Präsidentin Aras: Begriffe wie Heimat und Identität gegen Demokratiefeinde verteidigen

Stuttgart. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hat dazu aufgerufen, die Begriffe Heimat und Identität nicht den Feinden der Demokratie zu überlassen und vor missbräuchlicher Verwendung zu schützen. „Die Feinde der Demokratie verengen Heimat und Identität auf einen Glauben und auf eine Hautfarbe. Sie maßen sich an, darüber bestimmen zu können, wer dazugehört und wer nicht. Dagegen muss sich die demokratische Gesellschaft wehren“, erklärte Aras am Donnerstag im Landtag anlässlich einer Veranstaltung mit der Autorin Lena Gorelik.  Wenn es gelte, Begriffe wie Heimat und Identität vor dem Missbrauch zu bewahren, dann gehöre dazu auch, „unsere gesellschaftliche Vielfalt anzuerkennen und zu schützen“, so die Landtagspräsidentin in ihrem Grußwort zu Beginn der Gesprächsrunde und Lesung, die der Landtag in Kooperation mit dem Literaturhaus Stuttgart ausrichtete.   Die Autorin Lena Gorelik las im Landtag aus ihrem Roman „Wer wir sind“. Darin verarbeitet sie auch die gemeinsame Ausreise ihrer russisch-jüdischen Familie von Russland nach Deutschland, die für die sogenannten Kontingentflüchtlinge 1992 von St. Petersburg nach Ludwigsburg führte. Geflohen war die Familie vor dem Antisemitismus im postsowjetischen Russland. In der Ludwigsburger Geflüchtetenunterkunft begann für Lena Gorelik die Suche nach der eigenen Identität in einer für sie noch fremden Kultur. Im Gespräch mit der Moderatorin Nicole Köster berichtete die Schriftstellerin, wie sie mehr und mehr heimisch wurde in Deutschland – und wie ihr die neu zu erlernende Sprache und eine offenherzige schwäbische Bäuerin dabei halfen. Zugleich schilderte Lena Gorelik eindrücklich, wie auch eigene Wurzeln und Herkunft sie in ihrem Schreiben bis heute prägen.  Aras verwies vor den rund 260 Gästen darauf, dass rund ein Viertel der deutschen und ein Drittel der baden-württembergischen Bevölkerung eine Migrationsgeschichte hat. Jüdisches Leben und muslimisches Leben seien Teil der Gesellschaft: „Wir sind ein Land, in dem es möglich ist und in dem es möglich sein muss, eine neue Heimat zu finden, Wurzeln zu schlagen und anzukommen. Besonders, wenn man woanders nicht sicher ist“, so die Landtagspräsidentin. Die Landtagspräsidentin warnte in diesem Zusammenhang davor, das Grundrecht auf Asyl zur Debatte zu stellen. Lena Gorelik unterstrich im Gespräch: „Für mich ist es sehr schön und befreiend, wenn viele Menschen mit unterschiedlichen Vorstellungen und kulturellen Hintergründen zusammenkommen. Vielfalt ist letztlich das, was Demokratie ermöglicht“, so die Schriftstellerin. Zwar nähmen leider antisemitisch und rassistisch motivierte Verbrechen in Deutschland zu, war sie sich mit Landtagspräsidentin Aras einig. Aber das jüdische Leben etwa habe sich hier zugleich sehr diversifiziert und sei sichtbarer geworden. In einer Gesprächsrunde ließ die Moderatorin Nicole Köster ausführlich Menschen im Publikum zu Wort kommen. Sie beschrieben, was Heimat für sie bedeutet. Für musikalische Begleitung sorgte der Schlagzeuger und Percussionist Murat Coşkun.