Vorsitzender Marwein: „Petitionsausschuss stellt sicher, dass Volkes Stimme zu Wort kommt“
Stuttgart. Der Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg hat am Donnerstag, 6. November 2025, zu einer öffentlichen Anhörung zur Petition 17/4192 „Keine Nutzung der Software Gotham von Palantir in Baden-Württemberg“ eingeladen und Experten gehört. Das hat der Vorsitzende Thomas Marwein (Grüne) mitgeteilt. „Im Juli haben wir die öffentliche Mitzeichnungsmöglichkeit eingeführt. Die Petition hat innerhalb kurzer Zeit die notwendigen Mitzeichnungen von 10.000 erreicht, sogar deutlich überschritten“, so Marwein. „Der Petitionsausschuss muss über die Petition öffentlich beraten, was wir heute mit der ersten öffentlichen Anhörung eines Petitionsausschusses im Landtag von Baden-Württemberg umgesetzt haben. Wir stellen sicher, dass Volkes Stimme zu Wort kommt.“
Der Petent Sebastian Müller fordert unter anderem in seiner Petition die Landesregierung und den Landtag auf, den Vertrag über die Nutzung bzw. den Kauf von Software mit dem US-Unternehmen Palantir offenzulegen und rückabzuwickeln. Falls dies nicht möglich sei, solle die Software nicht eingesetzt werden und die Benutzung den nachgeordneten Behörden untersagt werden. Außerdem sollten die engen Grenzen und Regeln, die das Bundesverfassungsgericht bezüglich der Nutzung solcher Software aufgestellt hat, konsequent eingehalten werden. Eine datensparsame, bürgerrechtsfreundliche und rechtssichere Lösung solle in das Polizeigesetz aufgenommen werden. Software im Bereich kritischer Infrastrukturen solle ausschließlich als quelloffenes System beschafft werden.
Bei der Anhörung gab zunächst der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg, Prof. Dr. Tobias Keber, ein Statement ab. Er äußerte sich kritisch zum Gesetzentwurf der Landesregierung zum Polizeigesetz und bemerkte, dass die flankierende Verwaltungsvorschrift noch nicht vorliege. Er legte seine Bedenken dar. Letztlich sei es wichtig, Freiheit und Sicherheit nicht gegeneinander auszuspielen.
Sebastian Müller begründete anschließend seine Petition. Sie richte sich gegen die geplante Nutzung der Analyseplattform „Gotham“ des US-Unternehmens Palantir, die Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenführen und auswerten könne. Datenschützer warnten vor einer ausufernden Verknüpfung von Daten und einer Gefährdung von Persönlichkeitsrechten. Die geplante Nutzung von Software wie Palantir oder vergleichbarer Alternativen, die ontologische Datenmodelle nutzt, sei offensichtlich verfassungswidrig, so der Petent. Er kritisierte weiter das Beziehungsgeflecht der Objekte und Merkmale, die in Palantir visualisiert und zur Verfügung stehen würden. Faktisch sei damit eine Rasterfahndung standardmäßig implementiert.
Landespolizeipräsidentin Dr. Stefanie Hinz betonte, dass man sich mit der automatisierten Datenanalyse im präventivpolizeilichen Bereich bewege, den das Polizeigesetz abdecke. Dabei werde die Polizei von IT unterstützt. Um die Aufgabe, Gefahren abzuwehren, weiter auszufüllen, benötige die Polizei die automatisierte Datenanalyse. Bei zeitkritischen Gefahrenlagen sei eine möglichst schnelle automatisierte Analyse vorhandener Daten nötig. Sie bezeichnete den vorgelegten Gesetzentwurf als rechtlich gelungen und fachlich notwendig. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes seien berücksichtigt.
Abschließend wurde Thomas Berger, der Leiter des Präsidiums Technik, Logistik, Service der Polizei, gehört. Er stellte fest, dass Technologie potenziell immer die Möglichkeit hat, Schaden zuzufügen. Er betonte jedoch, dass die Instrumente in einem föderalen, gewaltengeteilten Kontext genutzt würden. Er betonte auch, dass es keine absolute Sicherheit für alles im Leben gebe. Die Polizei müsse Verantwortung übernehmen unter Abwägung der Grundrechte.
In der sich anschließenden Fragerunde wurden von allen Fraktionen Fragen gestellt, etwa zu gesetzlichen Grundlagen, Vertragsinhalten, Datenpipelines, europäischen Lösungen, zum Cloud-Act oder zu Palantir-Mitarbeitenden. Diese wurden von den Experten auch ausführlich beantwortet. „Wir haben uns in einem für uns als Petitionsausschuss neuem Format auf einem sehr hohen Niveau ernsthaft ausgetauscht“, so Thomas Marwein. Er dankte den Experten für ihre Expertise und dem Gremium für die sachkundigen Fragestellungen.
Die komplette Aufzeichnung der Anhörung ist auf der Webseite des Landtags von Baden-Württemberg eingestellt: https://www.landtag-bw.de/de/mediathek/videos(externer Link)
In der anschließenden nicht öffentlichen Sitzung hat der Petitionsausschuss mehrheitlich beschlossen, die Petition der Regierung als Material zu überweisen, so Vorsitzender Marwein abschließend.