Schneller auszahlen: Wirtschaftsausschuss macht Druck bei Wirtschaftshilfen für Hotels und Gaststätten
Stuttgart. Auch in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. November, befasste sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau intensiv mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut berichtete über den Marktstart des Corona-Schnelltests. Und auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion zog das Gremium eine vorläufige Bilanz der Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen.
Ursprünglich hatte das Freiburger Startup Spindiag einen Schnelltest für multiresistente Keime (MRSA) entwickeln und auf den Markt bringen wollen. Dann kam Corona – und Spindiag sattelte kurzfristig auf den Nachweis des Sars-Cov-2-Virus um. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut zeigte sich vor dem Ausschuss hoch erfreut, dass die Freiburger Gründer in diesen Tagen mit einem mobilen Gerät auf den Markt kommen, dass den Erreger mit Hilfe des PCR-Verfahrens innerhalb von 40 Minuten nachweisen kann. Somit habe sich schon jetzt ausgezahlt, dass ihr Haus Spindiag im Frühjahr mit sechs Millionen Euro gefördert habe.
Auf dem mutmaßlichen Höhepunkt der zweiten Welle der Corona-Pandemie könne der Schnelltest aus dem Breisgau dazu beitragen, die Testkapazitäten auf hohem Niveau zu halten und die Lage in den unter Volllast laufenden Testlaboren zu entspannen, sagte Hoffmeister-Kraut. Das mobile Gerät liefere rasch Ergebnisse – und dies mit hoher Sicherheit. Es eigne sich daher insbesondere für den Einsatz auf Notfallstationen. Unter anderem im Klinikum Stuttgart sei ein solches Gerät bereits im Einsatz.
Die Produktion der Geräte werde derzeit hochgefahren, zehn Prozent seien für den Einsatz in Einrichtungen in Baden-Württemberg vorgesehen. Ausdrücklich lobte die Ministerin die Entwickler auch dafür, dass die Testgeräte künftig auf den Nachweis von MRSA umgerüstet werden können, wenn die Corona-Pandemie überstanden ist.
Auf Antrag der Liberalen zog das Wirtschaftsministerium eine vorläufige Bilanz der Corona-Hilfen für kleine und mittlere Betriebe. Zum 15. September 2020 lagen demnach insgesamt 9652 Anträge auf Überbrückungshilfe vor, von denen zu diesem Zeitpunkt 8055 bewilligt und 7642 auch bereits ausgezahlt waren. Die bewilligte Gesamtsumme belief sich laut der Antwort des Ministeriums auf rund 112 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln.
Die große Mehrzahl der bewilligten Anträge (6123) entfielen auf Fördersummen bis zu 9000 Euro. Von diesen Anträgen gingen 5795 zurück auf Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern. Für diese Unternehmen wurden insgesamt fast 28 Millionen Euro bewilligt, davon gut elf Millionen Euro aus Landesmitteln.
Der Löwenanteil der Überbrückungshilfen entfiel mit gut 75 Millionen Euro auf 1411 Anträge mit Fördersummen von mehr als 15.000 Euro. Etwa die Hälfte dieser Anträge wiederum wurden von Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern gestellt. Für sie wurden Mittel in Höhe von gut 49 Millionen Euro bewilligt.
Das Wirtschaftsministerium berichtete in diesem Zusammenhang, dass an 826 Unternehmen Hilfen gingen, die die jeweiligen maximalen Erstattungsbeiträge überschritten. Dazu kam es nur in begründeten Ausnahmefällen. Auf diesem Wege flossen Hilfen von insgesamt knapp 28 Millionen Euro. Das Ministerium berichtete weiter, dass zum Stichtag 16. September landesweit bereits 6002 Rückzahlungen bei der Soforthilfe Corona erfasst waren.
Die FDP/DVP zeigte sich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert überrascht davon, dass bis Mitte September viel weniger Anträge auf Überbrückungshilfe gestellt wurden als zunächst erwartet. Zu diesem Zeitpunkt seien lediglich 2,5 Prozent der insgesamt bundesweit zur Verfügung stehenden Mittel abgerufen worden. Das könne dafür sprechen, dass das Antragsverfahren abschreckend gewirkt habe oder gerade bei kleineren Unternehmen im Nachgang zur Beantragung von Soforthilfe I Unsicherheiten aufgetaucht sind.
Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut äußerte vor dem Ausschuss, dass die Hürden für Antragssteller zwischenzeitlich gesenkt worden seien und weiterhin entsprechend überarbeitet würden. Es habe beim Start der Pandemie keine Blaupausen für die komplexen Antragsverfahren gegeben. Man lerne aber stetig dazu. Inzwischen seien – Stand 17. November – 175 Millionen Euro an Überbrückungshilfen bewilligt und 172 Millionen Euro an Unternehmen im Land ausgezahlt ausbezahlt worden. Das sei ein großer Erfolg.
Mit Blick auf die Novemberhilfen für das vom zweiten teilweisen Lockdown besonders betroffene Hotel- und Gaststättengewerbe äußerte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert scharfe Kritik. Es könne nicht sein, dass man den betroffenen Unternehmen zum 1. November einen Shutdown verordne, ihnen dann aber bis Ende November noch keinen Cent auszahlen könne. Die Hilfen müssten massiv beschleunigt werden. Die Grünen-Fraktion richtete nach Angaben von Dr. Schweickert ihr Augenmerk insbesondere auf die Solo-Selbstständigen. Deren Hilfen seien unbedingt zu sichern.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion erörterte der Wirtschaftsausschuss die Entwicklung der industriellen Basis in Baden-Württemberg. Nach den ausführlichen Antworten des Wirtschaftsministeriums ist diese seit etwa dem Jahr 2000 relativ stabil und bietet verlässlich rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze. Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut erklärte allerdings vor dem Ausschuss, es gebe keine Garantie dafür, dass dies künftig auch so bleibe. Durch die Entwicklung hin zur E-Mobilität sei ein grundlegender Strukturwandel bereits deutlich zu spüren. Es komme jetzt darauf an, gezielt in Zukunftstechnologien zu investieren. Ihr Haus fördere deshalb beispielsweise Vorhaben zur Künstlichen Intelligenz, zum autonomen Fahren sowie zur Erforschung von Batteriezellen und Brennstoffzellentechnik.
Ebenso auf Antrag der Liberalen befasste sich der Ausschuss mit den Brandschutzanforderungen in Bestandsbauten sowie mit der Entwicklung von Vollsortiment-Supermärkten und Discountern in Baden-Württemberg. Auf Antrag der SPD behandelte der Ausschuss zudem die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.
Ferner verlängerte der Wirtschaftsausschuss die Garantieerklärungen durch das Land Baden-Württemberg im Rahmen der atomrechtlichen Deckungsvorsorge für das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg (DKFZ) in Höhe von 12,8 Mio. Euro, für die Kerntechnische Entsorgung Karlsruhe GmbH (KTE) in Höhe von 11,4 Mio. Euro sowie das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in Höhe von 5,9 Mio. Euro.