Untersuchungsausschuss „Atomaufsicht“ beendet seine Arbeit nach rund 19 Monaten

Oppositionsfraktionen geben Minderheitenvoten ab Stuttgart. Mit der Bewertung des in der Beweisaufnahme festgestellten Sachverhalts sowie mit der Beschlussempfehlung an das Plenum hat der Untersuchungsausschuss „Atomaufsicht“ des Landtags am Dienstag, 23. September 2003, seine Arbeit beendet. Der Ausschuss verabschiedete mit den Stimmen von CDU und FDP/DVP die abschließende Beweiswürdigung und die Beschlussempfehlung. Wie der Ausschussvorsitzende, der CDU-Abgeordnete Winfried Scheuermann, nach Angaben der Landtagspressestelle am Dienstag in Stuttgart mitteilte, haben die Oppositionsfraktionen jeweils eigene Minderheitenvoten abgegeben. Der Abschlussbericht wird voraussichtlich in der Plenarsitzung Ende Oktober 2003 beraten. Der Untersuchungsausschuss „Fehler der Atomaufsicht in Baden-Württemberg im Zusammenhang mit den meldepflichtigen Ereignissen und dem Fehlverhalten im Kernkraftwerk Philippsburg Werk 2 und die daraus zu ziehenden Konsequenzen“ war am 31. Januar 2002 auf Antrag der SPD-Fraktion eingesetzt worden. Nach ihren Vorstellungen sollte sich das 12-köpfige Gremium mit mehreren meldepflichtigen Ereignissen im Block II des Reaktors Philippsburg befassen. Dort war im Sommer 2001 zwei Wochen lang in drei von vier Flutbehältern eine zu geringe Borsäurekonzentration vorhanden; außerdem wurden über Jahre hinweg die im Benutzerhandbuch angegeben Füllstandshöhen in den Flutbehältern beim nicht nuklearen Wiederanfahren nach Abschluss der Jahresrevision unterschritten. Der Ausschuss sollte die Rolle des Ministeriums für Umwelt und Verkehr als Atomaufsichtsbehörde bei der Vorgehensweise der Kraftwerksbetreiberin, der EnBW AG, und der beteiligten Sachverständigen aufklären. In den Zeugenbefragungen ging es laut Scheuermann insbesondere darum, den Umgang mit den meldepflichtigen Ereignissen seit Aufdeckung der Missstände nachzuzeichnen. Im Mittelpunkt der Untersuchungen seien die Entscheidungsabläufe bei der Betreiberin, den Sachverständigen und dem Umweltministerium gestanden. Auch die Rolle des Bundesumweltministeriums sei thematisiert worden. Es sollte herausgefunden werden, ob sich Betreiberin und Sachverständige an die bestehenden Vorschriften gehalten und die meldepflichtigen Ereignisse korrekt beurteilt hätten. Ferner sei man dem Vorwurf nachgegangen, das Umweltministerium habe seine Aufsichtsverantwortung nicht ausreichend wahrgenommen. Zum Ablauf des Verfahrens erklärte der Ausschussvorsitzende, dass in 14 Sitzungen anhand von 30 Beweisanträgen insgesamt 54 Zeugen vernommen worden seien, darunter Umweltminister Ulrich Müller, Staatssekretär Stefan Mappus, Bundesumweltminister Jürgen Trittin und der frühere Vorstandsvorsitzende der EnBW AG,Gerhard Goll. Die Zeugenaussagen füllten über 1.700 Protokollseiten. Dem Ausschuss seien vom Umweltministerium und anderen Behörden insgesamt 44 Leitz-Ordner an Aktenmaterial zur Verfügung gestellt worden. Im Untersuchungsausschuss, so Scheuermann abschließend, habe trotz unterschiedlicher Meinungen und kontroverser Debatten eine sachliche Arbeitsatmosphäre bestanden, die ihm die Verhandlungsführung erleichtert habe.