16. Juli 2025

Festakt zur Eröffnung des Instituts für Rechtsextremismusforschung (IRex)

Aras redet

Liebe Gäste, 

Wissenschaft lebt von Wahrheit, sie strebt nach Evidenz, sie beruht auf Präzision, und sie entfaltet sich nur, wenn Menschen genau hinsehen. Der Rechtsextremismus dagegen lebt von der Lüge. Er verzerrt. Er verallgemeinert. Und er entfaltet sich nur, wenn Menschen wegschauen. Der Rechtsextremismus kann nur auf einem Boden gedeihen, in den das Gift seiner Lügen eingesickert ist. Dafür muss er den Boden der Tatsachen komplett umpflügen, muss Demokratie zur Diktatur erklären, Autokraten zu Kämpfern der Freiheit, Bedürftige zur Bedrohung und Täter zu Opfern. 

Der Rechtsextremismus und seine Vollstrecker verleugnen die Vergangenheit, dramatisieren die Gegenwart und versprechen für die Zukunft das Blaue vom Himmel. Um das Übel an der Wurzel zu packen, gilt es also, für die Wahrheit einzustehen.

Die Arbeit am IRex steht noch am Anfang – und ein Ende kennt sie nicht: Mit jedem Tag wird der Forschungsbereich größer und leider auch bedeutender. Alle 13 Minuten wird eine rechte Straftat begangen. Durchschnittlich vier rechtsextreme Gewalttaten werden in Deutschland pro Tag verübt. Rund 200 Menschenleben wurden seit 1990 durch rechte Gewalt ausgelöscht. 

Die Wochenzeitung "Die Zeit" hat in einer Langzeitrecherche dargelegt, dass etliche rechtsextreme Morde der vergangenen Jahrzehnte nicht als solche erkannt oder gelistet worden sind, zum Beispiel Angriffe von Rechtsextremen auf Obdachlose. Dass der Sozialdarwinismus zu jenem Weltbild gehört, – und nicht etwa „nur“ Rassismus und Antisemitismus – das ist offenbar selbst manchen Behörden nicht bewusst. Auch die Frauen- und Queerfeindlichkeit geht erschreckend oft unter, geht, der Rechtsextremismus doch insbesondere von Männern aus, die Gleichheit fürchten und Vielfalt verachten. 

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Kleffner, dass Sie heute die Sicht der von rechter Gewalt Betroffenen wiedergeben. Und tausend Dank stellvertretend an Sie, für die wichtige Arbeit in den Beratungsstellen!

Deshalb ist die Forschung am IRex so wertvoll: sie fügt die Puzzleteile Stück für Stück zu einem Ganzen zusammen, gibt einen Überblick über die Strategien, Netzwerke und Angriffsziele der Rechten, darüber, was rechtsextreme Bedrohung bedingt und befeuert, aber womöglich auch bändigt und bezwingt. Eine Perspektive über den Tellerrand hinaus: international und fachübergreifend. Das Wissen zu schaffen wird aber nicht reichen. Das Wissen muss auch angenommen und aufgegriffen werden.

Schon vor rund zehn Jahren haben Politologen dargelegt, dass der glasklare Rechtsextremist Björn Höcke in seiner Partei den Ton angibt. Und doch wirken viele Menschen überrascht, wie sich die AfD seither radikalisiert hat. Genauso gibt es etliche Belege, dass es nur das Original stärkt, wenn andere Parteien rechtsextreme Sprache und Konzepte kopieren.

Wäre sich unsere Gesellschaft wirklich der Gefahr bewusst, würden wir vermutlich so manche Debatte ganz anders führen. Es ist nicht zu früh, alle Mittel des Rechtsstaates zu nutzen, sondern höchste Zeit! Selbst das schärfste Schwert des Rechtsstaates haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes geschmiedet und geschliffen für genau diesen Fall!

Meine Damen und Herren, 

es ist an uns allen, an allen demokratischen Akteuren, ob in Wissenschaft, Zivilgesellschaft oder Berufspolitik, auf das vorhandene Wissen zurückzugreifen und es in vernünftiges Handeln zu übersetzen! Wissenschaft lebt von Wahrheit! Und Wahrheit ist ein Gegengift, das wir in Politik und Gesellschaft dringend brauchen!

Sehr geehrte Frau Professorin Dr. de Jonge, sehr geehrte Frau Professorin Dr. Heft, sehr geehrte Frau Professorin Dr. Radvan, sehr geehrter Herr Baur, sehr geehrter Herr Dr. Frankenberger, herzlichen Dank, dass Sie daran arbeiten! 

Ihnen und allen Mitwirkenden am IRex wünsche ich für Ihre wichtige Aufgabe größtmögliche Unterstützung, starke Nerven und einen langen Atem!