Situation der freien Musiker und der freien darstellenden Künstlerinnen
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat am Mittwoch, 22. Oktober 2025, zu einer öffentlichen Anhörung zur Situation der freien Musikerinnen und Musiker sowie der freien darstellenden Künstlerinnen und Künstler eingeladen. Das hat die Vorsitzende Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt.
Anlass des gemeinsamen Antrags der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP sind die teilweise erheblichen finanziellen Herausforderungen der freien Musikerinnen und Musiker sowie der freien darstellenden Künstlerinnen und Künstler bei Energie, Miete und Infrastruktur sowie deren inflationsbedingte Mehrbelastungen. „Die freien Musikerinnen und Musiker sowie die freien darstellenden Künstlerinnen und Künstler leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum kulturellen Leben in Baden-Württemberg“, betonte Erikli. Sie bereicherten unsere Gesellschaft mit Kreativität, Vielfalt und Engagement. „Sie sehen sich aber zugleich mit wachsenden finanziellen und strukturellen Herausforderungen konfrontiert“, so die Vorsitzende. „Wir wollen mit der Anhörung ein aktuelles Lagebild erhalten und gemeinsam Handlungsoptionen erörtern“, erläuterte Nese Erikli.
Alle Akteure brachten ihren Dank zum Ausdruck, vom Gremium angehört zu werden. Luz Cornelius Werner, Vorstandsvorsitzender Jazzverband Baden-Württemberg e. V., berichtete unter anderem, dass viele Clubs ums Überleben kämpften. Die Kosten etwa für Miete und Technik würden explodieren, dabei benötigten die Ehrenamtlichen Planungssicherheit. Er regte eine bessere Vernetzung der Clubs untereinander an, erinnerte an eine überfällige Entbürokratisierung und thematisierte eine institutionelle Förderung. Die freie Musikszene im Land benötige Solidarität und klare Taten.
Für die TanzSzene Baden-Württemberg e. V sprach Andrea Gern, Mitglied der Geschäftsführung. Sie warb für einen ständigen fachlichen Austausch, für ineinandergreifende Netzwerke und die Stärkung von Strukturen. Auch sie stellte fest, dass zu viel Zeit für Bürokratie aufgewendet werden müsste, die an anderer Stelle fehle. Die Kürzungen kommunaler Förderungen würden alle betreffen. In Baden-Württemberg würden Resilienz- und Austauschprogramm fehlen, bemerkte sie. Gern warb für das Format Runder Tisch, so könnten gemeinsam Strategien für die Tanzförderung entwickelt werden.
Eva-A. Maj, Geschäftsführung Freie Tanz- und Theaterschaffende Baden-Württemberg (LaFT BW) e. V., stellte fest, dass sich die Kommunen die Förderung nicht mehr leisten könnten und deshalb Strukturen sterben würden. Sie forderte das Land zum Handeln auf, da das Land die freie Szene sonst verliere. Förderverfahren sollten überprüft und entbürokratisiert werden. Der Ausbau einer mehrjährigen Förderung sei wichtig. Es werde eine Kulturpolitik benötigt, die Vielfalt und Teilhabe sichere.
In Baden-Württemberg gebe es fast 80 soziokulturelle Zentren, berichtete Siegfried Dittler, Geschäftsführer Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und Soziokulturellen Zentren (LAKS) in Baden-Württemberg. Diese gelte es zu erhalten und zu unterhalten. Er warb dafür, den Landesbetrag der 2:1-Förderung – Kommune-Land – anzupassen, ohne Deckelung. Auch er betonte, dass die Kommunen in finanziellen Schwierigkeiten steckten. Ehrenamtliche müssten unterstützt und spürbar von Bürokratie entlastet werden. Soziokultur müsse weiterhin für alle zugänglich sein.
Ralf Püpcke, Geschäftsführer Tonkünstlerverband Baden-Württemberg e. V., führte aus, dass seit Corona die Lage angespannt sei. Die Rückzahlungen machten zu schaffen, aber auch die Inflation stelle die freiberuflich Tätigen vor Herausforderungen. Das Rentenniveau der Künstlersozialkasse reiche nicht aus. Er forderte ein duales System, also den Ausbau der Festanstellungen und der freien Honorartätigkeit. Beide Modelle sollten besser entlohnt werden. Angelehnt an das Modell der Förderung freier Musiklehrkräfte und privater Musikschulen in Bayern, empfehle er auch eine Änderung in Baden-Württemberg.
Der Präsident des Landesverbands Amateurtheater Baden-Württemberg e.V., Marcus Joos, stellte dar, dass die gestiegenen allgemeinen Kosten auch zu steigenden Honorarkosten führen würden. Hier sei die Sicherung der Mittel geboten. Joos warb für eine sinnvolle Aktualisierung des Landeshaushaltsrechts. Derzeit gebe es noch eine Zurückhaltung der Schulen bei der Zusammenarbeit. Überdies verunsichere das Herrenberg-Urteil, was die Beauftragung von Honorarkräften beträfe. Hier bedürfe es verlässlicher Grundlagen.
Prof. Mini Schulz, Präsidiumsmitglied Landesmusikrat Baden-Württemberg e. V., stellte fest, dass ein Drittel der Bundespreisträger im Wettbewerb „Jugend musiziert“ aus Baden-Württemberg kommen. Schulz monierte ebenfalls den bürokratischen Aufwand bei der Einreichung von Projekten, hier müsse deutlich abgebaut werden.
In der anschließenden Fragerunde wurden Themen wie Runder Tisch, Austausch mit Kommunen, Komplementärförderung und Bürokratieabbau vertieft. Die Vorsitzende Nese Erikli dankte allen Beteiligten für die konstruktiven Beiträge.
Die gesamte Anhörung ist auf der Webseite des Landtags von Baden-Württemberg in der Mediathek abrufbar: