Umweltausschuss diskutiert Empfehlungen des Klimasachverständigenrates

Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat im öffentlichen Teil seiner Sitzung am Donnerstag, 2. Mai 2024, den Bericht des Klimasachverständigenrates besprochen. „Die kürzlich erfolgte Einschätzung des Klimasachverständigenrates hat gezeigt, dass Baden-Württemberg bei den Klimazielen und insbesondere den Sektorzielen nicht im Plan liegt“, teilte der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) aus der Sitzung mit. 

„Die Regierung hat hier Handlungsbedarf“, so Karrais weiter, „Vorschläge für die drängendsten Punkte wurden vom Klimasachverständigenrat vorgestellt. Es zeigt sich, dass bei vielen Themen der Bund oder die EU zuständig sind, einen passenden Rahmen zu schaffen. Trotzdem muss das Land eine ausreichende Finanzierung für die Kommunen sicherstellen“, sagte der Vorsitzende. 

Der vollständig in der Sitzung anwesende Klimasachverständigenrat gab seine Einschätzungen zu den Themen Carbon Management, Wärmewende und Finanzierung kommunaler Klimaneutralität ab. Die Vorsitzende des Rates, Maike Schmidt vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, betonte, um CO2-Neutralität im Land zu erreichen, gebe es aus Klimaschutzsicht weiterhin die klare Rangfolge Dekarbonisierung vor Defossilierung vor den aktuell stark diskutierten Methoden Carbon Capture and Use (CCU) und Carbon Capture and Storage (CCS). „Der vollständige Verzicht auf Kohlenstoff ist bei der Energieerzeugung und -nutzung der am schnellsten umsetzbare und kosteneffizienteste Weg“, so Schmidt. „CCU und CCS sind ein unerlässlicher Baustein, um Netto-Treibhausgasneutralität zu erreichen, aber ohne eine CO2-Infrastruktur sind sie für Baden-Württembergs Industrie nicht nutzbar.“ Das Land müsse deshalb schnell in die Infrastrukturplanung und -realisierung einsteigen und die Industriezweige ebenso wie zivilgesellschaftliche Akteure einbinden. 

Zur Wärmewende fasste Dr. Martin Pehnt, wissenschaftlicher Geschäftsführer des ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH, die Aufgaben einer Wärmepolitik des Landes zusammen. Die Europäische Gebäuderichtlinie EPBD werde große Auswirkungen auf das Land haben und müsse in deutsches Recht umgesetzt werden. „Die EPBD verpflichtet dazu, sechzehn Prozent der schlechtesten Nichtwohngebäude zu sanieren“, so Pehnt. Das Land Baden-Württemberg werde die Vorgaben und Förderprogramme des Bundes flankieren müssen etwa durch entschlackte Verfahren, den Ausbau von Wärmenetzen, eine differenzierte Förderung mit sozialen Kriterien und die Verzahnung mit der Städtebauförderung. Prof. Dr. Sabine Löbbe von der Hochschule Reutlingen thematisierte die immensen Investitionsbedarfe in Kommunen und Unternehmen. „Die Anzahl finanzschwacher Kommunen wächst, die herkömmliche Kommunalfinanzierung ist nicht ausreichend für die Bewältigung der Zukunftsaufgaben zum Klimaschutz“, betonte Löbbe. Der Klimasachverständigenrat empfehle dem Land u.a., die finanzielle Ausstattung der Kommunen dauerhaft zu erhöhen, um eine langfristige verbindliche Rahmensetzung statt unsicherer Fördermittel anzubieten. Zudem sei zu prüfen, ob das Land selbständig einen Fond als übergreifendes Finanzierungsinstrument für den kommunalen Klimaschutz auflegen könne.

Die Regierungsfraktionen verwiesen im anschließenden Austausch insbesondere auf die Frage der Finanzierung als Knackpunkt der Empfehlungen und den genau zu erörternden Spielraum auf Landesebene, berichtete Daniel Karrais. Vonseiten der Oppositionsfraktionen sei betont worden, mit der Änderung im Bund, was die vereinbarten Sekorenziele betreffe, stelle sich die Frage, ob das Land weiter an den Zielen festhalte. Über allem stehe die Planungssicherheit der nächsten Jahre, für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Kommunen, die teilweise schon jetzt rote Zahlen schrieben. „Die Zukunft der Festschreibung von Sektorzielen des Landes ist im Ausschuss umstritten. Es müssen weitere Debatten folgen, ob ein baden-württembergischer Sonderweg weiter richtig ist“, fasste Karrais abschließend zusammen. Der Ausschuss bedankte sich fraktionsübergreifend bei den sechs Expertinnen und Experten des Klimasachverständigenrates für ihren wissenschaftlich fundierten Überblick.