Umweltausschuss informiert sich im Forschungszentrum Karlsruhe-

Land wird zum Stromimporteur Stuttgart. „Die gute Nachricht zuerst: Der Ausstieg aus der Kernenergie wird in Baden-Württemberg die CO2-Emissionen nur wenig erhöhen. Doch nun die schlechte: Der Grund liegt darin, dass in Baden-Württemberg sehr viel weniger Strom produziert wird, die CO2-Emissionen schwerpunktmäßig durch neue Kohlekraftwerke, also anderswo, entstehen.“ So lautete die Quintessenz eines Vortrags von Dr. Peter Fritz, Mitglied des Vorstands des Forschungszentrums Karlsruhe, einem Wissenschaftszentrum, in dem sich 2 000 der 3 500 Mitarbeiter mit Fragen der Klimaveränderung und der künftigen Energietechnik befassen. Der Vortrag war Bestandteil eines Informationsbesuchs, den der Umweltausschuss des Landtags im Rahmen einer auswärtigen Sitzung dem Forschungszentrum abstattete. Dies teilte der Vorsitzende des Ausschusses, der CDU-Abgeordnete Ulrich Müller, mit. Fritz, der bis vor kurzem Vorsitzender des Nachhaltigkeitsbeirats der Landesregierung war, machte nach Angaben Müllers deutlich, weshalb Baden-Württemberg ein zunehmend ungeeigneter Stromproduktionsstandort ist: Hier steige zwar der Strombedarf aufgrund von Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung an, zugleich wirke sich das vorgesehene Auslaufen der Kernenergie bei einem Anteil von immer noch über 50 Prozent in unserem Land besonders kräftig aus. Den regenerativen Energien, vor allem bei der Biomasse, seien Grenzen gesetzt. Der deutschland- und weltweite Trend zu Kohlekraftwerken (global spielten auch Kernenergie und Gas eine Rolle) gehe an Baden-Württemberg wegen der Revierferne vorbei. Aber auch die Kühlkapazität der Flüsse des Landes sei für Kraftwerksstandorte gerade durch die allgemeine Klimaerwärmung begrenzt, zumal es zunehmend eine Tendenz zu Stromverbrauchsspitzen - gerade im Sommer - gebe. Fritz ging auch auf die Forschungsarbeiten in Karlsruhe ein, aus allen Arten von Biomasse maßgeschneiderte synthetische Kraftstoffe zu entwickeln, wobei sich seiner Einschätzung nach künftig nicht nur Kraftstoffe der Weiterentwicklung anpassen, sondern auch umgekehrt Kraftstoffqualitäten die Motorentwicklung mitbestimmen. Im Bereich der Tiefengeothermie werde in Karlsruhe nicht nur geforscht, vielmehr solle demnächst der Startschuss zu einem modellhaften Geothermiekraftwerk gegeben werden. Besondere Probleme seien nicht nur das Auffinden geeigneter heißer Wasservorkommen, sondern auch die sinnvolle Nutzung der im Stromerzeugungsprozess anfallenden Abwärme und die hohen Salzanteile von Wasser aus großen Tiefen. Zur großen Hoffnung, CO2 aus Kohlekraftwerken abzuscheiden und in tiefen geologischen Schichten zu lagern - auch hierzu plant das Zentrum in Karlsruhe Forschungsarbeiten -, stellte Fritz fest, dass das große Problem darin bestehe, geeignete sichere Lagerstätten für riesige CO2-Mengen zu finden. Diese Lagerstätten sollten möglichst nah bei den Kraftwerksstandorten und diese wiederum möglichst nahe zum Verbraucher liegen. Zurzeit diskutierte Lagerstandorte erfüllten diese Voraussetzungen leider nicht, so dass große Transportwege zu erwarten seien. Bei den regenerativen Energien in Deutschland plädierte Fritz für ein nüchternes Abwägen von Kosten, Nutzen, Wirkungen und Nebenwirkungen der einzelnen Energien und für einen Blick ins Ausland. Die Windkraft in Deutschland habe im Wesentlichen nur noch durch Anlagen an der Küste oder im Offshore-Bereich ein Wachstumspotential. In der Photovoltaik stünden 55 Prozent der weltweit betriebenen Anlagen in Deutschland, diese trügen aber nur mit 0,21 Prozent zur Stromproduktion Deutschlands bei. „Die Mitglieder des Umweltausschusses werden die Vorträge im Forschungszentrum Karlsruhe in ihre künftige Arbeit einbeziehen“, betonte Vorsitzender Ulrich Müller. Dabei werde auch die jüngste Veröffentlichung (April 2007) des Nachhaltigkeitsbeirats zur nachhaltigen Energieversorgung in Baden-Württemberg eine Rolle spielen.