Präsidentin Aras: Wichtige juristische Erfolge im Kampf gegen Hate Speech erzielt

Stuttgart. Die Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg, Muhterem Aras (Grüne), hat beim Vorgehen gegen Beleidigungen und Bedrohungen im Internet wichtige juristische Erfolge erzielt. „In 52 von 69 Fällen haben Gerichte entschieden, dass es sich in diesen Fällen um Beleidigungen handelt und uns die Plattformbetreiber Google und Facebook die Nutzerdaten der ‚Hater‘ herausgeben dürfen“, sagte Muhterem Aras am Donnerstag, 22. Oktober 2020, in Stuttgart. „Die Entscheidungen der Gerichte sind ein deutliches Signal: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum und die Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen erreicht, wenn Menschen beleidigt und bedroht werden.“  

Landtagspräsidentin Aras war nach zwei Ausschlüssen eines Abgeordneten aus Plenarsitzungen im April und Juni dieses Jahres massiv beleidigt und bedroht worden. Die insbesondere in den sozialen Netzwerken YouTube und Facebook veröffentlichten Kommentare beinhalteten übelste rassistische und sexistische Beleidigungen, extreme Gewaltfantasien bis hin zu konkreten Todesdrohungen. So wurde Präsidentin Aras etwa als „Linke Drecksau“, „anatolische Bergziege“ und „Nazi“ bezeichnet. Andere Nutzer drohten Aras beispielsweise mit den Worten „Hängen oder Rübe runter“ oder wollten „Bremse mit Gas verwechseln“. 

Der Landtag hat daraufhin in zwei Schritten insgesamt 69 Fälle (66 Google, 3 Facebook) vor Gericht gebracht, um die Nutzerdaten zu erhalten. In 52 Fällen (51 Google, 1 Facebook) haben das Landgericht Stuttgart und das Oberlandesgericht Stuttgart die Kommentare als Beleidigungen gewertet und entschieden, dass die Plattformbetreiber Google und Facebook die Daten der „Hater“ an den Landtag herausgeben dürfen. „Dass die Gerichte in 76 Prozent der Fälle unsere Auffassung bestätigt haben, ist ein großer Erfolg und zeigt: Auch wer in der scheinbaren Anonymität des Internets bedroht und beleidigt, kann rechtlich zur Verantwortung gezogen werden“, sagte Aras. „Diese Leute müssen spüren, dass das Netz kein rechtsfreier Raum ist.“ Im überwiegenden Teil der Fälle haben die Plattformbetreiber die Daten bereits an den Landtag übermittelt, der diese zum Zwecke der Strafverfolgung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet hat. 

Lediglich in 17 Fällen (15 Google, 2 Facebook) haben die Gerichte entschieden, dass es sich bei den Kommentaren nicht um Beleidigungen handelt. Dazu zählen laut Oberlandesgericht Stuttgart etwa Bezeichnungen wie „Islamische Sprechpuppe“ und „Arabisches Tanz-Püppchen“. Dennoch hat Präsidentin Aras auch in diesen Fällen Strafanzeige erstattet, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Staatsanwaltschaft diese Bezeichnungen anders wertet und den Erlass von Strafbefehlen beantragen wird. 

Neben den 69 Fällen von Beleidigungen in sozialen Netzwerken, über die Gerichte auf Herausgabe der Nutzerdaten entscheiden mussten, gibt es noch 9 weitere Fälle von Beleidigungen und Bedrohungen, die beispielsweise per Email oder Facebook-Messenger bei der Landtagspräsidentin eingingen. Insgesamt hat der Landtag damit in 78 Fällen Strafanträge wegen Beleidigung und Bedrohung gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart gestellt. In einigen Fällen wurden die Identitäten der jeweiligen Nutzer bereits ermittelt.