Wahlaufruf von Landtagspräsident Peter Straub zur Europawahl am Sonntag, 13. Juni 2004

Stuttgart. Anlässlich der Europa- und der Kommunalwahlen am kommenden Sonntag hat Peter Straub, Präsident des Landtags von Baden-Württemberg sowie Präsident des EU-Ausschusses der Regionen, an die Bevölkerung des Landes folgenden Wahlaufruf gerichtet: >>Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, am Sonntag, den 13. Juni 2004, sind Sie aufgerufen, Ihre Stimme zur Wahl des Europäischen Parlaments abzugeben. Seit der letzten Europawahl im Jahr 1999 hat die Europäische Union zwei bedeutende Ereignisse erlebt: Da ist zum einen die Einführung einer einheitlichen Währung vor zwei Jahren. Seither zahlen über 300 Mio. Europäer mit dem Euro. Entgegen allen Unkenrufen am Anfang hat sich der Euro bewährt. Er bringt uns allen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, im Alltag spürbare Erleichterungen. Mit ihm hat Europa bewiesen, dass es in der immer komplexer werdenden Welt stärker und handlungsfähiger auftreten kann, wenn es gemeinsam handelt. Beim zweiten außergewöhnlichen Ereignis handelt es sich um die Erweiterung Europas am 1. Mai 2004. Dadurch wurde die mehr als 50 Jahre währende Teilung unseres Kontinents endgültig überwunden. Die Aufnahme der zehn neuen Mitgliedstaaten, vor allem derjenigen aus Mittel- und Osteuropa, hat das Versprechen der Gründerväter des Europäischen Einigungswerks eingelöst, wonach die europäische Friedensordnung erst dann vollendet ist, wenn sich daran alle europäischen Völker und Staaten aus freiem Willen beteiligen können. Die Erweiterung hat jedoch nicht ausschließlich historische Bedeutung. Unter ökonomischen Aspekten bietet sie gerade für Baden-Württemberg als Exportland neue Chancen für Wachstum und Arbeitsplätze. Nach dieser epochalen Entwicklung braucht Europa nunmehr eine „Verschnaufpause“, um das Erreichte zu konsolidieren. Dies heißt aber keineswegs, dass es jetzt weniger zu tun gibt; ganz im Gegenteil: Demokratie, Frieden und Wohlstand müssen nun sicher auf europäischer Ebene verankert werden. Diesem Ziel dient auch und gerade die gemeinsame Verfassung, die sich Europa geben will. In dieser neuen europäischen Verfassung werden die Kompetenzen des Europäischen Parlaments konsequent ausgebaut. Mittlerweile beruhen fast 90 Prozent der wirtschaftlich relevanten nationalen Gesetze auf Entscheidungen Brüssels. Deshalb ist es ein großer Schritt zu mehr Demokratie in Europa, wenn ein starkes Europäisches Parlament mehr Mitspracherechte bekommt. Dass das Europäische Parlament in Zukunft den Kommissionspräsidenten wählen soll, bedeutet eine starke Aufwertung der parlamentarischen Position gegenüber dem Ministerrat und der Europäischen Kommission. Sowohl als Landtagspräsident wie auch als Präsident des Ausschusses der Regionen - dieses Gremium vertritt die Interessen der Kommunen, Regionen und Länder in der Europäischen Union - rufe ich Sie auf, am 13. Juni 2004 zur Wahl zu gehen: Entscheiden Sie mit, wer im Europäischen Parlament vertreten sein wird, unterstützen Sie dieses Parlament durch Ihre Wahl und gestalten Sie den weiteren Weg Europas selbst mit. Auch appelliere ich an Sie: Machen Sie von Ihrem Wahlrecht ebenfalls Gebrauch bei der gleichzeitig stattfindenden Kommunalwahl. Nutzen Sie die Chance, über die Belange Ihrer Gemeinde mitzubestimmen. Europa- und Kommunalwahl sind zwei Seiten derselben Münze: Wir brauchen ein starkes Europa für die großen Herausforderungen der Zukunft genauso wie wir eine starke kommunale Ebene für die Aufgaben vor Ort benötigen. Europa hat Zukunft, es ist unser aller Zukunft.