Wolf: Nachholbedarf im Bemühen um Gleichberechtigung
Stuttgart. Frauenpolitik ist laut Grundgesetz Verfassungsauftrag. Darauf hat Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) zu Beginn der Plenarsitzung am Mittwoch, 7. März 2012, hingewiesen. Um Verfassungswille und Verfassungswirklichkeit in Deckung zu bringen, bedürfe es jedoch noch substanzieller Anstrengungen, so der Landtagspräsident. Im Bemühen um Gleichberechtigung bestehe zweifellos Nachholbedarf. Anlässlich des Internationalen Frauentags (8. März) sind zwei von fünf Punkten der heutigen Tagesordnung frauenpolitischen Fragen gewidmet. Außerdem findet am Nachmittag im Landtag eine Vortragsveranstaltung zum Thema „Mittendrin und außen vor – Politische Beteiligung von Frauen“ statt. Der Frauentag im Landtag habe neben dem Internationalen Frauentag einen weiteren Hintergrund, erklärte der Präsident. Es handle sich nämlich um den ersten Beitrag des Landtags zum großen Jubiläumsprogramm „60 Jahre Baden-Württemberg“. Und dieser Auftakt passe bestens, denn das Leitmotiv des Landesgeburtstags laute „Wir feiern in die Zukunft rein!“. „Wir beschäftigen uns heute mit zentralen Aspekten einer gedeihlichen Zukunft, die längst Gegenwart sein müssten“, sagte der Präsident. Das Anliegen, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern durchzusetzen, sei nicht überholt. Denn die Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen stünden auch heute noch oft höchstens auf dem Papier, gerade in der Arbeitswelt. Frauen verdienten bei identischer Leistung immer noch weniger als männliche Kollegen. Frauen arbeiteten häufiger in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen als Männer und ihnen werde vielfach die gesellschaftliche Anerkennung vorenthalten. „Um gleich weit zu kommen, müssen Frauen nicht selten deutlich mehr Leistung erbringen als Männer. Chancengleichheit sieht anders aus“, erklärte der Landtagspräsident. Nach Angaben des Landtagspräsidenten zeigen Studien eindeutig, dass praktizierte Gleichstellung die Gesellschaft leistungsfähiger mache, und das nicht nur volkswirtschaftlich. Gesellschaftlich erwünschte Erwerbsunterbrechungen dürften auch langfristig nicht zu persönlichen Nachteilen führen. Wolf: „Das würde die Wahlmöglichkeiten für Frauen und – wohlgemerkt – auch für Männer erhöhen“.
Frauen und Männer sollten qualitativ gleiche Chancen haben, das Leben zu leben, für das sie sich entschieden hätten, meinte der Präsident. „Auch Männer profitieren von neuen Gestaltungsmöglichkeiten jenseits des hergebrachten Rollenverständnisses.“ Er appellierte deshalb an seine männlichen Kollegen: „Sehen wir uns an diesem Tag nicht lediglich als Zuhörer oder gar bloß als Zaungäste! Betrachten wir uns als Mitgewinner, führen wir die Debatte im gemeinsamen Interesse!“.