Wirtschaftsausschuss diskutiert jüngste Urteile zu rechtswidrigen Rückzahlungsforderungen bei Coronasoforthilfen
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat im öffentlichen Teil seiner Sitzung am Mittwoch, 22. Oktober 2025, über Konsequenzen aus den jüngsten Gerichtsurteilen zu unrechtmäßig verlangten Rückzahlungen von Coronasoforthilfen beraten. Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) berichtete, thematisierte das Gremium zudem im nicht öffentlichen Teil die Richtlinien für Touristische Unterrichtungstafeln und Hinweisschilder sowie die Digitalisierungsprämie und Digitalisierungsfinanzierung.
Auf Antrag von SPD und FDP/DVP wurde über das Thema Coronasoforthilfen in öffentlicher Sitzung diskutiert. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatte mit Urteilen vom 9. Oktober 2025 in fünf von sechs Musterverfahren entschieden, dass die Unternehmen die Soforthilfen nicht zurückzahlen müssen. In vier Fällen lautete die Begründung: Die Unternehmen hätten ihre Anträge auf Soforthilfe vor dem Stichtag 8. April 2020 gestellt ¬– und damit zu einem Zeitpunkt, als die Hilfen noch nicht eindeutig zweckgebunden im Sinne der Überbrückung von Liquiditätsengpässen ausgezahlt worden seien. In einem weiteren Fall wurde der Antrag zwar erst nach dem 8. April gestellt, als die Vorschriften entsprechend nachgeschärft worden waren. Dennoch sah das Gericht keine Pflicht zur Rückzahlung, da der betroffene Unternehmer die Hilfen zweckgemäß verwendet habe, um Umsatzeinbrüche auszugleichen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden kritisierten SPD und FDP/DVP das zuständige Wirtschaftsministerium mit scharfen Worten. Es habe Vertrauen verspielt und dem Standort Baden-Württemberg Schaden zugefügt. Nach den jüngsten Urteilen sei davon auszugehen, dass die meisten der 62.000 Unternehmen, die vor dem 8. April 2020 Soforthilfen beantragten, rechtswidrig Rückzahlungsforderungen in Höhe von insgesamt 430 Millionen Euro erhalten und inzwischen vielfach beglichen haben, habe die SPD unter Berufung auf Zahlen des Wirtschaftsministeriums erklärt. Sie habe dies mit der Forderung verbunden, die Landesregierung müsse den entstandenen wirtschaftlichen Schaden regulieren. Von der aktuellen Rechtsprechung dürften keinesfalls nur Unternehmen profitieren, deren Widersprüche und Klagen noch anhängig seien. Die FDP/DVP habe erklärt, das Wirtschaftsministerium müsse sich jetzt schnell auf die Urteile einstellen, da den Unternehmern „der Kittel brennt“. Dass weiter Zinsen auf Rückzahlungsforderungen berechnet werden, sei ein Unding. Auch Grüne, CDU und AfD sprachen sich laut Dr. Schweickert dafür aus, dass die Landesregierung jetzt möglich schnell handeln und Klarheit schaffen müsse, andernfalls werde weiteres Vertrauen verspielt.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) habe bekräftigt, kein Unternehmen werde durch Rückzahlungsforderungen in die Insolvenz getrieben, so Dr. Schweickert. Ratenzahlungen, Stundungen oder eine Niederschlagung der Forderungen seien möglich, dazu müssten sich die Unternehmen aber an die L-Bank, die die Soforthilfen abgewickelt hatte, wenden. Wie ihr Haus konkret auf die jüngsten Urteile reagieren werde, könne sie erst sagen, wenn die Urteilsbegründungen voraussichtlich Mitte November vorliegen. Alles andere wäre unseriös.
Laut Dr. Schweickert diskutierte der Ausschuss im folgenden nichtöffentlichen Teil auf Antrag der FDP/DVP zudem über touristische Hinweisschilder an Autobahnen. Nach Auffassung der Liberalen müsste es davon mehr geben, dafür habe das zuständige Wirtschaftsministerium zu sorgen. Komplexe Zuständigkeiten, insbesondere die Letztverantwortung des Bundes und der Bundesautobahnverwaltung verhinderten aber eine bessere Vermarktung von mehr hochwertigen touristischen Zielen im Land. Dr. Hoffmeister-Kraut habe entgegnet, es sei richtig, mit den bekannten braunen Schildern an Autobahnen Akzente zu setzen, dies dürfe aber nicht inflationär geschehen. Ein Antrag der FDP/DVP, die Landesregierung zu verpflichten, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass Länder mehr Eigeninitiative hinsichtlich der braunen Schilder entwickeln können, sei durch die Stimmen von Grünen und CDU mehrheitlich abgelehnt worden, so Dr. Schweickert.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP wurden die Digitalisierungsprämie und die Digitalisierungsfinanzierung des Landes für Unternehmen thematisiert. Dabei hätten die Liberalen kritisiert, dass die Zuschussförderung für kleinere Vorhaben ab 5000 Euro abgeschafft wurde, so Dr. Schweickert. Die Wirtschaftsministerin habe erklärt, dass die Unternehmen inzwischen komplexere Förderbedarfe in Sachen Digitalisierung meldeten. Dem werde man mit einer Förderung per Darlehen, Tilgungszuschüssen und höheren Beträgen gerecht.
Laut Dr. Schweickert nahm der Ausschuss zudem den Bericht der Landesregierung zum Landtagsbeschluss bezüglich des Stands der Umsetzung der wirtschaftsbezogenen Handlungsempfehlungen der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ zur Kenntnis.
Wie Dr. Schweickert weiter mitteilte, stimmte der Ausschuss der Verlängerung von Garantieerklärungen zur atomrechtlichen Deckungsvorsorge bei Forschungsprojekten des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) um zehn Jahre bis 2035 zu. Auf das Land entfallen zehn Prozent der Deckungsvorsorgesumme, das sind rund 5,94 Millionen Euro. Der Bund übernimmt 90 Prozent oder 53,51 Millionen Euro.
Ebenso habe der Ausschuss zugestimmt, Garantieerklärungen zur atomrechtlichen Deckungsvorsorge bei Forschungsprojekten des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg (DKFZ) um zehn Jahre bis 2035 zuzustimmen. Dabei sinkt die Deckungsvorsorgesumme des Landes von bisher 12,82 auf 8,79 Millionen Euro, was zehn Prozent der Gesamtdeckungsvorsorge entspricht.
Die atomrechtliche Deckungsvorsorge verpflichtet Einrichtungen, die mit radioaktivem Material umgehen, eine finanzielle Absicherung für Schäden durch radioaktive Vorfälle nachzuweisen.