04. Mai 2022

Grußwort beim Festakt zum Landesjubiläum Vereint in Vielfalt

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Menschen in und aus Baden-Württemberg!

Schön, dass Sie zu uns in den Landtag gekommen sind. Oder, dass Sie online mit dabei sind. Wir feiern gemeinsam 70 Jahre Baden-Württemberg! Wir feiern: „Vereint in Vielfalt“.

Die jungen Menschen - zufällig ausgewählt auf den Straßen und Plätzen von Freiburg, Tübingen, Stuttgart und Karlsruhe - haben es uns lebhaft, herzensklug und elanvoll gezeigt: Baden-Württemberg ist vereint in Vielfalt! Man glaubt es kaum, dass der Gründung 1952 Jahre der Streitigkeiten vorausgegangen waren. Schließlich ebnete eine Volksabstimmung den Weg zur Gründung Baden- Württembergs vor 70 Jahren. „Wir bauen einen neuen Staat“ - das war das Ziel der Politikerinnen und Politiker in der Verfassungsgebenden Landesversammlung 1952.  

Doch wie sollte dieser Staat aussehen? 1952 stand der neugegründete Südweststaat vor ungeheuren Problemen. Das Land war nach dem Krieg zerstört, es fehlten Wohnungen, Arbeitsplätze, Nahrung. Es fehlte an Allem.

Und nach heftigen politischen und gesellschaftlichen Debatten musste aus verschiedenen Regionen und Landesteilen, aus verschiedenen Traditionen und Selbstverständnissen, ein Bundesland neu aufgebaut werden. Viele fragten sich damals: Wie kann das unter diesen Voraussetzungen gelingen?

Meine Damen und Herren, 
es gelang gerade deswegen! Baden-Württemberg besitzt eine lebendige regionale und vielfältige Kultur. Baden-Württemberg verbindet Heimatliebe mit Weltoffenheit. Wir leben heute Vielfalt in Einheit. Auch deshalb ist Baden-Württemberg heute wirtschaftlich so stark. Das feiern wir heute gemeinsam.

Aus dem Landtag begrüße ich herzlich die Fraktionsvorsitzenden:

Herrn Schwarz 
Herrn Hagel 
Herrn Stoch 
Herrn Gögel 
sowie den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Herrn Haußmann 

Herzlich begrüße ich auch meinen Kollegen Herrn Vizepräsidenten Dr. Reinhart.

Für die Landesregierung begrüße ich Herrn Minister Lucha, Frau Ministerin Gentges und Frau Ministerin Razavi. Stellvertretend für die Justiz begrüße ich Herrn Bundesrichter Dr. Herr.

Ebenfalls begrüße ich die Damen und Herren Abgeordneten aus dem Bundestag. Sehr herzlich willkommen heiße ich: die Vertreterinnen und Vertreter des konsularischen Korps.

Für die Kirchen und Religionsgemeinschaften begrüße ich die Landesbischöfin Frau Prof. Springhart, den Landesbischof Herrn Dr. July, den Weihbischof Herrn Renz, Frau Prof. Traub, Herrn Suliman und Herrn Dr. Önder. 

Ich begrüße die vielen Vertreterinnen und Vertreter aus den Ministerien, den Regierungspräsidien, den Landratsämtern, den Städten und Gemeinden, den Verbänden und des Landeskommandos Ba-Wü. Ich begrüße die Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaften und Arbeitgeber und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien. Außerdem begrüße ich eine Delegation aus Oulu in Nordfinnland unter der Leitung von Frau Generaldirektorin Terttu Savolainen.

Ich freue mich sehr, dass Frau Edith Dahl anwesend ist.

Liebe Frau Dahl, 
Sie begleiteten am 19. November 1953 ihren Großvater zum Staatsakt zur Feier des Inkrafttretens der Landesverfassung. Ihr Großvater war der SPD-Politiker David Stetter, der letzte Arbeitsminister des Landes Württemberg-Baden. Sie selbst sind seit 60 Jahren politisch aktiv und sind heute in Begleitung ihrer Tochter hier – herzlich willkommen!

Meine Damen und Herren,
wo wir herkommen ist eine spannende Frage.

Strittige Themen wie

  • die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit,
  • Aufrüstung, Vietnamkrieg,
  •  Atomkraft,
  • Gleichberechtigung oder sexuelle Orientierung

führten in den vergangenen Jahrzehnten zu harten Auseinandersetzungen in den Parlamenten und auf der Straße.

Wie beeinflussten diese Auseinandersetzungen der Nachkriegsgeneration die demokratische Entwicklung unserer Gesellschaft? Antworten auf diese Fragen kennen Herr Prof. Weber und Frau Dr. Hausen von der Landeszentrale für politische Bildung. Sie sind ausgewiesene Kenner unserer 70-jährigen Landesgeschichte. Sie haben uns Originalfotos aus den sieben Jahrzehnten mitgebracht und werden uns gleich mit auf eine Zeitreise nehmen.

Liebe Gäste:
Wer sind die Menschen, die unser Bundesland geprägt haben und heute noch prägen?

Die Gründung des Südweststaates vereinte nicht nur die von den Alliierten geschaffenen Staatsgebiete Baden, Württemberg-Baden und Württemberg- Hohenzollern. Baden-Württemberg war immer schon weit mehr als ‚die Badener‘ und ‚die Württemberger‘.

Wir blicken auf eine reiche, multikulturelle Geschichte zurück: Kelten, Römer und Germanen haben ihre Spuren hinterlassen. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestand der deutsche Südwesten aus rund 600 selbstständigen Territorien. Zeitgenossinnen und Zeitgenossen haben das teilweise als „Kleinstaaterei“ geschmäht.

