Teil-Vollendung der Ulmer Torarolle

Stuttgart. „Den heutigen Tag dürfen wir alle auch als Auftrag verstehen: Wieviel besser könnte unsere Welt sein, wenn es uns Verantwortlichen in den Parteien, Parlamenten, Kirchen und Religionsgemeinschaften besser gelänge, das Gemeinsame zu vertiefen, ohne das Unterschiedliche zu leugnen?“ So Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) anlässlich der Teil-Vollendung der Ulmer Torarolle am Freitag, 1. Dezember 2017, im Haus des Landtags.

In vielen Ländern ist es Brauch, dass die israelitische Gemeinde die Öffentlichkeit zum gemeinsamen Ritual der Vollendung einer Torarolle einlädt. Im Haus des Landtags, als Haus des Volkes, wurde der besondere Moment gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Kirchen und Religionsgemeinschaften begangen. Der Landtag von Baden-Württemberg ist das erste Parlament, in dem dieser Akt stattfindet. Die IRGW und der Landtag von Baden-Württemberg möchten mit ihrer Einladung am heutigen Tag, dem 76. Jahrestag des Beginns der Deportation der Württemberger Juden, bewusst ein Zeichen für die Zukunft setzen.

„Wir denken heute auch an die Opfer des Antisemitismus und an einstige Flüchtlinge“, betonte die Landtagspräsidentin. „Wenn wir heute symbolisch als Juden, Christen, Muslime, als Anders- und Nichtglaubende gemeinsam Zeichen der Tora vollenden, dann denken wir auch an jene Schriften, die in unserem Land einst verbrannt wurden. Damit schreiben wir – Zeichen für Zeichen – Geschichte fort, für eine gute, gemeinsame Zukunft.“ Die Eingeladenen schrieben nicht selbst, sondern legten ihre Hand auf die des Sofers, der den Buchstaben vollendete. Das Ritual dient der Festigung der guten Beziehungen der Beteiligten und der Betonung der gemeinsamen gesellschaftlichen Verantwortung.

Weitere Grußworte sprachen Barbara Traub M.A., die Vorstandsvorsitzende der IRGW, Staatsminister Klaus-Peter Murawski, Landesrabbiner Netanel Wurmser und Rabbiner Shneur Trebnik im Beisein von Vertretern der Fraktionen des Landtags von Baden-Württemberg sowie Repräsentanten anderer Kirchen und Religionsgemeinschaften.