Vorsitzende Daniela Evers: „Untersuchungsausschuss setzt bei Aufarbeitung maßgebliche Impulse“

Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss IdP & Beförderungspraxis hat am Dienstag, 9. Dezember 2025, nach dreieinhalbjähriger Beratung seinen über 2.000 Seiten umfassenden Abschlussbericht vorgestellt. „Der Untersuchungsausschuss hatte einen umfangreichen, komplexen Auftrag abzuarbeiten und setzt letztlich trotz unterschiedlicher Auffassungen maßgebliche Impulse“, bilanzierte die Ausschussvorsitzende Daniela Evers (GRÜNE).

Der Einsetzungsauftrag des Parlaments an den Untersuchungsausschuss (Drucksache 17/2649) beinhaltete drei verschiedene Untersuchungsgegenstände. So sollte der UsA in seinem ersten Auftragskomplex die Thematik des Umgangs mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung in Landesbehörden insgesamt und gegen den nunmehr ehemaligen Inspekteur der Polizei untersuchen. Dabei befasste sich der Ausschuss einerseits mit der Frage der bisher ergriffenen Präventions- und Sensibilisierungsmaßnahmen für die folgenschwere Thematik der sexuellen Belästigung im dienstlichen Umfeld. Zudem wurden das im Hellfeld bekannt gewordene Ausmaß und die Ausprägung solcher Verhaltensweisen erhoben und der Umgang mit konkreten Einzelfällen untersucht. Hierfür hatte der Ausschuss eine Ermittlungsbeauftragte eingesetzt. Ihren Bericht an den Untersuchungsausschuss erstattete sie am 27. Februar 2024. Vorsitzende Daniela Evers: „Die Ermittlungsbeauftragte kam zu dem Ergebnis, dass es sich überwiegend um niederschwellige Handlungen einzelner Personen gehandelt habe, ohne dass ein strukturelles Problem zu erkennen sei. Auch der Umgang der Behörden mit gemeldeten Verdachtsfällen sei ordentlich.“ Evers betonte jedoch: „Der Untersuchungsausschuss ist sich bewusst, dass er mit seinen Untersuchungen nur das Hellfeld der offiziell bekannt gewordenen Vorfälle beleuchten konnte. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Untersuchungsausschuss auch mehrheitlich, die Landesregierung zu ersuchen, eine umfassende Dunkelfeldstudie zu Fällen sexueller Belästigung in Landesbehörden in Auftrag zu geben, um auf diese Weise Erkenntnisse über das tatsächliche Ausmaß sexueller Belästigung innerhalb der Polizei und anderer Landesbehörden zu gewinnen.“ Die Vorsitzende ist sich sicher: „Unsere Arbeit hat dazu beigetragen, die Landesbehörden auch jenseits rein juristischer Fragestellungen für die Problematik des Umgangs mit sexuellem Fehlverhalten im dienstlichen Umfeld zu sensibilisieren. Damit hat der Untersuchungsausschuss auch einen erheblichen Beitrag zu der gesellschaftlichen Diskussion über Fragestellungen dieser Art geleistet.“ 

Hinsichtlich der Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen den nunmehr ehemaligen Inspekteur der Polizei (IdP), A. R., untersuchte der Ausschuss die Abläufe und Entscheidungsprozesse im Umgang der Landesregierung mit dieser Thematik. Dabei musste sich der Ausschuss auch in der öffentlichen Wahrnehmung immer wieder in seinem Auftrag klar vom zeitweise parallel laufenden Strafverfahren gegen den ehemaligen IdP abgrenzen. „Gegenstand der Untersuchungen des Ausschusses war die Frage, wie auf politischer und behördlicher Ebene – mithin durch Dritte – mit den Vorwürfen nach deren Bekanntwerden umgegangen wurde“ so Evers. 

