Schülerinnen und Schüler aus Familien ohne Hochschulerfahrung zum Studium ermutigen

Stuttgart. Die Wahrscheinlichkeit, ob ein Kind in Deutschland studieren wird, lässt sich immer noch häufig am Bildungsstand der Eltern ablesen. Das wurde beim Informationsgespräch des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst mit der Organisation ArbeiterKind am Dienstagmittag, 26. Oktober 2021, im Haus des Landtags deutlich. „Ob die Eltern studiert haben oder nicht, sollte nicht darüber entscheiden, welchen Bildungsweg man selbst einschlägt“, sagte die Vorsitzende des Gremiums, Nese Erikli (Grüne). Von Seiten der Organisation nahmen deren Bundeslandkoordinatorin für Baden-Württemberg, Jaana Espenlaub, und die beiden Studierenden Nathalie Hügler und Yannis Salteris teil.  

Laut der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW) nehmen von 100 Akademikerkindern 79 ein Studium auf. Dagegen studieren von 100 Nicht-Akademikerkindern lediglich 23, obwohl doppelt so viele die Hochschulreife erreichen. Finanzielle Belastungen, wenig Verständnis der Eltern und ein erschwerter Studieneinstieg sind wesentliche Gründe, die diese Abiturienten von einem Studium abhalten. „Wir ermutigen Schülerinnen und Schüler aus Familien ohne Hochschulerfahrung, als Erste in ihrer Familie zu studieren, und begleiten sie dann bei Fragen der Finanzierung und der Bewältigung des Studiums“, erläuterte Jaana Espenlaub, die selbst als erstes Mitglied ihrer Familie studiert hat.

Auch die Wirtschaftspsychologie-Studentin Nathalie Hügler und der Maschinenbaustudent Yannis Salteris waren die ersten in ihren Familien, die den Weg an die Uni gegangen sind. Beide engagieren sich nun ehrenamtlich bei Arbeiterkind und berichteten dem Wissenschaftsausschuss über ihre Erfahrungen. Salteris, der aufgrund von Problemen mit dem Bafög-Amt sogar ein Abbruch des Studiums in Erwägung gezogen hatte, hilft nun anderen jungen Menschen auf ihrem Weg an die Hochschule. „Wir gehen an Schulen, haben Infostände, offene Treffen, Sprechstunden und Online-Veranstaltungen, sind auf Bildungsmessen. Wir wollen Schülerinnen und Schüler erreichen und auch mit Studierenden oder Berufstätigen zusammenbringen“, so Salteris. Im Jahr vor der Pandemie wurden auf diesem Weg über 2.000 junge Menschen erreicht, davon etwa 1.000 direkt an Schulen. Während Corona hat die Organisation schnell auf digitale Treffen umgestellt und so immerhin noch etwa halb so viele Schülerinnen und Schüler erreicht. 

Auch Nathalie Hügler berät zu Fragen der Finanzierung über Bafög oder Stipendien und versucht, den möglichen Studierenden die Sorgen zu nehmen. „Unser Ziel ist es, dass jeder seinen eigenen Bildungsweg gehen kann, unabhängig vom Elternhaus“, sagte Hügler, die selbst erst mal auf Widerstände gestoßen ist. So hätten ihre Eltern zunächst geraten, doch den „soliden“ Job bei der Krankenkasse zu behalten. 

Nese Erikli dankte Espenlaub, Hügler und Salteris für das Informationsgespräch im Landtag. „Es war sehr eindrücklich, wie Sie über Ihre eigenen Erfahrungen berichtet haben“, betonte die Vorsitzende. Auch die Abgeordneten sprachen fraktionsübergreifend ihre Anerkennung für die Arbeit der Organisation aus und zeigten sich sehr interessiert.  

Bundesweit unterstützen rund 6.000 Ehrenamtliche in 80 lokalen Gruppen Schülerinnen und Schüler, Studierende und Eltern. Zehn solcher Gruppen gibt es in Baden-Württemberg.