Wolf: Mauerfall und friedliche Revolution in der DDR fordern auf zu Einsatz für Freiheit, Demokratie und den Rechtsstaat
Stuttgart. „Der 9. November 1989 ist der wohl glücklichste Tag zumindest unserer jüngeren Geschichte.“ Dies erklärte Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) am Donnerstagvormittag, 13. November 2014, in der Gedenkstunde des Landtags zum 25. Jahrestag des Mauerfalls. Friedliche Revolution in der DDR und der Fall der Berliner Mauer seien eine Aufforderung an alle Bürgerinnen und Bürger, sich nicht nur als Nutznießer, sondern als Trägerinnen und Träger der Freiheit, der Demokratie und des Rechtsstaats zu verstehen.
„Unsere politische Aufgabe besteht darin, Menschen von Kindesbeinen an für die individuelle wie für die gemeinschaftsbezogene Dimension der Freiheit zu befähigen und zu ermutigen“, betonte Wolf. Freiheit in der Gesellschaft und Freiheit in der Wirtschaft gehörten zusammen. Wer eine freiheitliche Gesellschaft wolle, müsse auch Markt und Wettbewerb wollen. „Ebenso müssen wir dafür eintreten, dass die Bürgerinnen und Bürger in mehr vertrauen können als in Justiz, Polizei, Verwaltung und die klassischen Institutionen.“ Gute Regierungsführung sei notwendig, aber nicht ausreichend. Nachhaltig entwickeln könne sich eine Gesellschaft nur dann, wenn Integrität und Zuverlässigkeit hochgehalten würden, beginnend in Wirtschaft und Politik.
Nach den Worten des Landtagspräsidenten erhält sich Freiheit politisch und gesellschaftlich dadurch, dass auf dem Fundament fester Überzeugungen kontrovers diskutiert wird. „Ruhe ist nicht erste Bürgerpflicht“, so Wolf. Alle Bürgerinnen und Bürger könnten im eigenen Umfeld ein Klima der Toleranz schaffen. „Auch wenn Parteien und Parlamentsfraktionen streiten, deutet das nicht auf Fehler in der politischen Praxis oder gar in unserem freiheitlichen System hin, sondern darauf, dass die Demokratie lebt.“
In der DDR habe das geschriebene Recht dem Unrecht gedient, sagte der Präsident. Gesetze seien Instrumente der Unterdrückung gewesen. Der Einzelne habe keinen effektiven Rechtsschutz durch unabhängige Gerichte gehabt. Menschenwürde sei antastbar gewesen, Willkür habe zur Staatsraison gezählt. Die natürliche und naturrechtliche Freiheit sei verbrecherisch begrenzt gewesen, insbesondere nach außen und zwar tödlich durch Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl. „Das alles dürfen wir nicht vergessen“, mahnte Wolf.
Den Festredner der Veranstaltung, den früheren DDR-Bürgerrechtler und ehemaligen Europaabgeordneten Werner Schulz, nannte Wolf eine „unverwechselbar profilierte Persönlichkeit“. Schulz könne durch seine Schilderungen die Zuschauer von einst in die Lage versetzen, die Gesinnung, die Gemütslage, also die wahren Triebkräfte wenigstens ansatzweise nachzuempfinden. Und er könne einen authentischen Eindruck vermitteln von jenem Geist, der sich gleichermaßen in einem Höchstmaß an Zivilcourage wie in einem durch nichts zu frustrierenden Durchhaltewillen geäußert habe. Eindrücke auch vom Geist der Montagsdemonstrationen, der Friedensgebete, der leuchtenden Kerzen und der Mahnwachen und von jenem Geist, der Menschen befähigt habe, allein durch Entschlossenheit die Übermacht der Staatsorgane in Ohnmacht zu verwandeln und dem SED-Regime gewaltfrei ein Ende zu bereiten.
Der Rede Wolfs folgte die Festansprache von Werner Schulz. Für die musikalische Umrahmung der Gedenkstunde sorgte die am Tag des Mauerfalls geborene Pianistin Mahela Reichstatt. Im Anschluss an die Feier schilderte der heute in Karlsruhe lebende Dr. Martin Hoffmann im Gespräch mit einer Schülergruppe seine Lebens- und Leidenserfahrungen als Widerstandskämpfer in der DDR.