Prof. Dr. Fritz Eberhard (geb. von Rauschenplat)

Verfolgung
Frühjahr 1933
Eberhard arbeitet als Lehrer für Volkswirtschaft und Öffentliches Recht am Landerziehungsheim Walkemühle (bei Melsungen in Hessen) des Internationalen Sozialistischen Kampf-Bunds (ISK). Im Frühjahr 1933 wird die Walkemühle von der SA besetzt. Eberhard wird wie die übrigen Lehrer der Schule unter Hausarrest gestellt. Nach etwa einer Woche gelingt es Eberhard, zu entkommen - unter dem Vorwand, er müsse Kinder, die zu ihren Eltern fahren, zum Bahnhof begleiten.
1933
Gegen Eberhard wird 1933 ein Haftbefehl wegen Vorbereitung zum Hochverrat erlassen. Er taucht daraufhin unter und lebt unter verschiedenen Tarnnamen, darunter Fritz Eberhard, illegal in Berlin-Lichtenberg. Dort setzt er seine Arbeit für den inzwischen verbotenen ISK fort. Außerdem ist er für die illegale Unabhängige Sozialistische Gewerkschaft (GSU) tätig und publiziert unter Pseudonym verschiedene gegen das NS-Regime gerichtete Artikel. 1937 flieht Eberhard über Zürich und Paris nach London ins Exil.
Ende 1933
Eberhard ist Redakteur der ISK-Zeitung »Der Funke«. Ende 1933 wird er - als er bereits untergetaucht ist - im Zuge des Verbots der Zeitung durch die NS-Behörden entlassen.
Biografie
Geboren als Adolf Arthur Egon Hellmuth Freiherr von Rauschenplat
1905
Gymnasium Hohenbaden in Baden-Baden
1914
Studium der Staatswissenschaften in Frankfurt und Heidelberg
1915
Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg
1918
Studium der Staatswissenschaft und der Nationalökonomie in Heidelberg und Tübingen mit Abschluss einer Promotion
Einjährige Tätigkeit im Kommunaldienst in Dresden
1921
Eintritt in den Internationalen Jugendbund, aus dem 1925 der Internationale Sozialistische Kampf-Bund (ISK) hervorgeht
Kaufmännischer Leiter in der Firma seines Schwiegervaters in Schwäbisch Gmünd
1922
Eintritt in die SPD
ab 1923
Lehrer für Volkswirtschaft und Öffentliches Recht im ISK-Landerziehungsheim Walkemühle (bei Melsungen)
Rauschenplat scheidet aus der Firma seines Schwiegervaters aus und lässt sich von seiner Ehefrau scheiden.
1925
Ausschluss aus der SPD
1932
Hauptberuflicher Leiter der Wirtschaftsredaktion der ISK-Tageszeitung »Der Funke«
1933
Rauschenplat lebt illegal in Berlin-Lichtenberg. Er nimmt den Namen Fritz Eberhard an und arbeitet weiter für den verbotenen ISK.
ab 1934
Eberhard organisiert als Reichsleiter der Unabhängigen Sozialistischen Gewerkschaft (USG) überparteilichen Widerstand gegen das NS-Regime.
Eberhard veröffentlicht unter verschiedenen Pseudonymen in der Stuttgarter »Sonntagszeitung« Artikel gegen den Nationalsozialismus. Er beteiligt sich an den sogenannten »Reinhart-Briefen« (illegal verbreitete Informationsschriften des ISK).
1937
Flucht über Zürich und Paris nach London
In London Tätigkeit für die BBC, für den Sender der Europäischen Revolution (unabhängiger sozialistischer Hörfunksender) und das German Educational Reconstruction Committee
Mai 1945
Rückkehr nach Deutschland und in Stuttgart Tätigkeit für das Office of Strategic Services und den amerikanischen Sender Radio Stuttgart
1945
Wiedereintritt in die SPD
1947
Offizielle Vollziehung der Namensänderung
1947
Berufung zum Staatssekretär für die mit der Ausarbeitung eines Friedensvertrages zusammenhängenden Fragen in Württemberg-Baden
1947
Mitherausgeber der Monatszeitung »Stuttgarter Rundschau« und Leiter des Deutschen Büros für Friedensfragen
September 1949
Intendant des Süddeutschen Rundfunks
1961
Honorarprofessor und Direktor des Instituts für Publizistik der Freien Universität Berlin
Rezeption
1958
Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
1979
Carl-von-Ossietzky-Medaille
1981
Adolf-Grimme-Preis
1997
Gründung der Fritz-Eberhard-Gesellschaft zur Förderung der Journalisten-Weiterbildung
Literatur
Hans Bohrmann: Rundfunkintendant Fritz Eberhard zum 100. Geburtstag, in: Rundfunk und Geschichte, 22, 1996, S. 244-246.
Erhard H. M. Lange: Wegbereiter der Bundesrepublik, Brühl 1999, S. 122-132.
Ansgar Diller: Fritz Eberhard. Politiker und Publizist. Ein Repräsentant der Remigration im Nachkriegsdeutschland, in: Kulturberichte, 2, 2000, S. 20-23.
Bernd Sösemann: Informationen aus dem Untergrund. Fritz Eberhards publizistische Beiträge in »Sozialistische Warte« und »Die Sonntags-Zeitung« während der nationalsozialistischen Diktatur, in: Deutsche Publizistik im Exil 1933 bis 1945, hrsg. von Markus Behmer, Münster 2000, S. 245-260.
Bernd Sösemann (Hrsg.): Fritz Eberhard. Rückblicke auf Biographie und Werk, Stuttgart 2001.
Konrad Dussel: Fritz Eberhard. Vom ISK-Funktionär zum Rundfunkintendanten, in: Zwischen den Stühlen? Remigranten und Remigration in der deutschen Medienöffentlichkeit der Nachkriegszeit, hrsg. von Claus-Dieter Krohn, Hamburg 2002, S. 343-365.
Weik 2003, S. 39.
Konrad Dussel: Fritz Eberhard, in: Baden-Württembergische Biographien, 6, 2016, S. 76-81.