitig stellte er in Aussicht, dass die Regelung über die Funktionszulagen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes in der nächsten Sitzung des Ständigen Ausschusses am 11. Juli 2002 zusammengeführt werden könnte. Im Einzelnen führte der Präsident aus: >>Mir fällt die Aufgabe zu, für die einbringenden Fraktionen den gemeinsamen Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes zu begründen. Wie jedes Jahr stand ich auch heuer vor der Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ich dem Landtag guten Gewissens eine Anpassung der steuerpflichtigen Diäten an die allgemeine Einkommensentwicklung empfehlen kann. Ich habe mich nach Auswertung der vom Statistischen Landesamt zur Verfügung gestellten Daten und unter Berücksichtigung der in der Tarifrunde 2002 bereits gefundenen Abschlüsse dazu entschlossen, Ihnen eine Erhöhung der steuerpflichtigen Abgeordnetenentschädigung um 2,8 %, das sind 124 Euro, vorzuschlagen. Ich weiß, dass dies nicht den Erwartungen aller Kolleginnen und Kollegen entspricht. Manche unter Ihnen hätten gern unter Hinweis auf die bereits erzielten Tarifabschlüsse eine Drei vor dem Komma gesehen. Ich räume ein, dass bei einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller relevanten Daten auch eine Anhebung um 3,2 % gerechtfertigt wäre. Ich bin mit meinem Vorschlag, den ich mit dem Präsidium abgestimmt habe, bewusst darunter geblieben. Angesichts der Vorbildfunktion, die das Parlament und seine Mitglieder in der Öffentlichkeit haben, ist eine gewisse Zurückhaltung durchaus angezeigt. Auch war zu bedenken, dass die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst noch ausstehen und sie erst im Spätherbst beginnen. Es wäre vom Landtag unklug, jetzt durch eine sehr deutliche Erhöhung der Diäten den Tarifpartnern im öffentlichen Dienst ein Signal zu geben, das missverstanden werden kann. Ich stelle deshalb mit Genugtuung fest, dass die vier Fraktionen dies auch so sehen und sich meinem Vorschlag in dem vorliegenden Gesetzentwurf angeschlossen haben. Wir haben damit Lob von einer Seite bekommen, die sich in der Regel gegenüber der Politik mit Anerkennung sehr zurückhält. Ich meine den Steuerzahlerbund. Aber auch mehrere Pressestimmen haben die beabsichtigte Erhöhung der steuerpflichtigen Diät als maßvoll und ausgewogen beurteilt. Im Unterschied dazu ist mein Vorschlag zur Anpassung der steuerfreien Pauschalen bei der Aufwandsentschädigung beim Steuerzahlerbund und in Teilen der Öffentlichkeit nicht so gut angekommen. Dies veranlasst mich, auch hier und in aller Deutlichkeit festzustellen, dass die Aufwandsentschädigung kein Einkommen ist und deshalb nicht zu der steuerpflichtigen Abgeordnetenentschädigung addiert werden darf. Denn die steuerfreie Aufwandsentschädigung dient dazu, den Abgeordneten die mandatsbedingten Kosten auszugleichen. Wer aber als die nicht zu bezweifelnden Daten des Statistischen Landesamtes könnte besser belegen, dass wir seit meinem letzten Bericht vor zwei Jahren eine deutliche Steigerung in den Kostenbereichen zu verzeichnen haben, die bei der Entwicklung der mandatsbedingten Kosten zu berücksichtigen sind. Dabei darf nicht übersehen werden, dass im Unterschied zur steuerpflichtigen Diät, die zuletzt am 1. August des vergangenen Jahres erhöht wurde, die steuerfreien Aufwandspauschalen das letzte Mal bereits vor zwei Jahren angehoben wurden. Es wurde also diesbezüglich im letzten Jahr eine Nullrunde eingelegt. Es ist deshalb einsichtig – und dies muss auch für eine kritische Öffentlichkeit nachvollziehbar sein – dass die Abgeordneten