(Daniel) Jakob Kahn

Verfolgung
nach 1933
Kahn ist das uneheliche Kind der Näherin Helene Kahn. Seine Mutter ist Jüdin, sein namentlich nicht bekannter Vater ist evangelisch. Nach seiner Geburt erhält Kahn zunächst die jüdische Konfession, später tritt er zur freireiligösen Gemeinde über. Von den nationalsozialistischen Behörden wird Kahn aufgrund der Abstammung seiner Mutter als »Volljude« eingestuft und entsprechend diskriminiert. Er muss daher ab 1941 den Judenstern tragen. Kahn wehrt sich gegen diese Einstufung als »Volljude«. Unter anderem weigert er sich, mit dem Vornamen »Israel« zu unterschreiben, weshalb er von der Gestapo vorgeladen wird. Nach langen Auseinandersetzungen mit den Behörden und nach einer Eingabe beim Reichssippenamt wird schließlich die evangelische Abstammung seines Vater anerkannt. Kahn gilt fortan als »jüdischer Mischling ersten Grades«.
April 1933
Kahn ist Parteisekretär der SPD in Singen. Im April 1933 wird er im Zuge des Vorgehens der NS-Behörden gegen die SPD entlassen.
nach 1933
Nach seiner Entlassung als SPD-Parteisekretär im April 1933 wird Kahn von den NS-Behörden mehrfach in »Schutzhaft« genommen.
22.08.1944
Kahn wird am 22. August 1944 im Zuge der »Aktion Gewitter« in Singen in »Schutzhaft« genommen. Er wird in das Konzentrationslager Dachau überstellt und am 6. September 1944 in das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof verlegt. Seine Entlassung aus der Haft erfolgt am 24. September 1944.
Biografie
Volksschule
1892
Lehre als Schneider
ab 1895
Mitglied des Bekleiderarbeiter-Verbandes
1896
Eintritt in die SPD
1899
Vorsitzender des Bekleiderarbeiter-Verbandes
1900
Militärdienst
1907
SPD-Bezirksleiter in Schwetzingen
Mitarbeiter der Mannheimer SPD-Zeitung »Volksstimme« und Tätigkeit als Expedient
1909
Mitglied der badischen Ständeversammlung
ab 1912
Stadtverordneter, später stellvertretender Bürgermeister in Schwetzingen
Während des Ersten Weltkriegs dient Kahn beim Bekleidungsamt in Karlsruhe.
1918
Leiter des Schwetzinger Bezirksamtes
1919
Kommunalpolitischer Redakteur bei der »Volkszeitung« in Heidelberg
März 1921
Parteisekretär der SPD in Singen (Hohentwiel)
1922
Mitglied des Zentralverbandes der Angestellten
1922
Mitglied des Gemeinderates und stellvertretender Bürgermeister in Singen (Hohentwiel)
Mitglied des Bezirksrates Konstanz
April 1933
Arbeitslos, unterstützt durch die Fürsorge, gelegentliche Schneiderarbeiten
September 1941
Hilfsarbeiter im Labor der Chemischen Fabrik Rielasingen
nach 1945
Engagement beim Wiederaufbau der SPD in Singen (Hohentwiel)
1946
Erneut Mitglied des Gemeinderats in Singen (Hohentwiel), ab 1947 Erster Beigeordneter
Rezeption
2010
»Stolperstein« (Gedenkstein) vor dem Rathaus in Singen (Hohentwiel)
Literatur
Rapp 1929, S. 23.
Schumacher 1991, S. 147.
Reinhild Kappes: … und in Singen gab es keine Juden?, Sigmaringen 1991, S. 93-95.
Wolfgang Glaeser: »Vorwärts, mit der Roten Fahne!« Bilder aus der Geschichte der Singener Sozialdemokratie, Singen 1994, S. 42.
Weik 2003, S. 297.
Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Hrsg.): Der Freiheit verpflichtet. Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert, Berlin 2013, S. 264.