Unterstützung für heimische Erzeuger zugesagt – Brüssel hilft mit
Stuttgart. Lebensmittel, die nah am Verbraucher produziert werden, liegen im Trend. Doch davon können heimische Erzeuger aufgrund ihrer begrenzten Marktmacht häufig noch nicht angemessen genug profitieren. Was könnte Abhilfe bringen? Darüber diskutierte der Ausschuss für ländlichen Raum und Verbraucherschutz in seiner Sitzung am Mittwoch, 4. November.
Auf Antrag der CDU-Fraktion thematisierte das Gremium die Wettbewerbsbedingungen für heimische Erzeuger und Erzeugergemeinschaften. Diese fänden sich oft in der Situation, dass ihnen „überraschend ungünstige Abnahmebedingungen seitens des Handels“ aufgezwungen werden, so die Christdemokraten. Sie wollten von der Landesregierung wissen, ob bestehende gesetzliche Regelungen geeignet seien, den Erzeugern eine faire Position im Wettbewerb zu verschaffen. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der EU-Richtlinie über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette (2019/633).
Die Richtlinie umfasst unter anderem eine Liste von insgesamt zehn Verboten, die Erzeuger vor unlauteren Praktiken des Handels schützen sollen. Danach sind beispielsweise Kaufpreiszahlungen für verderbliche Lebensmittel, die später als 30 Tage nach der Lieferung erfolgen, nicht erlaubt. Für nicht-verderbliche Erzeugnisse gilt eine Frist von 60 Tagen nach der Lieferung. Darüber hinaus ist es dem Handel verboten, die Bestellung verderblicher Erzeugnisse kurzfristig zu stornieren oder die Lieferbedingungen in Bezug etwa auf Preise, Qualitätsstandards und Lieferumfang einseitig zu ändern. Zudem sind Drohungen und Sanktionen des Käufers gegen Erzeuger, die auf ihre gesetzlichen oder vertraglichen Rechte pochen, nicht erlaubt. Weitere Verbote betreffen Zahlungsverlangen des Handels für Zwecke der Vermarktung und Werbung.
Vertreter aller Fraktionen begrüßten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Martin Hahn (Grüne) die im vergangenen Jahr veröffentlichte EU-Richtlinie. Es sei richtig und wichtig, damit gerade auch regionale Erzeuger von Lebensmitteln zu stärken und vor der Marktmacht des Handels zu schützen, wo immer diese Marktmacht zu Auswüchsen führe, habe es geheißen. Zugleich hätten Vertreter von CDU, Grünen und SPD an die Verbraucher appelliert, ihre eigene Marktmacht zu nutzen. Sie könnten durch ihr Kaufverhalten ebenfalls dazu beitragen, heimische Erzeuger und Erzeugergemeinschaften zu unterstützen. Kritik wurde laut dem Ausschussvorsitzenden an der schleppenden Umsetzung der EU-Richtlinie geäußert. Nach Angaben des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ist die Regelung bisher noch in keinem EU-Mitgliedsland geltendes Recht. Für Deutschland bereite das Bundeslandwirtschaftsministerium die Umsetzung derzeit vor. Dies muss spätestens am 1. Mai 2021 abgeschlossen sein. Am 1. November 2021 sollen die neuen Regelungen dann EU-weit gelten.
Peter Hauk, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, bekräftigte vor dem Ausschuss, die Richtlinie müsse zügig umgesetzt werden. Er hoffe im Interesse der Erzeuger, dass dies bald geschehe. Die in der Richtlinie aufgegriffenen und nun abzustellenden unlauteren Methoden hätten in der kaufmännischen Praxis nichts zu suchen. „Eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein“, sagte der Minister.
Zugleich bekräftigte der CDU-Politiker, regionale Produkte müssten gekennzeichnet sein, um Abnehmer zu finden. Zugleich hätten sie gegenüber nicht-regionalen Produkten auch in Sachen Qualität einen Mehrwert zu bieten, so der CDU-Politiker. Die Landesregierung setze sich seit Jahren dafür ein, entsprechende Qualitätszeichen voranzubringen.