In der Sitzung am 15. Juli 2021
Petitionsausschuss befasst sich mit Eingabe zu Myalgischer Enzephalomyelitis
Stuttgart. Auch bei seltenen Erkrankungen wie Myalgischer Enzephalomyelitis (ME) sollte der Anspruch unseres Gesundheitssystems sein, dass die Betroffenen – derzeit zirka 240.000 Menschen in Deutschland – eine korrekte Diagnose und Hilfestellungen erhalten. Der Petitionsausschuss hat deshalb in seiner Sitzung am Donnerstag, 15. Juli 2021, eine entsprechenden Petition als Material an die Regierung überwiesen. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt.
Die Petenten hätten eine ganze Reihe von Aspekten vorgebracht, berichtete Thomas Marwein. Die Krankheit ME werde nicht im Medizinstudium gelehrt und sei den meisten Ärzten daher unbekannt. Die Myalgische Enzephalomyelitis ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die oft zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führt. Betroffene leiden an einer schweren körperlichen Schwäche, die das Aktivitätsniveau erheblich einschränkt, und unter neurokognitiven, autonomen und immunologischen Symptomen. Für einen Großteil der Betroffenen gebe es keine Anlaufstellen. Die Petenten forderten eine korrekte Aufklärung der Ärzte bezüglich Therapien und Behandlungsoptionen. Auch werde eine Aufklärung von Gutachtern der Rentenversicherung gefordert, um eine entsprechende Versorgung der Betroffenen sicher zu stellen. Die aktuelle „Degam Leitlinie Müdigkeit“ sei unzureichend und müsse durch die Anwendung der „Myalgische Enzephalomyelitis Internationale Konsensleitlinie für Ärzte“ und „ME IC Leitlinie“ ersetzt werden. Überdies müssten mehr Gelder für eine unabhängige biomedizinische Erforschung der Krankheits-Ursachen bereitgestellt werden. Bislang sei die Forschung in Deutschland mangelhaft und es fehlten Forschungsgelder.
In Baden-Württemberg gibt es Marwein zufolge keine spezialisierten Anlaufstellen für Patientinnen und Patienten mit der Diagnose ME/CFS. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) fokussiere seine Förderung auf die finanzielle Unterstützung für den Aufbau von nachhaltigen Strukturen an den baden-württembergischen Hochschulen und setze nur in Ausnahmefällen thematische Akzente.
Ganz aktuell habe Baden-Württemberg eine Förderung für die Erforschung von Corona-Folgeerkrankungen aufgelegt. So werde die gemeinsame Erforschung von Corona-Folgeerkrankungen an den medizinischen Fakultäten und den vier Universitätskliniken in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm mit rund 2,3 Millionen Euro unterstützt. Viele Menschen leiden unter den Langzeitfolgen von COVID-19, die sich in bleibenden Erschöpfungssyndromen und neurokognitiven Einschränkungen äußerten. „Auch hier müssen neues Wissen und Therapieansätze erarbeitet werden“, führte der Vorsitzende aus.
Die Petenten forderten einen Schulterschluss der Länder. Sowohl in Bayern als auch auf EU-Ebene wurde bereits entsprechenden Petitionen stattgegeben. Der Petitionsausschuss begrüßte eine intensivere Kooperation und einen Austausch auf Länderebene. Auch solle geprüft werden, in welchem Umfang in Baden-Württemberg nachgebessert werden kann, etwa im Verlauf des Medizinstudiums oder bei anschließenden Fortbildungen zu ME/CFS. Auch solle geprüft werden, ob eine Schulung entsprechender Gutachter der Rentenversicherung möglich ist. „Das Sozialministerium hat hier bereits erste Zusagen zu Gesprächen gemacht“, so Thomas Marwein.