13. Februar 2025

Bildungsmesse Ulm

Landespräsidentin Muhterem Aras mit Handwerker

Anrede

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich sehr, heute bei Ihnen in Ulm zu sein. Für die Einladung, zur Eröffnung der 12. Bildungsmesse zu sprechen, danke ich der Stadt Ulm und der Industrie- und Handelskammer Ulm sehr.

Das breite Bündnis der Bildungsmesse aus Kammern, Verbänden, Unternehmen, der Bundesagentur für Arbeit, Kommunen und den Medien ist eine Erfolgsgeschichte:

2023 erreichte die Bildungsmesse an die 45.000 junge Menschen und ihre Eltern. Sie gab 45.000 Menschen Ideen für den weiteren Lebensweg, sie gab 45.000 Menschen Orientierung. Und ich bin sicher: auch dieses Jahr ist die Nachfrage ungebrochen groß. Denn: Wer braucht sie nicht, die Orientierung?

Als Schülerin, als Schüler denkt man, mit dem Schulabschluss hätte man es geschafft: Man sei erwachsen, man wüsste alles. Dann kommt die Ausbildung, oder das Studium – und man stellt fest, dass die Schule nur der Anfang war.

Sehr geehrte Damen und Herren, aus der Bildung heraus entwickelt sich der Mensch; aus der Bildung heraus entwickelt sich der Mensch selbst: seine Stärken und Interessen; seine Wünsche für die Zukunft; und vielleicht findet er auch einen Anker in der Vergangenheit. Findet einen Sinn. Etwas, das ihn oder sie antreibt.

Als ich im Alter von 12 Jahren nach Deutschland kam und in die 5. Klasse einer Hauptschule eingeschult wurde, sprach ich kein Wort Deutsch! Ich war zwar offen und neugierig – in der noch fremden neuen Heimat war ich dennoch ziemlich verloren. 

Mein Anker war eine großartige Klassenlehrerin, die uns individuell gefördert hat, als „individuelle Förderung“ in der Bildungspolitik noch gar kein Begriff war. Diese  junge Lehrerin – Frau Sess - hat uns als Menschen als Individuen mit Potentialen gesehen. Potentiale, die sie nicht nur gesehen, sondern auch gefördert hat. Trau dich und vertrau‘ auf dich! Das war ihre Botschaft an mich. 

Ich hoffe, jeder und jede von Ihnen kann solch eine Geschichte erzählen. Von Menschen, die an Sie geglaubt haben, die Sie gestärkt haben, die Ihnen Kraft gegeben haben. Von Ratschlägen, die Ihren Lebensweg positiv geprägt haben. Von dem einen Hinweis, der Sie die richtige Ausbildung hat machen lassen. Und vielleicht auch von der Ermutigung, diese auch wieder abzubrechen, weil die Interessen, Talente und Kompetenzen sich woanders besser entfalten konnten.

Mein Studienbeginn war ungefähr zur Zeit der ersten digitalen Revolution – der Einführung des ersten Personal Computers: Commodore Amiga 1000! Einige von Ihnen werden sich daran erinnern …

Knapp 40 Jahre sind seitdem vergangen, und wir befinden uns mitten in einer gigantischen Revolution der Bits und Bites und Algorithmen, von der wir nur vage ahnen, wo sie hinführen könnte.

Sehr geehrte Damen und Herren, Messen wie diese, Aussteller wie Sie, tragen dazu bei, dass junge Menschen einen Weg finden können, um in einer ungewissen Zukunft zu bestehen. Dafür danke ich Ihnen von Herzen.

Bei der Zielgruppe der diesjährigen Messe sprechen wir immer noch von einer jungen Generation, die unter den Beschränkungen der Pandemie besonders gelitten hat; die mit einem Krieg in unmittelbarer europäischer Nachbarschaft aufwächst; und die – in vielerlei Hinsicht –kaum noch Grenzen kennt, weil alles nur einen Swipe oder Click entfernt zu sein scheint.

Laut der Sinus-Jugendstudie vom letzten Jahr sind die 14- bis 17-Jährigen besorgter denn je.Sie sorgen sich um Umwelt und Klima.Und auch die schwer einzuschätzende Migrationsdynamik verunsichert zusätzlich in vielerlei Dimensionen. 

Nicht zuletzt – so heißt es in der Studie – „ist für viele Jugendliche der Übergang ins Berufs- und Erwachsenenleben aufgrund der unkalkulierbaren gesellschaftlichen Entwicklungen angst-besetzt.“ Worum es jungen Menschen im Endeffekt geht, was auch positiv ist: Sie wollen dazu gehören, einen Platz in der Mitte der Gesellschaft haben. Orientierung ist daher wichtiger denn je!

