Eugen (Anton) Bolz

Verfolgung
nach 05.05.1933
Bolz nimmt am 5. Mai 1933 an einem Parteitag der österreichischen Christlich-Sozialen Partei in Salzburg teil und hält dort eine Rede. Er wird daraufhin in der NS-Presse diffamiert, indem behauptet wird, er habe im Ausland gegen Deutschland gesprochen.
19.06.1933
Bolz wird am 19. Juni 1933 in das Stuttgarter Polizeipräsidium vorgeladen und dort in »Schutzhaft« genommen. Anschließend wird er bis zum 12. Juli 1933 im Gefängnis Hohenasperg inhaftiert. Nach seiner Entlassung aus der Haft hält sich Bolz sechs Wochen im Kloster Beuron auf.
ab 1933
Bolz wird von der Gestapo überwacht. Die NS-Behörden verweigern ihm die Erlaubnis, Vorlesungen an der Technischen Hochschule Stuttgart zu besuchen.
12.08.1945
Bolz unterhält ab 1942 Kontakte zum Widerstandskreis um Carl Friedrich Goerdeler. Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 wird er am 12. August 1944 verhaftet und im Amtsgerichtsgefängnis Stuttgart inhaftiert. Am 27. August 1944 wird er zunächst nach Berlin überführt und dann in das Konzentrationslager Ravensbrück überstellt. Dort wird Bolz mehrfach verhört und gefoltert. Am 2. November 1944 wird Bolz in das Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit gebracht. Am 21. Dezember 1944 wird Bolz vom 1. Senat des Volksgerichtshofs wegen »Aufforderung zum Hochverrat und Feindbegünstigung« zum Tode verurteilt. Anschließend wird Bolz in das Berliner Gefängnis Lehrter Straße gebracht und dort am 23. Januar 1945 durch das Fallbeil hingerichtet.
Biografie
Sohn eines Kaufmanns
1888
Volksschule und Lateinschule in Rottenburg
1896
Karlsgymnasium in Stuttgart
1900
Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen, Bonn und Berlin
Januar 1905
Erste höhere Justizdienstprüfung
1905
Referendar beim Amtsgericht Rottenburg, beim Landgericht Ravensburg und in einem Rechtsanwaltsbüro in Stuttgart
um 1905
Eintritt in den Windthorstbund (Jugendorganisation der Zentrumspartei)
1906
Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger beim Feldartillerie-Regiment 49 in Ulm
1909
Zweite höhere Justizdienstprüfung
Juli 1909
Hilfsarbeiter bei der Staatsanwaltschaft in Ulm
Oktober 1910
Hörer volkswirtschaftlicher Vorlesungen in Berlin
vor 1911
Eintritt in die Zentrumspartei
ab Februar 1911
Assessor bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart
1912
Mitglied der württembergischen Landstände
1913
Mitglied des Reichstags
1914
Kriegsdienst als Reserveoffizier im Reichsentschädigungsamt in Brüssel
Dezember 1918
Amtsrichter in Stuttgart
Oktober 1919
Württembergischer Justizminister
Juni 1923
Württembergischer Innenminister, ab Juni 1928 gleichzeitig württembergischer Staatspräsident
ab 1928
Bevollmächtigter zum Reichsrat
1933
Steuerberater des Klosters Beuron und juristischer Berater des Caritasverbands
nach 1933
Mitglied einer Gruppe von hauptsächlich ehemaligen Zentrumspolitikern, die sich regelmäßig im Europäischen Hof (Vincentiushaus) in Stuttgart trifft
ab 1935
Teilhaber der Deckensteinfabrik C. H. Bauer & Co. in Stuttgart
ab 1942
Kontakte zum Widerstandskreis um Carl Friedrich Goerdeler
Rezeption
1928
Ehrendoktor der Universität Tübingen
1929
Ehrenbürger der Technischen Hochschule Stuttgart
1931
Ehrenbürger der Stadt Rottenburg
1957
Gedenktafel an der Kirche St. Moritz in Rottenburg
Namenspatron zahlreicher Straßen und Plätze, unter anderem in Böblingen, Ludwigsburg, Esslingen am Neckar, Ulm, Laupheim, Reutlingen, Tübingen und Berlin
Namenspatron von Schulen in Rottenburg, Ellwangen, Bad Waldsee, Kornwestheim, Meckenbeuren und Wolpertswende
Bronzetafel an seinem Geburtshaus in der Königstraße 53 in Rottenburg am Neckar
Namenspatron eines Sitzungssaals im Landtag Baden-Württemberg
Mahnmal des österreichischen Künstlers Alfred Hrdlicka in Stuttgart-Mitte (Königsbau)
2004
Namenspatron einer Glocke der Kirche St. Moritz in Rottenburg
2006
Ehrung durch eine Briefmarke in der Reihe »Aufrechte Demokraten«
2015
Eröffnung eines Verfahrens zur Seligsprechung
2017
Namenspatron des Eugen-Bolz-Hauses in Stuttgart (Neubau des baden-württembergischen Staatsministeriums)
Literatur
Josef Nolte: Eugen Bolz, in: Christen im Widerstand gegen das Dritte Reich, hrsg. von Joël Pottier, Stuttgart 1995, S. 567-580.
Joachim Köhler: Eugen Bolz, in: Zeugen des Widerstands, hrsg. von Joachim Mehlhausen, Tübingen 1996, S. 111-141.
Weik 2003, S. 309.
Frank Raberg: Eugen Bolz, in: Politische Köpfe aus Südwestdeutschland, hrsg. von Reinhold Weber, Stuttgart 2005, S. 157-166.
Frank Raberg: Eugen Bolz. Zwischen Pflicht und Widerstand, Leinfelden-Echterdingen 2009.
Franziska Dunkel: Eugen Bolz. Terror gegen einen Aufrechten, in: Hohenasperg. Ein deutsches Gefängnis, hrsg. vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart 2011, S. 118-121.
Reinhold Weber: Eugen Bolz. Christ und Staatspräsident im Widerstand, in: Menschen, die uns bewegten. 20 deutsche Biografien im 20. Jahrhundert, hrsg. von Ines Mayer, Köln 2014, S. 92-99.
Ansbert Baumann: Eugen Anton Bolz, in: Württembergische Biographien, 3, 2017, S. 22-25.
Thomas Schnabel, Peter Steinbach, Irene Pill (Red.): »Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen«. Eugen Bolz 1881 bis 1945, hrsg. vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Ubstadt-Weiher, Heidelberg, Basel 2017.
Thomas Schnabel: Eugen Bolz. Württembergischer Minister, Staatspräsident und Widerstandskämpfer, in: Villingen im Wandel der Zeit, 41, 2018, S. 44-56.