Polizei setzt Bodycams innerhalb eines Jahres 19.937 Mal ein
Stuttgart. Der Einsatz von Bodycams hat sich aus Sicht der Polizei in Baden-Württemberg bewährt. Im Zeitraum von Februar 2019 bis Ende April 2020 setzten Polizistinnen und Polizisten im Südwesten ihre Bodycams 19.937 Mal ein. Das gab Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Mittwoch, 8. Juli 2020, in einer Sitzung des Ausschusses für Inneres, Digitalisierung und Migration bekannt. „Insbesondere bei der Kontrolle von Personengruppen kann die Bodycam stark deeskalierend wirken und damit einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten leisten“, sagte der Ausschussvorsitzende Karl Klein (CDU). Aufgrund der guten Erfahrungen habe Strobl angekündigt, den Einsatz der Körperkameras auf weitere Dienststellen auszuweiten.
Nach Angaben des Vorsitzenden hatte der Landtag im Oktober 2016 die gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz von Bodycams geschaffen. Nach einer Probephase erteilte der Innenausschuss im Juni 2017 sein Einverständnis zur landesweiten Einführung von Bodycams. Seit Juni 2019 seien alle Dienstgruppen der 146 Polizeireviere im Land mit den Kameras ausgerüstet, das entspreche etwa 9.000 Polizisten. Um die Wirksamkeit von Bodycams zu überprüfen, sei von Februar 2019 bis April 2020 eine Evaluation in Form von Feldbeobachtungen, Einzelinterviews und Fragebögen durchgeführt worden, sagte der Ausschussvorsitzende.
Innenminister Strobl habe dem Ausschuss auf Grundlage der Auswertung berichtet, dass sich die flächendeckende Einführung bewährt habe. Im Evaluationszeitraum wurden Bodycams 19.937 Mal eingesetzt, entweder als dauerhafte Aufzeichnung oder als Pre-Recording. In der Mehrzahl der Fälle habe zur Beruhigung der Situation bereits die Aktivierung des Pre-Recording (84 Prozent) oder die Androhung des Bodycameinsatzes ausgereicht. Zum 30. April 2020 seien noch 2.181 Aufnahmen gespeichert gewesen. Rund 89 Prozent der Aufnahmen seien bereits gelöscht worden. Die Polizei habe bestätigt, dass es anfangs datenschutzrechtliche Probleme gegeben habe, etwa weil Polizisten länger gefilmt hätten als dies erlaubt gewesen sei.
Im Zusammenhang mit Bodycams befasste sich der Ausschuss auch mit der Entwicklung von Gewalttaten gegen Polizisten. Klein zufolge ist im Jahr 2019 zwar die Zahl der Gewalttaten gegen Polizeibeamte um 4,7 Prozent auf 4.993 Fälle (2018: 4.767 Fälle) gestiegen. Allerdings habe sich im Gegenzug die Anzahl der verletzten Polizisten um 6,2 Prozent auf 2.242 (2018: 2.390) Beamte verringert. Stark zugenommen hätten Bedrohungen (plus 38,4 Prozent) und Nötigungen (plus 23,8 Prozent). Gleichzeitig seien vorsätzliche und leichte Körperverletzungen um 20,1 Prozent (313 Fälle), gefährliche und schwere Körperverletzungen sogar um 38,5 Prozent (110 Fälle) gesunken.
Für eine abschließende Bewertung dieser Entwicklung sei es noch zu früh, jedoch deute Vieles darauf hin, dass die Bodycam dazu beitrage, direkte körperliche Angriffe und damit die Verletzungsgefahren für Polizisten zu verringern. Die präventive Wirkung der Kameras könne jedoch vor allem bei betrunkenen oder unter Drogeneinfluss stehenden Personen eingeschränkt sein, ebenso bei psychisch auffälligen Personen. Strobl habe mitgeteilt, dass er das Landespolizeipräsidium beauftragt habe, den Bodycam-Einsatz auf weitere Bereiche der Polizei, die ebenfalls Gewalt ausgesetzt seien, auszuweiten. Dies betreffe beispielsweise die stehenden geschlossenen Einsatzeinheiten, die 24/7-Dienststellen und die Verkehrspolizeiinspektionen.
Strobl habe dem Gremium ebenfalls mitgeteilt, dass er die geplante Ausweitung des Anwendungsbereichs auf Wohnungen sowie Betriebs- und Geschäftsräume für dringend erforderlich halte. Gewaltdelikte gegen Polizisten in Wohnungen sowie Betriebs- und Geschäftsräumen seien im Fünfjahresvergleich von 1.062 Fällen im Jahr 2015 auf insgesamt 1.320 Fälle im Jahr 2019 gestiegen. Dort hätten sich rund 27 Prozent aller Fälle von Gewalt gegen die Polizei ereigneten bzw. dort seien rund 31 Prozent aller Polizeibeamten verletzt werden, sagte der Ausschussvorsitzende Karl Klein.