Präsidentin Aras: Gemeinsam eine Vision von Europa entwerfen
Stuttgart. „Wir haben hier heute eine unglaubliche Vielfalt an Ideen und Standpunkten von jungen Menschen zu Europa gehört“ und „Beeindruckend, welches große Wissen hier mitgebracht wurde“ oder „Spannend, wie hier auch kontrovers und konstruktiv diskutiert wurde“ – Dies sind nur drei Rückmeldungen von Abgeordneten, die vormittags bei der ersten Ideensammlung des baden-württembergischen Bürgerforums zur Konferenz zur Zukunft Europas dabei waren. Der Auftakt zum Bürgerforum hat am Donnerstag, 28. Oktober 2021, im Haus des Landtags stattgefunden. 40 Zufallsbürgerinnen und -bürger im Alter zwischen 16 und 30 Jahren haben an der ganztägigen Veranstaltung teilgenommen. „Entwerfen wir gemeinsam eine Vision von Europa, auf deren Basis die Politik ihr Handeln und ihre Ideen aufbaut und an der Bürgerinnen und Bürger Politik messen können“, forderte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in ihrer Begrüßungsrede.
Die Teilnehmenden diskutierten in drei Workshops konkret über die Rolle der Union beim Kampf gegen den Klimawandel, über rechtsstaatliche Prinzipien und über eine gemeinsame Lösung für die Herausforderungen rund um das Thema Migration. Die Politik brauche diese Impulse, sagte Aras. Für die heutigen aktiven Politikerinnen und Politiker sei Europa vor allem ein Friedensgarant und Friedensprojekt. „Die Generation meiner Kinder sucht nach neuen Antworten, für sie ist Frieden selbstverständlich“, legte die Landtagspräsidentin dar. Aras versprach den Teilnehmenden, dass sie als Mitglied des Plenums der Zukunftskonferenz alles daransetzen werde, dass ihre Stimmen gehört werden. „Ich werbe dafür, dass wir dieses Format als Auftakt für eine breite europaweit geführte Debatte über die Ziele der Europäischen Union und die Kompetenzen und Strukturen ihrer Institutionen verstehen werden“, betonte die Landtagspräsidentin zum Abschluss ihrer Begrüßungsrede.
EU-Korrespondentin Gudrun Engel aus dem ARD-Studio Brüssel hielt einen erfrischenden Impulsvortrag zur Zukunft Europas. „70 Prozent aller Gesetze kommen aus Brüssel. Wir ‚nutzen‘ dieses Europa jeden Tag, ohne darüber nachzudenken“, sagte sie. In ihrer Aufzählung nannte sie das Reisen, das Roaming, die gemeinsame Währung, Interrail, aber auch den Corona-Impfstoff und den digitalen Impfnachweis. Sie verschwieg jedoch auch die Herausforderungen der EU nicht: „Die EU hat ein Imageproblem“, räumte sie unumwunden ein. Die Konferenz zur Zukunft Europas bezeichnete sie als „Ihre Chance mitzumachen“.
Clara Sophie Deifel, Studentin und Preisträgerin des Europäischen Wettbewerbs 2017, warb in ihrem sehr persönlichen Impuls dafür, dass Menschen miteinander reden sollten. „Verschiedene Perspektiven bereichern“, sagte sie. Menschen teilten sich einen gemeinsamen Werterahmen, wollten ihre Bedürfnisse in Einklang bringen und ihre Leidenschaften teilen. Dafür gebe es eine Bedingung: „Unsere Bereitschaft, miteinander ins Gespräch zu kommen in einem gemeinsamen Rahmen von Würde und Toleranz.“
Im Anschluss führte Dr. Antje Grobe von DIALOG BASIS in die Arbeit des Bürgerforums ein und leitete als Moderatorin zur ersten Ideensammlung und einem Austausch mit Abgeordneten des Landtags über. Dabei wurden Themen, Chancen und Herausforderungen aus Sicht der Teilnehmenden für ihr Europa der Zukunft gesammelt.
Nach der Mittagspause startete die Gruppenarbeit in einem „Weltcafé“ mit den Schwerpunkten Klimawandel, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit sowie Migration und Fluchtursachen. Im Anschluss wurden die zahlreichen und vielfältigen Ideen zusammengeführt und im Plenum vorgestellt. Der Workshop „Klimawandel“ forderte etwa die konsequente Umsetzung der Energiewende, die Verschlankung von Genehmigungsverfahren und eine EU-weite Verpflichtung für Solaranlagen auf Dächern. Darüber hinaus entwickelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch „kleine Projekte für alle“, zum Beispiel die Energieerzeugung am Laufband sowie Autos mit Solar auf dem Dach. Im Workshop „Demokratie, Werte, Rechtsstaatlichkeit“ entstand unter anderem die Idee, eine Vision für Europa festzulegen und die EU für alle Bürger greifbarer zu machen. Außerdem sollen Rassismus und Diskriminierung bekämpft werden und das bereits in der Schule, zum Beispiel durch EU-Austausch-Fahrten und EU-Knowledge-Trainer. Der Workshop „Migration und Fluchtursachen“ forderte die Wahrung der grundlegenden Asyl- und Menschenrechte, die Stärkung legaler Wege der Einwanderung bei gleichzeitiger Bekämpfung illegaler Wege und Schleuserkriminalität sowie die Kontrolle der Waffenindustrie.
Am 17./18. November sowie am 30. November werden die jungen Leute bei zwei Online-Terminen ihre Ideen weiter diskutieren. Die Ergebnisse sollen bis Mitte Dezember vorliegen. Sie werden dann auf der Online-Plattform der Zukunftskonferenz „futureu.europa.eu“ eingespeist.