Vielfalt an Rebsorten wird sich durch Temperaturanstieg langfristig verändern
Stuttgart. Durch den Klimawandel verursachte Temperaturanstiege und extreme Wetterereignisse wirken sich auch auf den Weinanbau in Baden-Württemberg aus. Dies wurde bei der Beratung eines Antrags der SPD-Fraktion am Mittwoch, 29. Ja-nuar 2020, im Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz deutlich. „Steigende Temperaturen, extremes Wetter und neue Schädlinge stellen den Weinanbau vor Herausforderungen. Auch wird sich die Vielfalt an Rebsorten im Südwesten langfristig verändern“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne).
Nach Angaben Hahns wird der Anbau von wärmebedürftigen Rotweinsorten wie Cabernet Sauvignon oder Syrah wird in Baden-Württemberg künftig eher möglich. Auch pilzwiderstandsfähige Rebsorten werden wegen des Klimawandels und des Zie-les, weniger Pflanzenschutzmittel zu nutzen, an Bedeutung gewinnen. Traditionelle Weißweine der Badischen Bergstraße drohten dagegen ihre geschätzten Eigenschaf-ten wie Spritzigkeit und geringen Alkoholgehalt zu verlieren.
Durch den Temperaturanstieg verlängert sich die Vegetationsperiode der Pflanzen, was zu einer schnelleren Entwicklung führe und einen Vorteil bei Neupflanzungen bedeute. Austrieb und Rebblüte verlagerten sich tendenziell früher ins Jahr. Damit steige jedoch die Gefahr für die Pflanzen, durch Spätfröste geschädigt zu werden. Spä-ter im Jahr bedrohten lang andauernde Hitzeperioden und extreme Trockenphasen die Reben. Außerdem stellten Starkwetterereignisse mit Hagel und erhöhten Nieder-schlagsmengen eine Gefahr dar. Langanhaltender Sommerregen begünstige zudem das Auftreten von Pilzkrankheiten an den Reben und kann zu möglichen Ernteausfäl-len führen. Darüber hinaus senke ein Pilzbefall der Trauben auch die spätere Wein-qualität.
Um die Rebanlagen besser gegen Regen, Hagel und Frost zu schützen, könnten auf die Winzer teilweise hohe Kosten zukommen. So schlage etwa ein Rebsortenwechsel mit Investitionskosten von rund 30.000 Euro pro Hektar zu Buche. Die Installation einer Tröpfchenbewässerungsanlage koste etwa 5.000 Euro pro Hektar. Für die Wasserbe-reitstellung müsse darüber hinaus eine Infrastruktur vorhanden sein. Ist nicht genü-gend Wasser in der Nähe vorhanden, müsse dieses für die Bewässerung in Behältern in den Weinberg transportiert werden. Gegen Frost kämen Maßnahmen wie das Auf-stellen von Heizkerzen aus Paraffin (4.000 Euro Verbrauchskosten pro Hektar und Frostnacht) oder Frostschutz-Beregnung der Blüten (ca. 15.000 Euro Investitionskos-ten pro Hektar). Ein neueres Verfahren zur Bekämpfung von Spätfrost seien elektri-sche Heizdrähte in Rebanlagen (ca. 12.000 Euro Investitionskosten pro Hektar). Die Installation von Hagelschutznetzen kostet rund 15.000 Euro pro Hektar.
Nach Angaben Hahns ist seit Beginn regelmäßiger Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881 die mittlere Jahrestemperatur in Baden-Württemberg bereits um 1,4 Grad Celsius gestiegen. Die künftige Temperaturentwicklung bis 2050 bzw. 2100 hänge maßgeblich davon ab, wie sich die Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre entwi-ckeln werde. „Entwickeln sich die Treibhausgas-Emissionen so weiter wie bisher, muss in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2050 im Jahreslauf mit etwa 1,5 Grad und bis 2100 mit bis zu 4 Grad Erderwärmung gerechnet werden“, sagte Martin Hahn.