Ständiger Ausschuss begrüßt Verzicht auf Vorlage einer Ehezustimmung für iranische Frauen im Südwesten
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 2. März 2023, auf Antrag der Fraktion FDP/DVP mit der „Ehefähigkeit“ iranischer Frauen befasst. Nach dem deutsch-persischen Niederlassungsabkommen von 1929 müssen iranische Frauen auch in Deutschland im Fall einer beabsichtigten Heirat die Zustimmung eines Ehevormunds vorlegen. In Baden-Württemberg wird eine solche Einwilligungserklärung bei einer nach deutschem Recht geschlossenen Ehe jedoch nicht verlangt. Schon gegenwärtig wird der Eheschließungsfreiheit Vorrang eingeräumt, auch wenn die Ehe nach dem Heimatrecht der Verlobten wegen fehlender Zustimmung des Heiratsvormunds unwirksam sein dürfte. Die Abgeordneten begrüßten in der Sitzung fraktionsübergreifend die Praxis im Südwesten, sagte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU).
Nach Angaben Wolfs geht die Regelung zur Vorlage einer Ehezustimmung auf das Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (Iran) vom 17. Februar 1929 (deutsch-persisches Niederlassungsabkommen) zurück. Demnach bleiben die Angehörigen jedes der vertragsschließenden Staaten im Gebiet des anderen Staates in Bezug auf das Personen-, Familien- und Erbrecht den Vorschriften ihrer heimischen Gesetze unterworfen. Davon betroffen seien auch Eheschließungen. Iranische Frauen müssen nach iranischem Recht vor der Heirat eine Eheerlaubnis ihres Vaters oder ihres väterlichen Großvaters vorlegen.
Mit der Übernahme der Regelung im deutsch-persischen Abkommen sollen sogenannte „hinkende“, also im Inland wirksame, im Ausland aber unwirksame Ehen, vermieden werden. Aus einer solchen Unwirksamkeit, von der die Betroffenen unter Umständen erst nach Jahren erfahren, könnten für diese und deren Nachkommen erhebliche Nachteile - etwa bei Erbfällen mit Bezug zum Land der Staatsangehörigkeit - entstehen.
Dem gegenüber stehe allerdings Artikel 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB), wonach die Rechtsnorm eines anderen Staates jedoch nicht anzuwenden sei, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führe, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sei. Eine solche Rechtsnorm sei dabei insbesondere nicht anzuwenden, wenn die Anwendung mit den Grundrechten unvereinbar sei.
Nach Angaben des Vorsitzenden berichtete Justizministerin Marion Gentges (CDU) in der Sitzung, dass die Regelung aus dem Abkommen, wonach iranische Frauen eine Ehezustimmung vorlegen müssen, in Baden-Württemberg keine Anwendung findet. Sollten die Eheleute kein solches Ehefähigkeitszeugnis vorlegen können, werden diese von der Vorlagepflicht befreit. Die künftigen Ehepartner würden von den Standesämtern lediglich darauf hingewiesen, dass eine sogenannte „hinkende“ Ehe entstehen könnte, also diese in Deutschland zwar gültig sei, in ihrem Heimatland jedoch wahrscheinlich nicht. Gentges habe im Ausschuss versichert, dass die Eheschließung durch das Fehlen der Bescheinigung nicht erschwert werde.
Die Abgeordneten bedankten sich bei den Antragstellern für den Antrag und bei der Landesregierung für die ausführliche Beantwortung. Die detaillierten Erläuterungen zu den teilweise sehr komplexen Verästelungen durch das deutsch-persische Abkommen seien von den Abgeordneten als sehr aufschlussreich empfunden worden, sagte Guido Wolf.
Nach Angaben des Statistischen Landesamts gab es im Jahr 2021 in Baden-Württemberg 18 Eheschließungen, bei denen beide Ehepartner eine iranische Staatsangehörigkeit hatten. Zudem gab es 101 Eheschließungen (52 Frauen, 49 Männer), bei denen nur ein Ehepartner die iranische Staatsbürgerschaft hat.