Otto Osterwald

Verfolgung
15.03.1933
Osterwald ist Bürgermeister in Herdwangen. Am 15. März 1933 findet dort eine nationalsozialistische »Erhebungsfeier« mit Fackelzug statt. Osterwald hat zusammen mit dem Gemeinderat von NSDAP-Ortsgruppenleiter Otto Wezel eine Einladung zur Feier erhalten. Nach anfänglichem Zögern nimmt Osterwald teil und erscheint in Frack und Zylinder. Osterwald muss die Feier jedoch auf Druck des NSDAP-Kreisleiters Josef Weißhaupt wieder verlassen. Weißhaupt greift Osterwald anschließend in einer Rede scharf an und nennt ihn einen »Landesverräter«.
Ende März 1933
Die NSDAP-Kreisleiter Josef Weißhaupt wirft Bürgermeister Osterwald Amtsmissbrauch vor und fordert seine Absetzung. Ende März 1933 wird deshalb vom Pfullendorfer Bezirksamt eine Untersuchung gegen Osterwald eingeleitet. Osterwald wird bis zum Abschluss des Verfahrens beurlaubt. Der Pfullerndorfer Landrat Rudolf Maier stellt sich während des Untersuchungsverfahrens auf die Seite Osterwalds und gibt eine Einschätzung zu seinen Gunsten ab. Das badische Innenministerium verzichtet deshalb im Juli 1933 auf eine Amtsenthebung Osterwalds. Angesichts des dennoch anhaltenden nationalsozialistischen Drucks bittet Osterwald schließlich am 26. Juli 1933 selbst um seine Versetzung in den Ruhestand.
1933
Osterwald wird 1933 mehrfach »wegen geheimer Umtriebe« bei der Gestapo angezeigt und daraufhin verhört. Aus Angst, in »Schutzhaft« genommen zu werden, verlässt Osterwald zeitweise Herdwangen und kehrt nur für kurz Aufenthalte zurück.
nach 1933
Osterwalds Gastwirtschaft Zum Adler sowie seine Zigarrenfabrik werden von Anhängern des Nationalsozialismus boykottiert.
August 1944
Die NS-Behörden beabsichtigen, Osterwald im August 1944 im Rahmen der »Aktion Gewitter« zu verhaften. Der Haftbefehl wird jedoch - aus ungeklärten Gründen - nicht ausgeführt.
Biografie
Sohn eines Landwirts und Wagnermeisters
1894
Volksschule
1902
Lehre als Wagner bei seinem Vater in Herdwangen und Besuch der Gewerbeschule in Pfullendorf
Mai 1905
Als Wagnergeselle auf Wanderschaft, unter anderem in Lichtental bei Baden-Baden, Wiesbaden, Mönchengladbach, Solingen, Lübeck, Stuttgart und Reichenbach an der Fils
1906
Tätigkeit im elterlichen Betrieb in Herdwangen
Eintritt in die Deutsche Zentrumspartei
ab 1908
Korrespondent für die Zeitungen »Pfullendorfer Anzeiger«, »Heuberger Volksblatt« in Meßkirch, »Deutsche Bodenseezeitung« in Konstanz und »Die Gemeinde« in Karlsruhe
Oktober 1909
Militärdienst in Durlach
1913
Meisterprüfung als Wagner und Übernahme des elterlichen Betriebs in Herdwangen
1914
Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg, unter anderem als Frontsoldat in den Vogesen
Mai 1921
Bürgermeister der Gemeinde Herdwangen
1924
Erster Vorstand der landwirtschaftlichen Ortsgenossenschaft in Herdwangen
1927
Osterwald erwirbt und betreibt die Gastwirtschaft Zum Adler in Herdwangen. Einen Teil des Wirtschaftsgebäudes verpachtet er bis 1930 an die Freiburger Seidenfadenspulerei Mez Vater und Söhne.
Juli 1933
Tätigkeit als Zigarrenfabrikant
1939
Osterwald arbeitet in der von seiner Frau betriebenen Postagentur.
Juni 1945
Bürgermeister der Gemeinde Herdwangen, von der französischen Militärregierung kommissarischer ernannt
Rezeption
1997
Namenspatron der Otto-Osterwald-Straße in Herdwangen-Schönach
Literatur
Ursula Krause-Schmitt (Red.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Baden-Württemberg II, Regierungsbezirke Freiburg und Tübingen, 5, 2, Frankfurt am Main 1997, S. 265.
Ernst Edwin Weber: Ein christlicher Demokrat in schwerer Zeit. Der badische Zentrumspolitiker, Landtagsabgeordnete und Herdwanger Bürgermeister Otto Osterwald (1887–1967), in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 116, 1998, S. 153-172.
Weik 2003, S. 299.