Sozialausschuss berät über Armut in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 23. Oktober 2024, auf Antrag der Fraktion Grüne mit den Rahmenbedingungen der Armutsberichterstattung in Baden-Württemberg befasst. Das hat der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) berichtet.
Armut sei auch in Baden-Württemberg für viele Menschen weiterhin Realität. Damit verbunden seien schlechtere Teilhabechancen, eingeschränkte Bildungsmöglichkeiten und geringere Aufstiegsperspektiven, wie Wahl darlegte. Die Landesregierung habe in der Sitzung erklärt, dass es von entscheidender Bedeutung sei, Armut beteiligungsorientiert und auf Basis valider und aussagekräftiger Daten zu bekämpfen. Dies seien zentrale Voraussetzungen, um passgenaue Maßnahmen zur Armutsprävention zu ergreifen. Die Landesregierung habe das Konzept der modularen Berichterstattung im Jahr 2022 eingeführt. Mit diesem agilen Ansatz solle Armut umfassend aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden.
Das neue Konzept bestehe aus fünf Modulen: dem „Gesellschaftsmonitoring BW“, dem „Gesellschaftsreport BW“, den „Kurzanalysen“, den „Berichten zur gesellschaftlichen Teilhabe“ und den „Fachtagen Armut und Teilhabe“. Diese Module würden es aus Sicht der Landesregierung ermöglichen, die Perspektive der Betroffenen einzubeziehen, eine hohe öffentliche Wahrnehmung des Themas Armut zu erzeugen, aktuelle Entwicklungen detailliert zu erfassen sowie als Landtag und Landesregierung flexibel auf neue Herausforderungen und Bedarfslagen zu reagieren.
Die Module „Gesellschaftsmonitoring BW“ und „Gesellschaftsreport BW“ hätten bereits vor 2022 bestanden. Beim Monitoring würden 40 Indikatoren zu Armut und Reichtum jährlich fortgeschrieben und mit Basisinformationen ergänzt. Beim Report werde jährlich ein Thema aus dem Bereich Armut und Reichtum behandelt. Die bisherigen Berichte seit 2022 deckten zentrale Themen wie die Überschuldung von Familien, Ernährungsrisiken für armutsgefährdete Menschen sowie die soziale Isolation und Einsamkeit Betroffener ab. Diese Berichte würden nicht nur wertvolle Informationen liefern, sondern auch mit ihren Schlussfolgerungen maßgeblich zur Praxis der Armutsprävention und -bekämpfung beitragen. Auch das im Rahmen der modularen Berichterstattung neu eingeführte Modul der „Kurzanalysen“ habe sich gemäß Aussagen der Landesregierung als sehr hilfreich erwiesen, um auf aktuelle Entwicklungen, wie beispielsweise die Teuerung der Lebensmittel- und Energiepreise oder auch Frauen- und Kinderarmut, schnell zu reagieren und gezielte Maßnahmen vorzuschlagen, so Wahl.
Von großer Bedeutung seien die im Rahmen des Moduls „Berichte zur gesellschaftlichen Teilhabe“ in der Analysephase stattfindenden (Online)-Fachgespräche sowie die veröffentlichten Berichte. Dazu zählten der im März 2024 veröffentlichte Bericht zur Altersarmut und die noch bevorstehenden Analysen zur Wohnsituation und zur Demokratiebetrachtung armutsgefährdeter Menschen. Ein wesentlicher Aspekt dieses Moduls sei die verstärkte Einbindung der Fachöffentlichkeit sowie von Menschen, die von Armut betroffen seien. „Damit wird sichergestellt, dass ihre Perspektiven ausreichend Berücksichtigung finden,“ betonte Wahl. Diese Form der Beteiligung habe nicht nur eine wertschätzende Funktion, sondern ermögliche auch praxisnahe Handlungsempfehlungen.
Der jährliche Fachtag des Moduls „Fachtag Armut und Teilhabe“ habe zuletzt im Juli 2024 stattgefunden und diene ebenfalls als zentrale Plattform für den Austausch zwischen Fachleuten, politischen Entscheidungsträgern und Menschen mit Armutserfahrung. Bei der Armutsberichterstattung werde auch der Landesbeirat für Armutsbekämpfung und Prävention Baden-Württemberg mit seinen rund 30 Mitgliedern unter Vorsitz von Sozialminister Lucha beteiligt. Die Analyseergebnisse und Handlungsempfehlungen der modularen Armutsberichterstattung würden in die Maßnahmen des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration zur Armutsbekämpfung und -prävention einfließen und zur passgenauen Umsetzung von Förderprojekten, wie beispielsweise den Förderaufrufen „Überschuldung von Familien“ und „Förderung von Maßnahmen zur gesunden Ernährung und sozialen Teilhabe für Alle“, beitragen.
In die Sitzung waren sich die Abgeordneten zudem einig, dass die Einbindung von Menschen mit subjektiven Armutserfahrungen, wie bei der kürzlich stattgefundenen landesweiten Aktionswoche „Armut bedroht alle!“ als Teil der Landesarmutskonferenz, unabdingbar sei, fasste Wahl zusammen. Die vollständigen Berichte der modularen Armutsberichterstattung seien auf der Seite des Sozialministeriums öffentlich zugänglich.