Sehr geehrte Damen und Herren: Ob in Schule, Hochschule oder Ausbildungsbetrieb, die Anforderungen an Sie als Mentorin oder Lehrer, Chefin oder Ausbilder, sind hoch! Als Unternehmen sind Sie ständig gefordert, die wirtschaftliche Existenz abzusichern – schließlich tragen Sie auch Verantwortung für Ihre Beschäftigten und deren Familien. Und ich weiß, das wirtschaftliche Umfeld ist zurzeit nicht einfach!

Junge Talente zu gewinnen, zu halten, im Wettbewerb herauszustechen und ‚mit der Zeit zu gehen‘, auch all das ist herausfordernd! Und ja, alles im Wissen, dass junge Leute mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr ein ganzes Arbeitsleben bei einem Arbeitgeber verbringen werden.

Orientierung brauchen wir alle. Besonders auch in der digitalen Welt: mit ihren medialen Echokammern, echten und gehypten Problemen, Erregungs-Algorithmen und künstlichen Intelligenzen. Ob jung oder alt, der Umgang mit KI muss gelernt werden.

Die Aufdeckung von Desinformation oder auch von fehlschlüssiger Argumentation muss zur demokratischen Grundausbildung gehören. Für Lehrkräfte, die die mündigen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger von morgen ausbilden, ist das mit die größte Herausforderung unserer Zeit!

Bei der kommenden Bundestagswahl in zehn Tagen können nun 2,3 Millionen Erstwählerinnen und Erstwähler zum ersten Mal ihre Stimme erheben: Junge Menschen mit einem besorgten Blick in die Zukunft, mit Sehnsucht nach Sicherheit und dem Wunsch nach Gesehen-werden; mit großer Hoffnung auf eine “bürgerliche Normalbiografie” und mit einer doch positiven Alltagszufriedenheit.

 

Wir wissen, dass es für die demokratische Entwicklung einer Gesellschaft große Gefahren birgt, wenn die Hoffnung auf eine gute Zukunft verloren geht. Also müssen wir alles dafür tun, dass das nicht geschieht!

Ich bin überzeugt: Eine qualifizierte Ausbildung, eine solide Ausbildung. ist die beste Investition für eine gute Zukunft! Daher ist Ihre Präsenz als Aussteller auf der Bildungsmesse so viel mehr als ‚nur‘ das Angebot freier Ausbildungsplätze in unterschiedlichen Berufen oder Studienrichtungen: Als Betrieb oder Bildungseinrichtung haben Sie einen großen Anteil daran, jungen Menschen eine berufliche Heimat und damit verbunden mentale wie ökonomische Sicherheit zu geben.

Neben der Familie sind Sie wahrscheinlich der engste Bezugspunkt für junge Menschen, die ihre Zukunft ein Stück weit Ihnen anvertrauen. Sie sorgen für einen Platz in einer Gemeinschaft und ermöglichen Teilhabe. Sie bieten Wertschätzung und damit einen Platz in der Gesellschaft.

Teilhabe ist so wichtig: sie formt den Menschen, und entscheidet am Ende auch mit darüber, ob sich jemand in unserer Demokratie beheimatet fühlt. Und ob jemand für unsere Demokratie eintritt, unsere Demokratie schützt.

Der erste Schritt, um unsere Demokratie zu schützen, ist die Erkenntnis, dass Jede und Jeder etwas tun kann, dass Jede und Jeder Verantwortung übernehmen kann. Dass wir uns gegenseitig stärken und unterstützen, in der Nachbarschaft, in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz.

Im direkten Kontakt erleben wir, was Demokratie wirklich bedeutet: das Aufstehen für eine Idee, das Aufeinander-Zugehen, die Kompromisse im Sinne der Gemeinschaft. 

All das erleben wir nicht im digitalen Raum. All das erleben wir dort, wo wir beheimatet sind: in einem freundlichen, wertschätzenden Umfeld, in einem engagierten Betrieb, in einer demokratischen Interessensvertretung, in einer mutmachenden Bildungseinrichtung.

Und immer dort, wo Menschen miteinander ins Gespräch kommen, sich mit Respekt und Anstand begegnen, sich zuhören, sich inspirieren und gegenseitig motivieren.

Für all das bietet die Bildungsmesse Zeit und Raum, dafür danke ich Ihnen sehr und wünsche gutes Gelingen!

Enden möchte ich mit einer Bitte: Gehen Sie am 23. Februar wählen und geben Sie Ihre Stimme einer Partei, die auf dem Boden des Grundgesetzes steht! Denn nur so bewahren wir unsere Freiheitsrechte auch für die nächste Generation!

Vielen Dank.