Ständiger Ausschuss berät über Pressefreiheit im Südwesten und über neuen SWR-Staatsvertrag
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags von Baden-Württemberg hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 9. Oktober 2025, mit der Situation der Pressefreiheit und Angriffen auf Pressevertreterinnen und Pressevertreter in Baden-Württemberg befasst. „Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut. Der Schutz von Medienschaffenden ist daher sehr wichtig, weil es dabei auch um die Demokratie und die Einhaltung der Grundrechte geht“, sagte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU). Außerdem befasste sich das Gremium mit dem neuen SWR-Staatsvertrag. Hier stand vor allem das Verfahren zur Entsendung von Organisationen in den Rundfunkrat im Mittelpunkt, welches von den Fraktionen SPD und FDP/DVP kritisiert wurde.
Auf Antrag der Grünen-Fraktion befasste sich der Ständige Ausschuss mit der Situation der Pressefreiheit in Baden-Württemberg. Die Fraktion hatte sich mit einem umfangreichen Fragenkatalog bei der Landesregierung nach der Arbeitssituation von Medienschaffenden sowie Angriffen und Bedrohungen erkundigt. Die Antragsteller hätten auf aktuelle Zahlen der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ verwiesen, wonach Angriffe auf Pressevertreterinnen und Pressvertreter im Jahr 2024 bundesweit zugenommen hätten. Vor allem Demonstrationen seien häufig Schauplatz von Übergriffen. So seien im vergangenen Jahr bundesweit 89 Angriffe auf Medienschaffende dokumentiert worden, darunter 75 Angriffe mit Tritten oder Schlägen. Im weltweiten Ranking der Pressefreiheit befinde sich Deutschland auf Platz 11 von 180 Ländern. Anlässlich der bundesweiten Entwicklung solle auch die Situation in Baden-Württemberg beleuchtet werden.
Nach Angaben des Vorsitzenden Guido Wolf teilte das Innenministerium auf die Fragen der Antragsteller mit, dass in Baden-Württemberg im Jahr 2024 insgesamt 22 politisch motivierte Straftaten gegen Medienschaffende erfasst wurden. Die Straftaten seien in der Polizeilichen Kriminalstatistik überwiegend dem Phänomenbereich „rechts“ (11 Straftaten) und sonstige Zuordnung (8 Straftaten) zugeordnet. Der Schwerpunkt der Delikte liege bei Beleidigungen (9 Straftaten) und Volksverhetzungen (5 Straftaten). Der weit überwiegende Teil der im Jahr 2024 erfassten Straftatet sei im Internet (20 Straftaten) begangen worden. Im Vergleich zum Vorjahr sei bei Angriffen auf Pressevertreterinnen und Pressevertreter zwar ein Anstieg festgestellt worden, gleichwohl bewegten sich die Zahlen insgesamt auf einem niedrigen Niveau. Politisch motivierte Gewaltdelikte gegen Medienvertreter seien in den vergangene zwei Jahren nicht erfasst worden.
Bei der Debatte in der Ausschusssitzung verurteilten Abgeordnete der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP jegliche Form von Angriffen auf Medienschaffende und hoben zugleich die Bedeutung der Pressefreiheit für das freiheitich-demokratische Zusammenleben in Deutschland hervor. Es sei beschämend, dass Pressevertreterinnen und Pressevertreter Drohungen, auch Morddrohungen erhielten, um Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen oder diese zu verhindern. Die Abgeordneten seien sich einig gewesen, dass alles unternommen werden müsse, damit die Pressefreiheit gewährleistet sei. Die Pressefreiheit sei ein hohes Gut, das verteidigt werden müsse, fasste der Ausschussvorsitzende die Debatte zusammen.
Die Landesregierung habe zudem mitgeteilt, dass sie dem Schutz von Medienvertreterinnen und Medienvertretern im digitalen und analogen Raum eine hohe Bedeutung beimesse. Mit Blick auf die sich verändernden Nutzungsgewohnheiten komme dem Schutz von Medien auch im Online-Bereich eine immer wichtigere Bedeutung zu. Strukturelle Behinderungen in der journalistischen Arbeit in Baden-Württemberg lägen nach Überzeugung der Landesregierung nicht vor, so Guido Wolf.
Auf Antrag der Fraktion FDP/DVP hat sich der Ausschuss zudem mit dem neuen SWR-Staatsvertrag befasst. Bei der Beratung des Antrags mit dem Titel „Das (mathematische) Problem der Zusammensetzung eines kleineren Rundfunkrats bei mehr politisch gewünschten Entsendeorganisationen – Wer definiert die Entsendeorganisationen, den Entsendeprozess und die Kriterien bei Nicht-Einigung?“ hätten die Fraktionen von FDP/DVP und SPD Kritik an der Organisation des Entsendeprozesses geübt. Die FDP/DVP habe ausgeführt, dass die Landesregierung das Problem – ein kleineres Gremium bei gleichzeitig mehr hereinzuholenden Organisationen – nicht gelöst habe. Auf die Frage, welche Organisationen im kommenden Entsendeverfahren auf welcher Grundlage angeschrieben oder anderweitig kontaktiert werden sollen, habe die Landesregierung geantwortet, das mache die Gremiengeschäftsstelle. Die Fraktion habe erklärt, dies habe bei den Mitgliedern und bei der Gremiengeschäftsstelle blankes Entsetzen hervorgerufen. Denn damit werde die Frage, welche Organisationen überhaupt aufgefordert würden, jemand zu entsenden, auf die Geschäftsstelle delegiert. Die SPD-Fraktion habe ergänzt, dass durch den neuen SWR-Staatsvertrag, den die Landesregierungen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ausgehandelt hätten, also durch das rollierende System, die Kontrolle der Geschäftsleitung verschlechtert werde bzw. zum Erliegen komme, fasste Guido Wolf die Ausführungen zusammen.
Der Staatssekretär für Medienpolitik, Rudi Hoogvliet, habe den Abgeordneten geantwortet, dass sich mit dem neuen SWR-Staatsvertrag im Grunde nichts geändert habe. Die Gremiengeschäftsstelle habe im Entsendeverfahren die Aufgabe, dieses zu organisieren. Von der Gremiengeschäftsstelle würden die Organisationen, die im Rundfunkrat vertreten sein sollen, angeschrieben. Dann sei es Aufgabe der Gesellschaften und Gruppen, sich untereinander zu verständigen. Der Staatssekretär habe erklärt, er bedauere, falls es zu Missverständnissen gekommen sei. Er habe zugesagt, auf die Gremiengeschäftsstelle zuzugehen, um dort nochmal deutlich zu machen, was die Rolle der Geschäftsstelle im Rahmen des neuen SWR-Staatsvertrags sei.