Wanderausstellung zu globalen Themen und Herausforderungen eröffnet
Drexler: Wir brauchen ein umfassendes WeltbildStuttgart. Einen umfassenden Überblick über die vielfältigen Verflechtungen in der globalisierten Welt bietet eine Wanderausstellung, die von der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg derzeit im Stuttgarter Landtag gezeigt wird. „Wir brauchen ein umfassendes Weltbild“, erklärte Landtagsvizepräsident Wolfgang Drexler (SPD) bei der Eröffnung am Mittwoch, 13. Mai 2009. Wörtlich sagte Drexler: << Wir Deutsche sind Reise-Weltmeister. Und man sagt: Reisen bildet. Eigentlich müssten wir deshalb bestens vorbereitet sein auf das Leben im 21. Jahrhundert. Eigentlich. Zwischen Theorie und Wirklichkeit klafft jedoch eine Lücke. Der Begriff „Globalisierung“ ist in aller Munde. Wie viel Facetten das Phänomen tatsächlich aufweist, haben indes nur wenige verinnerlicht. Wer zu den touristischen „Hotspots“ jettet, wer historische Stätten auf anderen Kontinenten studiert, wer Exotik genießt, der weitet offenbar nicht automatisch seinen Horizont. Gut deshalb, dass die „Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg“ unter die Reiseveranstalter gegangen ist und ab heute eine kompakte Weltumrundung zu den thematischen Brennpunkten der Globalisierung anbietet. Sechzehn Stationen führen buchstäblich vor Augen: Globalisierung umfasst mehr als Internet, mehr als multinationale Wertschöpfungsketten, mehr als den Zwang, die Weltsprache Englisch zu beherrschen. In dieser Ausstellung wird man auf spezifische Weise zum „Globetrotter“. Und eine zentrale Botschaft lautet: Wir leben gemeinsam mit 6,8 Milliarden Menschen nicht nur auf einem Planeten, sondern auch in EINER Welt. Oder um eine Anleihe bei einem bekannten Werbeslogan zu machen: Wir sind in Baden-Württemberg daheim – und zugleich in dieser EINEN Welt zu Hause. Mit allen Problemen, Herausforderungen – und Chancen!
Natürlich freue ich mich sehr, dass wir hier im Landtag als Erste auf diese neuartige Weltreise der „Stiftung Entwicklungszusammenarbeit“ gehen können. Mein Dank gilt Ihnen, lieber Herr Dr. Schmid, und namentlich Ihrer Mitarbeiterin Frau Schumacher als Projektleiterin. Und ich erwähne gerne, dass diese Weltreise kostenlos ist. Schulen, Kirchen, Kommunen, Weltläden, Vereine können die Ausstellung buchen und zu sich holen, ohne dass ihnen die „Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit“ eine Rechnung schickt. Sie, lieber Herr Dr. Schmid, und Ihr Team haben sich doppelt erfolgreich ins Zeug gelegt: bei der konzeptionellen Arbeit und bei der Sponsorensuche. Mit anderen Worten: Jeder kann sich dem Thema stellen. Es gibt keine Ausreden. Zumal die Schau exakt im richtigen Moment auf den Markt kommt. Denn angesichts der globalen Rezession stellen sich die grundlegenden Fragen noch drängender:
- Auf welche Zukunft steuern wir zu?
- Wie lernfähig ist die Weltgemeinschaft?
- Und: Was können wir selbst dazu beitragen?
Abschottung und Rückfall in egozentrische Denkweisen helfen niemandem. Im Gegenteil: Sie würden noch mehr Schaden anrichten. Und das gilt nicht bloß ökonomisch. Wir brauchen jetzt in jeder Beziehung klare Signale für geistige Offenheit – und gegen kleingeistigen Protektionismus. Obgleich es abgedroschen klingt: So betrachtet, ist die Krise eine Chance – weil sie das Bewusstsein dafür schärft, wie intensiv die Völker aufeinander angewiesen sind und wie wichtig deshalb gemeinsames Handeln ist. Keiner kann mehr dauerhaft Vorteile nur für sich schaffen. Eine Kernaufgabe lautet folglich, noch offensiver als bisher Gemeinsamkeiten zu definieren und die Aufgaben zu benennen, die lediglich im globalen Miteinander gelöst werden können. Das bedingt, dass wir uns – mit Hans Küng gesprochen – auf ein gemeinsames Ethos verständigen, also auf einen Grundkonsens „verbindender Werte, unverrückbarer Maßstäbe und persönlicher Grundhaltungen.“ Und eine Maxime dafür ist: Wir dürfen andere nur so behandeln, wie wir selbst behandelt werden wollen.
Pointierter gesprochen: Egoismus heißt heute, sich auch um den anderen zu kümmern. Und dabei zu bedenken, dass uns bei vielen Problemen schlichtweg die Zeit ausgeht. Beim Klimaschutz zum Beispiel. Oder bei der Armutsbekämpfung. Langer Rede kurzer Sinn: Wir brauchen keine Digitalkameras mit immer mehr Pixel – wir brauchen ein umfassendes Weltbild. Und das erhalten wir durch die Ausstellung „MENSCHEN IN DER EINEN WELT“. Das bedeutet: Wir bekommen die Chance, Vorurteile durch Wissen zu ersetzen. Und das nicht nur gratis – sondern vor allem mit der Perspektive, in der Realität des 21. Jahrhunderts weniger Lehrgeld zahlen zu müssen. Speziell in diesem Sinn wünsche ich Ihrer Ausstellung, lieber Herr Dr. Schmid, eine große, dauerhafte Nachfrage und eine bleibende Resonanz in den Köpfen der Besucherinnen und Besucher.>>