Dr. Ernst Schlapper

Verfolgung
23.10.1935
Schlapper ist Vorstandsvorsitzender der Maschinenbaufirma Ehrhardt & Sehmer in Saarbrücken. Am 23. Oktober 1935 wird er in Saarbrücken verhaftet, nach Berlin überstellt und im Gefängnis Berlin-Moabit in Untersuchungshaft genommen. Vorgeworfen werden Schlapper angebliche Devisenvergehen: Er soll einem Juden geholfen haben, Geld ins Ausland zu schaffen. Hintergrund des Vorwurfs ist, dass Schlapper Richard Kahn, einem jüdischen Hauptaktionär der Firma Ehrhardt & Sehmer, der nach Paris emigriert war, gestattet hatte, seine Firmenanteile ins Ausland zu transferieren. Schlapper wird deshalb 1937 zu zwei Jahren Haft verurteilt (unter Anrechnung der bereits verbüßten Untersuchungshaft). Im Februar 1936 wird er in das Gefängnis Berlin-Plötzensee verlegt. Dort wird Schlapper Ende August 1937 aus der Haft entlassen. Nach seiner Haftentlassung 1937 zieht er nach Baden-Baden und lebt dort als Privatmann.
1937
Schlappers Ehrendoktortitel wird im Zuge seiner Verurteilung wegen Devisenvergehens 1937 von der Ludwigs-Universität Gießen aberkannt.
Biografie
Sohn eines Schreinermeisters
1893
Volksschule, Privatschule Krupp und höhere Handelsschule in Essen
1907
Stenotypist beim Blechwalzwerk Schulz & Knaudt in Essen
1908
Ausbildung in Lyon, danach Verkaufsdisponent beim Holzsyndikat in Villeurbanne
1912
Privatsekretär des Großindustriellen August Thyssen
Prokurist beim Maschinenbau-Unternehmen Borsig
1915
Leiter der Schmierstofffirma Meguin in Dillingen (Saar), ab 1917 Generaldirektor des Unternehmens
1919
Schlapper wird von den französischen Behörden aus dem Saarland ausgewiesen.
Aufbau eines neuen Werks der Firma Meguin in Butzbach in Hessen
Mitglied des Stadtrats und stellvertretender Bürgermeister in Butzbach in Hessen
Stellvertretender Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Oberhessen
1925
Freier Berater des Internationalen Arbeitsamts in Genf
1930
Vorstandsvorsitzender der Maschinenbaufirma Ehrhardt & Sehmer in Saarbrücken
1937
Übersiedelung nach Baden-Baden
1945
Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Baden-Baden
September 1946
Oberbürgermeister von Baden-Baden
1948
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bemüht sich Schlapper um seine Rehabilitierung. Das Amtsgericht Berlin-Mitte erkennt an, dass das 1937 gegen Schlapper gefällte Urteil politisch motiviert war, und hebt es am 22. Oktober 1948 auf. Ferner stellt die Universität Gießen 1948 fest, dass die Aberkennung von Schlappers Ehrendoktortitel unwirksam war, da sie nur durch den Rektor, nicht aber durch die Fakultät erfolgte.
1948
Vorstand der Bäder- und Kurverwaltung in Baden-Baden
1962
Schlapper erlangt bundesweite Bekanntheit, als er als Oberbürgermeister und Vorstand der Bäder- und Kurverwaltung Baden-Badens die Aufführung von Bertolt Brechts Theaterstück »Mutter Courage und ihre Kinder« verbietet.
1969
Ruhestand
Rezeption
1922
Ehrendoktor der Universität Gießen
1955
Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
1969
Ehrenbürger von Baden-Baden
1991
Namenspatron des Ernst-Schlapper-Platzes in Baden-Baden
Namenspatron des Dr.-Ernst-Schlapper-Wegs in Baden-Baden
Literatur
Rolf Gustav Haebler: Geschichte der Stadt und des Kurortes Baden-Baden, 2, Baden-Baden 1969, S. 278.
Klaus Fischer: Stadt und Kurort Baden-Baden 1945-1992, Baden-Baden 1993, S. 26.
Reiner Haehling von Lanzenauer: Der Baden-Badener Oberbürgermeister Ernst Schlapper, in: Badische Heimat, 81, 2001, S. 721-723.
Reiner Haehling von Lanzenauer: Ernst Schlapper, in: Baden-Württembergische Biographien, 3, 2002, S. 356-357.
Weik 2003, S. 130.
Kühnel 2009, S. 54, 58.
Dokumente

Schreiben der Justus Liebig-Hochschule in Gießen
Schlapper wurde 1922 von der Universität Gießen ein Ehrendoktortitel verliehen, der ihm 1937 nach seiner Verurteilung wegen Devisenvergehens aberkannt wurde. Im Zuge von Schlappers Rehabilitation stellte die Universität Gießen 1948 schließlich fest, dass die Aberkennung unwirksam war.