Dr. (Wilhelm) Erich Kaufmann-Bühler

Verfolgung
Juli 1933
In einem Vortrag über Bismarcks Außenpolitik äußert Kaufmann-Bühler im Juli 1933 Zweifel am außenpolitischen Kurs der nationalsozialistischen Regierung. Er wird daraufhin von der Polizei vorgeladen und verwarnt.
1933
Kaufmann-Bühler ist außerplanmäßiger Lehramtsassessor in Baden. Sein Vater war jüdischer Abstammung, weshalb er selbst als »nicht-arischer Mischling« gilt. Die Behörden betreiben daher seine Entlassung aus dem Staatsdienst. Kaufmann-Bühler erfährt am 18. Dezember 1933 von seiner bevorstehenden Entlassung als Lehramtsassessor. Um die Entlassung abzuwenden, reicht Kaufmann-Bühler am darauffolgenden Tag beim badischen Kultusministerium ein Gesuch ein. Das Gesuch wird abgelehnt, er wird mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Am 1. April 1934 wird Kaufmann-Bühler schließlich entlassen. Die rechtliche Grundlage hierfür bietet das Badische Beamtengesetz von 1931, das die Entlassung außerplanmäßiger Beamter gestattet. Kaufmann-Bühler versucht mit mehreren Eingaben bei verschiedenen Behörden, seine Entlassung rückgängig zu machen. Unter anderem wendet er sich an das Reichsinnenministerium in Berlin. Seine Entlassung wird nicht zurückgenommen, aber ihm wird ein Unterstützungsgeld in Höhe von 40 % des Ruhegelds gewährt.
1936
Kaufmann-Bühlers Wohnung wird 1936 durchsucht. Hierbei werden Unterlagen seiner historisch-wissenschaftlichen Arbeiten beschlagnahmt.
Juni 1936
Kaufmann-Bühler arbeitet ab Juni 1936 als wissenschaftliche Hilfskraft für den Evangelischen Oberkirchenrat Karlsruhe. Dort hilft er bei der Fertigstellung des »Badischen Pfarrerbuchs« (biografisches Nachschlagewerk). Ende 1938 muss der Oberkirchenrat Kaufmann-Bühler auf Druck der nationalsozialistischen Behörden entlassen. Das »Pfarrerbuch der evangelischen Kirche Badens von der Reformation bis zur Gegenwart« erscheint 1938-1939 in zwei Bänden. Kaufmann-Bühler wird als Mitarbeiter nicht namentlich erwähnt. Im Vorwort des zweiten Bands heißt es lediglich: »Besonders hat sich der junge Historiker verdient gemacht, den der Evang. Oberkirchenrat in dankenswerter Weise mit dieser Arbeit beauftragt hatte ...«
November 1938
Kaufmann-Bühler wird im November 1938 im Zuge der Reichspogromnacht kurzeitig verhaftet.
November 1938
Kaufmann-Bühlers Söhne Ernst und Dieter werden im November 1938 als »nicht-arische Mischlinge« vom Besuch des Gymnasiums ausgeschlossen.
1939
Kaufmann-Bühlers Söhne Ernst und Rolf emigrieren 1939 mit einem Kindertransport nach England.
nach 1939
Wegen angeblicher Spionage wird Kaufmann-Bühler nach 1939 mehrfach von der Gestapo verhört. Seine Post wird überwacht.
13.02.1945
Kaufmann-Bühlers Ehefrau Elisabeth (geb. Schoenflies) gilt nach nationalsozialistischen Rassekriterien als Jüdin und wird am 13. Februar 1945 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Dort bleibt sie bis zum 10. Mai 1945.
Biografie
Unehelicher Sohn der Wilhelmine Friederike Bühler und des Lederhändlers Elias Kaufmann
Volksschule in Baden-Baden
1909
Humanistisches Gymnasium in Baden-Baden
November 1917
Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg, verwundet durch eine Gasvergiftung, ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse und dem Verwundeten-Abzeichen
1919
Studium der Geschichte, der Germanistik und der Romanistik in Heidelberg
1920
Mitglied der Hochschulgruppe der Deutschen Volkspartei (DVP)
1923
Promotion an der Universität Heidelberg über das Thema »Ulrich von Huttens humanistisch-politische Gedankenwelt«
1923
Zunächst Lehramtspraktikant (Studienreferendar) am humanistischen Gymnasium in Heidelberg, dann Lehrer in Hornberg, Lahr, Heidelberg und Mannheim, ab 1926 in der Stellung eines außerplanmäßigen Lehramtsassessors
nach 1934
Nach seiner Entlassung als Lehrer gibt Kaufmann-Bühler Privatunterricht und Nachhilfe. Zudem unterstützt er Handwerksbetriebe bei der Buchhaltung. Ab Juni 1936 bis Ende 1938 arbeitet er als wissenschaftliche Hilfskraft für den Evangelischen Oberkirchenrat Karlsruhe.
1940
Kriegsdienst im Zweiten Weltkrieg in der Wehrmacht, eingesetzt in den Niederlanden
November 1945
Mitbegründer der CDU in Heidelberg, zunächst unter der Bezeichnung Christlich-Soziale Union
ab Dezember 1945
Lehrer am Kurfürst-Friedrich-Gymnasium in Heidelberg
1946
Ernennung zum Studienrat
ab Mai 1946
Stadtrat in Heidelberg
1947
Schulleiter des Bunsen-Realgymnasiums in Heidelberg
1950
Vorzeitiger Ruhestand
Literatur
Friederike Reutter: Die Gründung und Entwicklung der Parteien in Heidelberg 1945-1946, in: Heidelberg 1945, hrsg. von Jürgen C. Heß, Hartmut Lehmann, Volker Sellin, Stuttgart 1996, S. 221-224.
Andreas Cser: Geschichte der Juden in Heidelberg, Heidelberg 1996, S. 549, 573.
Weik 2003, S. 74.
Hermann Rückleben, Gerhard Schwinge (Hrsg.): Die Evangelische Landeskirche in Baden im Dritten Reich. Quellen zu ihrer Geschichte, 6, Karlsruhe 2005, S. 248.
Reinhard Riese: Erich Kaufmann-Bühler. Eine biographische Studie, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, 16, 2012, S. 123-155.