Heute wissen wir: Die Konkurrenz vieler kleiner Herrschaftsgebiete,die Konkurrenz um die besten Architekten, um Kunstschaffende und Gelehrte hat uns einen einzigartigen kulturellen Reichtum beschert. Nach dem zweiten Weltkrieg kamen viele Vertriebene aus Mittel- und Osteuropa dazu.

Später dann erste Arbeitsmigranten aus Italien, Spanien, Portugal, aus Griechenland, der Türkei, dem ehemaligen Jugoslawien und heute: aus aller Welt.

Auch all diese Menschen schufen mit ihrer Kultur, ihrer Arbeit und ihrem Erfindergeist unser heutiges Baden-Württemberg.

In den letzten Jahrzehnten boten wir erneut eine neue Heimat für Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen ihre alte Heimat verlassen wollten oder verlassen mussten. Und aktuell heißen wir die schutzsuchenden Menschen aus der Ukraine willkommen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin überzeugt: Der Vielfalt an Menschen und Kulturen haben wir viel zu verdanken. Was bedeutet dies für die Zukunft?

1952 ging es darum, die Menschen vieler kleiner historischer Traditionsbereiche aus den verschiedenen Regionen in einem Staatsgebilde zu vereinen. Und ihnen dennoch ihre eigene Identität zu lassen. Diese Vielfalt des Landes ermöglichte erst seine Einheit. Könnte dies auch Vorbild für die Zukunft eines vereinten Europas sein?

Liebe Gäste,
Sie sehen hier ein Plakat, das 1951 zur Volksabstimmung für den Südweststaat warb. Auf dem Plakat steht die Frage: „Vereinigtes Europa?“ Und darunter steht die Antwort: „Der erste Schritt: SÜDWESTSTAAT“. 1951 mit Europa für den Südweststaat zu werben – wie weitsichtig!

Meine Damen und Herren, 
in den vergangenen 70 Jahren sind wir bereits zahlreiche weitere Schritte in Richtung eines vereinigten Europas gegangen. Baden-Württemberg ist eine starke Stimme in Europa.

Letzte Woche fand die „Konferenz zur Zukunft Europas“ ihren vorläufigen Abschluss. Das Land Baden-Württemberg hat sich engagiert an diesem Prozess beteiligt - genauso wie Kommunen und viele Menschen im ganzen Land-

Für den Landtag habe ich ein Bürgerforum mit zufällig ausgewählten jungen Menschen aus ganz Baden-Württemberg initiiert. Als mir im Februar die Ergebnisse vorgestellt wurden, war ich sehr beeindruckt. Beindruckt von den wirklich guten und konkreten Ideen sowie der kenntnisreichen Diskussion zu den Themen wie die gemeinsamen Werte der EU oder den Klimawandel als globale Herausforderung.

Eine Forderung lautet: Als langfristiges Ziel sehen wir die „Vereinigten Staaten von Europa“ mit der Vielfalt der Regionen. Dabei sollen die Mitgliedsstaaten ihre regionalen und kulturellen Besonderheiten behalten. Die Ergebnisse des Bürgerforums habe ich als Vertreterin Baden-Württembergs in der Zukunftskonferenz in die dortige Diskussion eingebracht.

Meinen Kolleginnen und Kollegen im Landtag,
bin ich sehr dankbar für den Beschluss, grenzüberschreitende Bürgerdialoge zu europapolitischen Themen anlassbezogen fortzusetzen! In den Fragen der europäischen Integration und der partizipativen Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger war Baden-Württemberg schon immer Impulsgeber!

Auch darauf können wir stolz sein! Wir wissen, dass die Europäische Union - und damit wir alle - vor großen Herausforderungen steht: Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen, Vertiefung der sozialen und gesellschaftlichen Spaltung, und nicht zuletzt: ein Krieg mitten in Europa.

Umso wichtiger ist es, sich aktiv für eine starke, werteorientierte EU einzusetzen! Herzlich begrüßen möchte ich an dieser Stelle  Roberta Sofie Walser und Jonathan Makurath vom Landesvorstand der Jungen Europäerinnen und Europäer Ba-Wü.

Zusammen mit europapolitischen Sprechern und Sprecherinnen sowie Mitgliedern des Europaausschusses aller Fraktionen werden wir sie später noch in einem Film sehen. Ihnen allen ein herzliches Willkommen und ein großes Dankeschön für Ihre Beiträge!

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir beschäftigen uns dieser Tage stark mit den Fragen: Wo kommen wir her? Wo wollen wir hin? Diese Fragen diskutiert heute Abend aus verschiedenen Blickwinkeln ein spannendes Podium, das ich herzlich begrüße:

Emily Sara Adams, 
Preisträgerin des Europäischen Wettbewerbs des Landes 2021 
 
Sarna Rösner, 
Vorsitzende des Bundesverbands Junger Unternehmer 

Elisabeth Seitz, 
international erfolgreiche Rekordmeisterin im Kunstturnen 

Gitte Tschoch,    
Generalsekretärin des Instituts für Auslandsbeziehungen.

Bülent Ceylan, 
Comedy-Star und Buchautor 

Dr. Frank Mentrup, 
Oberbürgermeister von Karlsruhe 

Ihnen allen ein herzliches Willkommen im Landtag von Ba-Wü!

Herzlich begrüßen möchte ich auch unsere Moderatorin Ute Brucker, Leiterin des "Weltspiegels" und der Abteilung "Ausland" des SWR.

Meine Damen und Herren, 
ich bin sehr glücklich in Baden-Württemberg zu leben. Und ich bin dankbar und stolz, diesem wunderschönen Bundesland und seinen Menschen als Landtagspräsidentin zu dienen.

Ich wünsche Ihnen einen anregenden, informativen und schönen Abend.