Rücktrittserklärung von Landtagspräsident Stächele
Stuttgart. Zu Beginn der Plenarsitzung am Mittwoch, 12. Oktober 2011, hat Landtagspräsident Willi Stächele (CDU) offiziell seinen Rücktritt bekannt gegeben. Stächeles Erklärung hatte folgenden Wortlaut: >>Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe heute das Amt des Landtagspräsidenten zurück – ich erkläre meinen Rücktritt. Wie Sie alle wissen, bin ich in der Schlussphase der Verhandlungen über den Rückerwerb der EnBW-Aktien am 5. Dezember vergangenen Jahres in die Angelegenheit mit einbezogen worden. Der damalige Ministerpräsident Mappus trug mir, nachdem ich kurzfristig ins Staatsministerium gerufen wurde, in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember den Stand seiner Verhandlungen mit der EdF vor. Er versicherte glaubwürdig, dass die Franzosen sein Bemühen um einen Parlamentsvorbehalt absolut abgelehnt hätten. Ebenfalls hat er darüber informiert, dass es auch die BaFin bei einer mündlichen Anfrage abgelehnt hätte, das im Weiteren notwendige freiwillige Übernahmeangebot unter einen Parlamentsvorbehalt zu stellen. Es sei im Interesse des Landes, so der damalige Ministerpräsident, geboten, sofort zu handeln; die Parlamentszustimmung könne wegen der Weigerung der Franzosen erst anschließend herbeigeführt werden. Nur so könne verhindert werden, dass die EnBW und damit die Energieversorgung im Land in fremde Hände gerate. Den Rückerwerb hielt ich, wie im Übrigen auch viele andere, im Grundsatz für richtig und sachlich geboten; er eröffnete Chancen für unsere Energie- und Standortpolitik im Land Baden-Württemberg. Zur Frage des Notbewilligungsrechts nach Art. 81 der Landesverfassung ergab die mündlich vorgetragene gutachterliche Stellungnahme des Vertreters des renommierten Rechtsanwaltsbüros Gleiss Lutz, dass die Voraussetzungen von Art. 81 Landesverfassung tatbestandlich greifen und so die Zustimmung des Finanzministers für die notwendigen Ausgaben und Garantien ohne Zweifel erteilt werden kann. Am anderen Morgen, 6. Dezember, fand gleichzeitig die Sitzung des Verwaltungsrats der EdF in Paris und die Kabinettssitzung in Stuttgart statt. Der Vertreter des Rechtsanwaltsbüros Gleiss Lutz war in der Kabinettssitzung anwesend und bestätigte nochmals die Anwendbarkeit des Art. 81 Landesverfassung. Es kam zu der Kabinettsentscheidung, die EnBW-Anteile zurückzukaufen. Mit der Entscheidung des Kabinetts wurde die Zustimmung des Finanzministers nach Art. 81 Landesverfassung wirksam. Es war eine Genugtuung zu sehen, wie alle Fraktionen des Landtags diese schwierige Entscheidung als Chance für den Standort Baden-Württemberg zunächst begrüßten. Es war in der Tat ringsum das gute Gefühl, mit einem entschlossenen Handeln dem Lande Baden-Württemberg gedient zu haben. Der Rücktritt vom Amt des Landtagspräsidenten fällt mir sehr schwer. Angesichts der klaren Entscheidung des Staatsgerichtshofs sehe ich darin aber einen notwendigen Schritt, um die Autorität und Würde des Amtes zu wahren und dem Landtag zu helfen, seine Arbeit als höchste Repräsentanz des baden-württembergischen Volkes sachlich und im Interesse der Menschen im Land fortzusetzen. Seien Sie alle noch einmal versichert: Zu keiner Sekunde wollte ich die Verfassung brechen oder Parlamentsrechte missachten. Mein Rücktritt erfolgt deshalb allein aus Respekt vor der Unangreifbarkeit des Amtes des Landtagspräsidenten und der Entscheidung des Staatsgerichtshofs. Im Mittelpunkt meines politischen Wirkens stand immer das Wohl unseres schönen Landes Baden-Württemberg, seiner fleißigen Bürgerinnen und Bürger, aller Einwohner dieser liebenswürdigen Heimat.
Ich danke allen, die mir weiterhin menschlich verbunden bleiben.