nicht ein weiteres, drittes Jahr auf die Erhöhung der steuerfreien Pauschalen verzichten können. Denn werden die nachgewiesenen Kostensteigerungen nicht ausgeglichen, schlagen sie auf die steuerpflichtige Abgeordnetenentschädigung und damit auf das Berufseinkommen der Abgeordneten durch. Damit würde ein Verzicht auf eine Anpassung der steuerfreien Aufwandsentschädigung die empfohlene Erhöhung der steuerpflichtigen Diät zumindest zum Teil egalisieren. Die Abgeordneten würden keinen nennenswerten Einkommenszuwachs mehr erzielen. Dies kann und darf nicht sein. In einer Leistungsgesellschaft haben die Abgeordneten wie alle anderen Einkommensgruppen Anspruch darauf, an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilzuhaben. Anderenfalls büßt das Abgeordnetenmandat weiter an Attraktivität ein. Es war ein Anliegen des Präsidiums und der antragstellenden Fraktionen, Kostennachteile, die die Abgeordneten aus den ländlichen Flächenwahlkreisen haben, abzumildern. Die Flächenzuschläge und -abzüge, die bei übermäßiger Abweichung von der durchschnittlichen Wahlkreisfläche vorgenommen werden, sollen deshalb angehoben werden. Seit 1984 ist der Betrag, der von der Tagegeldpauschale abgezogen wird, wenn ein Abgeordneter einer präsenzpflichtigen Sitzung fernbleibt, nicht mehr angepasst worden. Eine Anpassung dieses Betrages, der vor der Einführung des Euro sich auf 70 DM belaufen hat, ist daher mehr als überfällig. Er wird jetzt von 36 Euro auf 40 Euro erhöht. Nimmt ein Abgeordneter an einer namentlichen Abstimmung oder an einer Wahl mit Namensaufruf nicht teil, werden ihm bisher 20 Euro von der Tagegeldpauschale abgezogen. Dieser Betrag ist seit Inkrafttreten des Abgeordnetengesetzes im Jahre 1980 nicht mehr erhöht worden. Deshalb ist eine Anpassung dieses als Sanktion gedachten Abzugsbetrags ebenfalls längst überfällig. Die beabsichtigte Anhebung auf 25 Euro bleibt nach wie vor sehr maßvoll. Noch ein Wort zu dem, was nicht im Gesetzentwurf steht. Viele werden sich fragen, warum der Gesetzentwurf die Umsetzung der mit den Fraktionsvorsitzenden abgesprochenen Funktionszulagen an die Inhaber von Fraktionsämtern nicht regelt. Dies hat einen einfachen Grund: Es haben noch nicht alle Fraktionen der Vereinbarung der vier Vorsitzenden zugestimmt. Es besteht aber unter diesen und mir Konsens, dass zunächst eine einvernehmliche Regelung, der alle Fraktionen zustimmen können, gesucht wird. Ich bin zuversichtlich, dass es noch vor der Beratung im Ständigen Ausschuss gelingt, eine gemeinsame Lösung zu finden. In diesem Fall wird über einen interfraktionellen Änderungsantrag die Regelung über die Funktionszulagen in die Ausschussberatungen eingespeist und mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zusammengeführt. Dies halte ich angesichts der schon einige Zeit anhaltenden Diskussion über die Funktionszulagen für eine angemessene Verfahrensweise. Selbstverständlich werde ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, und die Öffentlichkeit über die weiteren Schritte auf dem Laufenden halten. Was und wie immer man es anstellt, in den Augen vieler kommen Diätenerhöhungen immer zum falschen Zeitpunkt und passen nie in die politische Landschaft. Diese Sichtweise ist so populär wie falsch. Ich habe Ihnen dargelegt, warum die jetzt vorgesehene Anpassung der steuerpflichtigen Entschädigung und der steuerfreien Aufwandspauschalen notwendig und in der Höhe angemessen ist. Ich möchte Sie deshalb darum bitten, dem von allen vier Fraktionen eingebrachten Gesetzentwurf im weiteren Gesetzgebungsverfahren zuzustimmen.