Grußwort Empfang für die Personalräte des BBW

Liebe Personalrätinnen und Personalräte,
sehr geehrter Herr Rosenberger,
herzlich willkommen im Landtag von Baden-Württemberg. Ich freue mich sehr, dass Sie so zahlreich unserer Einladung in die Herzkammer der Demokratie gefolgt sind.
[Begrüßung]
Liebe Gäste, mehr als 200.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden seit dem zweiten Amtsantritt Donald Trumps aus US-Bundesbehörden entlassen: rücksichtslos, planlos und absolut intransparent. Ganze Bereiche des öffentlichen Dienstes werden ausgedünnt, Expertise gezielt verdrängt, Institutionen geschwächt. Das Wissen, das in diesen Tagen verloren geht, lässt sich kaum beziffern. Ganz zu schweigen von den alltäglichen Auswirkungen auf die Einwohnerinnen und Einwohner der USA, deren Schutz, Sicherheit und staatliche Fürsorge noch mehr gefährdet wird.
Diese Verunsicherung ist gewollt. Der staatliche Umbau ist auch kein Versehen und nur vordergründig ein Sparprogramm. Dieser staatliche Umbau ist ein politisches Projekt mit dem Ziel, die Verwaltung zu einem unterwürfigen Befehlsempfänger des Präsidenten umzugestalten. Das Projekt ist auch nicht geheim: es heißt „Projekt 2025“, geschrieben durch eine rechtskonservative Denkfabrik. Es fußt auf der – aus der Sicht von Trump und seinen Gefolgsleuten – berechtigten Sorge: Wer einen Eid auf die Verfassung schwört, wer sich dem Gemeinwohl verpflichtet und nicht dem Machtinteresse einiger weniger dient, der oder die wird verhindern, ein autoritäres Regime zu etablieren.
Meine Damen und Herren, wir sind weit weg von US-amerikanischen Verhältnissen, und ich persönlich werde alles dafür tun, dass wir dort nie hingelangen. Wir können aus diesen Entwicklungen aber eine Sache lernen: wir können mit gutem Beispiel vorangehen und unser Berufsbeamtentum stärken! Die Vorgänge in den USA sind auch ein Grund, warum ich undifferenzierten Rufen nach einer Verkleinerung der Beamtenschaft hierzulande skeptisch gegenüberstehe. Hält sich doch auch hier hartnäckig die Forderung nach einem „schlanken Staat“ – als wäre weniger immer automatisch besser. Als ließe sich staatliches Handeln auf reine Effizienzkennzahlen reduzieren. Als seien Verwaltung, Bildung, Sicherheit und Rechtspflege Dienstleistungen wie jede andere auch.
Ich halte diese Vorstellung für gefährlich. Denn: der Staat ist kein Unternehmen. Und Demokratie ist kein Geschäftsmodell. Wer den öffentlichen Dienst schrumpft, schwächt die Resilienz unserer Gesellschaft: ihre Fähigkeit, Krisen zu bewältigen, auf neue Herausforderungen zu reagieren und sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten.
Das Bekenntnis der Beamtinnen und Beamten zur freiheitlichen Ordnung und zum Gemeinwohl, ihr Bekenntnis auf die Verfassung, ist daher das Rückgrat funktionierender Demokratien. Nicht ohne Grund nehmen Autokraten und Diktatoren schon früh Einfluss auf den Beamtenapparat.
Ja, meine Damen und Herren, der öffentliche Dienst in Deutschland ist ein Stabilitätsanker. Er leistet Großartiges. Und das mit vergleichsweise geringem Personaleinsatz. Dafür stehen Sie alle, die Sie heute Abend hier sind. Nur knapp 12 Prozent aller Beschäftigten in unserem Land arbeiten im öffentlichen Dienst. Deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von 18 Prozent und weit hinter dem Spitzenreiter Norwegen mit 30 Prozent. Nur in drei OECD-Staaten ist der Anteil noch geringer als in Deutschland.
