Marta Schanzenbach (geb. Lehmann)

Verfolgung
Anfang 1933
Schanzenbach arbeitet als Fürsorgerin im Jugendamt Prenzlauer Berg in Berlin. Anfang 1933 wird sie wegen »staatsfeindlicher Gesinnung« entlassen und erhält Berufsverbot. (Erst 1939 - als mit Beginn des Zweiten Weltkrieges viele männliche Mitarbeiter der Sozialämter zur Wehrmacht eingezogen werden - erhält Schanzenbach wieder die Möglichkeit, in Berlin als Fürsorgerin zu arbeiten. Sie betreut Prostituierte, Zuhälter, Juden sowie Roma und Sinti.)
Oktober 1933
Schanzebachs lebt mit ihrem Partner Albert Schanzenbach in einer gemeinsamen Wohnung in Berlin. Albert Schanzenbach ist ebenfalls als Fürsorger tätig und wird von den NS-Behörden gleichfalls mit Berufsverbot belegt. Da es im Nationalsozialismus schwierig ist, als unverheiratetes Paar eine Wohnung zu teilen, heiraten Marta und Albert Schanzenbach im Oktober 1933.
Ende 1933
Schanzenbach wird Ende 1933 fotografiert, als sie sich mit einem Bekannten trifft, der von der Gestapo gesucht wird. Schanzenbach gerät daraufhin in den Verdacht, sich illegal zu betätigen. In der Folge wird ihre Wohnung von der Gestapo durchsucht. Schanzenbach selbst wird für den Tag nach der Hausdurchsuchung zu einem Verhör in die Berliner Gestapo-Zentrale vorgeladen. Nachdem sie einige Stunden verhört wurde, wird Schanzenbach mit der Bemerkung, sie stehe nun unter Beobachtung, wieder entlassen. In den ersten Wochen nach dem Verhör hat Schanzenbach deshalb Angst, allein zu Hause zu bleiben. Sie verlässt morgens mit ihrem Ehemann die Wohnung, läuft durch den Berliner Grunewald und kehrt abends zurück, als ihr Ehemann wieder zu Hause ist.
Biografie
Tochter einer Modistin und eines ungelernten Arbeiters, der der SPD in Gengenbach angehört
Volksschule und Mittelschule
1917
Bürgerschule in Gengenbach, dort 1919 zur Schülerrätin gewählt
1921
Tätigkeit im elterlichen Haushalt
1923
Mitbegründerin der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) in Gengenbach, dort Kreisvorsitzende für den Schwarzwaldkreis
1925
Eintritt in die SPD
1925
Verkäuferin in der Konsumgenossenschaft in Gengenbach
1928
Ausbildung als Kinderpflegerin in Karlsruhe und Mannheim
1929
Ausbildung als Fürsorgerin an der Wohlfahrtsschule des Hauptausschusses der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Berlin
1931
Fürsorgerin im Jugendamt Prenzlauer Berg in Berlin
1939
Fürsorgerin in Berlin
1940
Schanzenbachs Ehemann Albert Schanzenbach wird 1940 als Soldat zur Wehrmacht eingezogen. Ab 1944 gilt er als im Krieg verschollen.
1943
Fürsorgerin in Gengenbach
1945
Mitglied des Landesvorstands der SPD Baden
1947
Mitbegründerin des Bundesfrauenausschusses der SPD, 1958 bis 1966 dessen Vorsitzende
1949
Mitglied des Hauptvorstandes der Arbeiterwohlfahrt (AWO)
1958
Mitglied des Bundesvorstandes und des Parteipräsidiums der SPD
Rezeption
1963
Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
1969
Großes Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
1971
Marie-Juchacz-Plakette der Arbeiterwohlfahrt (AWO)
1972
Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
1977
Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg
1996
Namenspatronin des Seniorenzentrums der Arbeiterwohlfahrt in Offenburg
1997
Ehrenbürgerin von Gengenbach
2001
Namenspatronin der Marta-Schanzenbach-Straße in Offenburg
2005
Namenspatronin des Marta-Schanzenbach-Gymnasiums in Gengenbach
Namenspatronin des Marta-Schanzenbach-Wegs in Gengenbach
Literatur
Renate Lepsius: Frauenpolitik als Beruf. Gespräche mit SPD-Parlamentarierinnen, Hamburg 1987, S. 14, 16, 19, 23, 31.
Renate Lepsius: Die Genossin, in: Emma, 3, 1988, S. 32-37.
Regine Marquardt: Das Ja zur Politik. Frauen im Deutschen Bundestag 1949-1961. Ausgewählte Biographien, Opladen 1999, S. 179-213.
Vierhaus Herbst 2002, S. 727-728.
Renate Tebbel: Marta Schanzenbach. Eine Frau der ersten Stunde, Freiburg im Breisgau, Basel, Wien 2010.
Hochreuther 2012, S. 381.
Renate Tebbel: Marta Schanzenbach, in: Baden-Württembergische Biographien 5, 2013, S. 350-353.