Regionale Parlamente müssen von der Europäischen Kommission besser berücksichtigt werden
Stuttgart/Brüssel. Um eine engere Einbindung der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis in die europäischen Entscheidungsprozesse ging es am Donnerstag, 28. Januar 2016, bei einer einschlägigen Unterredung in Brüssel. Gesprächsteilnehmer waren der Erste Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, sowie der baden-württembergische Landtagspräsident Wilfried Klenk (CDU) zusammen mit vier weiteren Landtagspräsidentinnen und -präsidenten aus Deutschland und Österreich. „Das Gespräch in Brüssel war ein wichtiger Schritt zur Etablierung eines regelmäßigen politischen Dialogs zwischen den regionalen Parlamenten und der Europäischen Kommission“, betonte Klenk nach der Besprechung.
So habe Klenk zufolge Vizepräsident Timmermans zugesagt, dass ein Mitglied der Europäischen Kommission regelmäßig an der „Gemeinsamen deutsch-österreichischen Landtagspräsidentenkonferenz“ teilnehmen werde, die alle zwei Jahre stattfindet. Auch sei ein enger Austausch auf der Arbeitsebene vereinbart worden.
„Die regionalen Parlamente in der Europäischen Union, wie die deutschen Landtage, haben der Europäischen Kommission viel zu bieten. Sie verfügen über große Bürgernähe, Kenntnis der regionalen Besonderheiten und setzen in Bereichen ihrer Gesetzgebungskompetenz europäisches Recht um. Deshalb sind sie besonders geeignet, den Bürgerinnen und Bürgern europäische Politik und die guten Gründe für die europäische Integration zu vermitteln. Damit sind die regionalen Parlamente in der Lage, die demokratische Legitimation der Europäischen Union zu stärken. Gegenüber Vizepräsident Timmermans haben wir aber deutlich gemacht, dass es dazu eines dauerhaften politischen Dialogs mit der Europäischen Kommission bedarf“, so Klenk.
Bereits Mitte Juni 2015 hatte die gemeinsame Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente sowie des Südtiroler Landtags ihre Anliegen in der von Baden-Württemberg initiierten „Erklärung von Heiligendamm“ zusammengefasst. Außerdem wurde Vizepräsident Frans Timmermans um ein Gespräch gebeten, um eine künftige bessere Einbindung der regionalen Parlamente durch die Europäische Kommission zu erörtern.
„Im Rahmen dieses nun erfolgten Gesprächs habe ich die Gelegenheit genutzt, unsere Anliegen näher darzulegen“, berichtete Präsident Klenk. Die Europäische Kommission nutze bislang das Potential der regionalen Parlamente nicht ausreichend. Klenk regte im Rahmen der Unterredung die Schaffung einer eigenen Stelle bei der Europäischen Kommission an, die für die regionalen Parlamente mit eigener Gesetzgebungskompetenz zuständig sein solle.
Damit sich die regionalen Parlamente wirksam an der Subsidiaritätsprüfung von EU-Rechtsetzungsvorhaben beteiligen können, bedarf es Klenk zufolge einer längeren Zeitspanne. Die derzeit in den EU-Verträgen vorgesehene 8-wöchige Frist für Stellungnahmen der nationalen Parlamente im Rahmen des EU-Frühwarnsystems zur Subsidiaritätskontrolle sei zu kurz, um zuvor die regionalen Parlamente effektiv einzubeziehen.
Für eine bessere Einbindung der deutschen und österreichischen Landtage sei es im Übrigen wichtig, dass die EU-Kommission alle Dokumente, insbesondere öffentliche Konsultationen, in deutscher Sprache zur Verfügung stelle, führte Klenk aus. Nur so könne eine effektive parlamentarische Befassung gewährleistet werden. Vizepräsident Timmermans habe eine Prüfung dieses Anliegens zugesagt. „Ich bin mir sicher, dass sowohl die Europäische Kommission als auch die regionalen Parlamente von der engeren Kooperation profitieren können“, so Klenk abschließend.