Meine Damen und Herren, das deutsche Berufsbeamtentum ist seit Jahrzehnten in unserer Verfassung verankert, und das ist gut so. Aber wer wüsste es besser als Sie, dass der öffentliche Dienst kein starres System sein darf? Für eine zukunftsorientierte Verwaltung müssen wir auf die sich wandelnde Demografie, begrenzte finanzielle Ressourcen und zunehmende Aufgabenkomplexität Antworten finden. Sie kennen die Schlagworte wie Vernetzung, Digitalisierung und KI-Unterstützung. Wir werden das Zustandekommen von Gesetzen, aber auch ihre Wechselwirkungen, viel mehr in den Blick nehmen müssen. Und dazu gehört auch, dass Politik und Verwaltung, die Gesetze formulieren, noch viel mehr als bisher auch an diejenigen denken müssen, die sie später ausführen. Praxisnahe Regelungen erleichtern Ihre Arbeit, sparen Steuergelder und erhöhen ihre Akzeptanz in der Bevölkerung. Das zusammen wäre ein echtes Effizienzprogramm. Nicht mit der Kettensäge, sondern überlegt, nachhaltig und basierend auf der Expertise der Praktiker.
Liebe Personalrätinnen und Personalräte, ich danke Ihnen von Herzen, dass Sie unseren Staat mitgestalten. Mit Kompetenz, Erfahrung, und hoffentlich auch mit Freude. Denn auch das belegen zahlreiche Untersuchungen: Die Arbeit für das Gemeinwohl wird als sinnstiftend wahrgenommen und steigert die Zufriedenheit vieler Beschäftigter.
Sie halten dieses Land am Laufen. Sie sorgen für Sicherheit, Gerechtigkeit, Bildung und soziale Teilhabe. Sie sorgen für einen funktionierenden Staat; dafür, dass die Menschen ihrem politischen System Vertrauen schenken können. Politik sollte alles dafür tun, dass Sie diesen Aufgaben, die für viele von Ihnen auch Berufung sind, auch bestmöglich nachkommen können.
Liebe Gäste, wir leben in bewegten Zeiten, die uns vor große Herausforderungen stellen: Der andauernde russische Angriffskrieg in der Ukraine führt uns die Bedeutung von Wehrhaftigkeit und staatlicher Handlungsfähigkeit schmerzlich vor Augen. Der Klimawandel verlangt mutiges, koordiniertes Handeln über Jahrzehnte hinweg. Kommunale Finanzierung, die sozialen Sicherungssysteme, Hass und Hetze online und offline – all das fordert uns heraus. Und es gibt auch hierzulande Kräfte, für die das amerikanische „Projekt 2025“ ein Vorbild ist: Extremisten, die den Staat gezielt schwächen wollen.
Dagegen müssen wir uns und unsere Institutionen wappnen. Indem wir bewahren und ausbauen, was uns seit Gründung der Bundesrepublik trägt: Unsere demokratische Konsensfindung, unsere unabhängige Justiz, eine freie Presse, und: ein starkes Beamtentum, das unsere Werte und Freiheiten verkörpert.
In 76 Jahren Bundesrepublik haben wir es mit diesen Leitsternen geschafft, eines der freiheitlichsten, demokratischsten, friedlichsten und wohlhabendsten Länder der Welt zu werden. Deshalb sollen sie uns auch in Zukunft leiten.
Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass uns – Politik und Verwaltung – viel mehr eint als uns trennt. Und dass wir, wenn wir zusammenstehen, unglaubliches Potenzial haben, die Zukunft in Baden-Württemberg weiter aktiv, demokratisch und zum Wohle aller zu gestalten. Daher werden Sie in mir immer eine Fürsprecherin finden.
Ihr hoher persönlicher Einsatz für unseren Staat verdient unser aller Rückendeckung und die Ressourcen, die Sie brauchen, um Ihren Aufgaben bestens und in einem attraktiven Arbeitsumfeld nachgehen zu können.
Ich danke Ihnen für Ihr Kommen und wünsche Ihnen einen erkenntnisreichen Abend.