In seinem zweiten Auftragskomplex untersuchte der Ausschuss die Weitergabe eines Rechtsanwaltsschreibens durch den Innenminister an einen Journalisten. Hierzu wurden 14 Zeugen vernommen, darunter auch der Minister des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen sowie der entsprechende Journalist. Im dritten Auftragskomplex ging es zum einen um die Beurteilungs-, Beförderungs- und Besetzungsverfahren innerhalb der Polizei Baden-Württemberg bis zur Suspendierung von A. R. als Inspekteur der Polizei. Zum anderen waren die Beförderungen von A. R. zum Vizepräsidenten des Landeskriminalamtes (LKA) und zum Inspekteur der Polizei Gegenstand der Untersuchungen. 

„Aufgrund des erheblichen Umfangs und der Komplexität der Materie, von der zehntausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei betroffen sind, hat sich die Frage der Beurteilungs-, Beförderungs- und Besetzungspraxis innerhalb der Polizei Baden-Württemberg im Laufe der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses zum faktischen Schwerpunkt der Untersuchungen entwickelt“, stellte Daniela Evers fest. „Insoweit stand der Ausschuss auch vor der Herausforderung, immer wieder abzuwägen zwischen der sorgfältigen aber zeitintensiven Aufarbeitung von Einzelfällen, aus denen sich Anhaltspunkte für ein bestehendes Muster oder eine Symptomatik ergeben könnten, und der Betrachtung der Strukturen im großen Ganzen.“  

Seinem umfangreichen Auftrag widmete sich der Ausschuss mit ebenso umfangreichen Untersuchungen. Zwischen dem 1. Juni 2022 und dem 10. November 2025 fanden insgesamt 42 Sitzungen – teils bis in die späten Abendstunden – statt. Auf der Grundlage von 45 Beweisbeschlüssen wurden dem Ausschuss Akten im Umfang von rund 150 Ordnern vorgelegt und insgesamt 57 Zeugen vernommen. Einige dieser Zeugen wurden an bis zu drei Sitzungstagen vernommen, so beispielsweise der Minister des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen, Thomas Strobl (CDU), oder die Landespolizeipräsidentin Dr. Stefanie Hinz. Alleine die Protokollierung der Ausschusssitzungen mit einer Gesamtdauer von mehr als 260 Sitzungsstunden umfasst rund 5.300 Seiten.

Aufgrund der hohen Relevanz von Persönlichkeitsrechten bei den untersuchten Fragestellungen, war für den Ausschuss der sorgfältige Umgang mit seinem Auftrag von besonderer Bedeutung. Vor diesem Hintergrund wurden 40 Zeugen auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen. Dieses Bestreben der Wahrung von Persönlichkeitsrechten sowie die Tatsache, dass die dem Untersuchungsausschuss vorgelegten Akten in erheblichem Umfang als geheimhaltungsbedürftig eingestuft waren und damit nicht öffentlich verwertet werden konnten, stellte den Ausschuss bei Erfüllung seines Auftrags vor weitgehende Herausforderungen. Daniela Evers lobte die – trotz teils erheblicher politischer Differenzen erfolgte – weitgehend kooperative Arbeit der Ausschussmitglieder und bedankte sich bei allen Beteiligten, bei den Ministerien und nachgeordneten Behörden des Landes sowie auch bei der Landtagsverwaltung. Die Kosten des Untersuchungsausschusses stünden noch nicht abschließen fest, so Evers, hätten sich bis einschließlich November 2025 jedoch auf rund 2,3 Millionen Euro belaufen. 

Eine anonymisierte Fassung des Abschlussberichts (Drucksache 17/9850) ist ab sofort auf der Webseite des Landtags zu finden. Auch der Ermittlungsbericht kann in einer teilweise anonymisierten Fassung auf der Internetpräsenz des Landtags von Baden-Württemberg oder in den Anlagen des Berichtes des Untersuchungsausschusses eingesehen werden. 

Am 11. Dezember 2025 wird sich das Plenum mit dem UsA-Bericht befassen.