Regulierung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen im Umweltausschuss thematisiert
Stuttgart. In seiner Sitzung am Donnerstag, 13. Juli 2023, hat der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über mögliche Risiken bei der Beschränkung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) beraten. Das hat Gabriele Rolland (SPD), die als dienstältestes Ausschussmitglied heute in Vertretung des Vorsitzenden die Sitzung leitete, mitgeteilt. „PFAS werden in verschiedenen Wirtschaftsbereichen wie etwa in der Medizintechnik verwendet, wo sie momentan nicht ersetzt werden können“, so Rolland.
„Verunreinigungen von Böden und Grundwasser durch PFAS wie etwa in Mittelbaden zeigen aber, wie langwierig und auch teuer es wird, wenn diese nicht in der Natur vorkommenden Stoffe in unser Ökosystem gelangen“, erklärte Rolland weiter. Die Antragsteller hinterfragten in ihrer Anfrage an das Umweltministerium die von Deutschland und weiteren EU-Mitgliedstaaten angekündigte restriktivere Regulierung von PFAS. Rolland zufolge mahnten sie an, der Regulierungsentwurf zähle zu den weitreichsten Beschränkungsvorstößen seit Inkrafttreten der EU-Chemikalienverordnung REACH und könne insbesondere die Wirtschaft in Deutschland und Baden-Württemberg empfindlich schwächen. Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen seien für viele Produktionsprozesse in der Automobilindustrie, bei Erneuerbaren Energien, im Maschinen- und Anlagenbau, in der Gesundheitswirtschaft und Medizintechnik, in der Halbleiterfertigung sowie in der Chemischen und Elektroindustrie unerlässlich. Die Opposition habe von der Landesregierung wissen wollen, welche konkreten Erkenntnisse ihr über die PFAS-Belastung von Mensch, Tier und Umwelt in Baden-Württemberg vorliegen würden. Zudem sei gefragt worden, wie verschiedene Industrien von einem überwiegenden Verbot von PFAS betroffen sein könnten und wie verfügbare Alternativen zu bewerten seien.
Das Ministerium habe zu PFAS-Belastungen von Mensch, Tier und Umwelt ausführlich Stellung genommen, so Rolland. Aufgrund der bereits bekannten Verunreinigung von landwirtschaftlichen Flächen und Grundwasser mit PFAS in Mittel- und Nordbaden würden tierische und pflanzliche Lebensmittel und Trinkwasser in dieser Region gezielt und regelmäßig auf PFAS untersucht. „Der aktuelle Halbjahresbericht für den Kreis Rastatt liegt vor und macht deutlich, wie lange wir uns mit diesem Thema beschäftigen müssen und wie intensiv die Lebensmittelproduktion nach solchen Ereignissen überwacht werden muss“, sagte Rolland. „Es muss unser langfristiges Ziel sein, dass Stoffe dieser Art nicht mehr in die Natur gelangen können.“ Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) habe in der Ausschusssitzung betont, dass Prognosen zufolge in den kommenden Jahren über vier Millionen Tonnen PFAS in die Atmosphäre gelangen könnten. Der Vorstoß, die Verwendung der gesamten Stoffgruppe auf EU-Ebene strenger zu regeln, sei daher grundsätzlich positiv zu bewerten. In vielen Anwendungen von PFAS gebe es bereits gute Alternativen, alternativlose Anwendungen wie in der Medizintechnik müssten bei der Regulierung entsprechend berücksichtigt werden.
Regierungs- und Oppositionsfraktionen hätten laut Rolland ebenso wie die Umweltministerin auf die bedeutende Rolle der Forschung in diesem Bereich verwiesen, um gute Alternativen für die giftigen Chemikalien zu entwickeln. Fraktionsübergreifend seien sich die Gremiumsmitglieder einig darin gewesen, dass es Verfahren brauche, die die Stoffe aus der Natur heraus und in einen geschlossenen Kreislauf brächten. Auf die Nachfrage, ob eine weitreichende Beschränkung von PFAS dazu führen könnte, dass Produkte künftig außerhalb der EU gefertigt und importiert würden, habe Ministerin Walker entgegnet, die Regulierung könne auch ein Signal an Akteure außerhalb der EU sein und zu Innovationen führen. Der europäische Markt solle insgesamt nicht unterschätzt werden, zudem sei das Risiko, wenn die Stoffe weiterhin ungehindert Ökosysteme infiltrierten, schlicht zu hoch. Gabriele Rolland betonte abschließend im Ausschuss, es sei wichtig, in dieser ressortübergreifenden Angelegenheit auch mit dem Europaausschuss und dem Wirtschaftsausschuss in Kontakt zu bleiben.