Wirtschaftsausschuss diskutiert Mitwirkungsrechte des Parlaments bei Landesbürgschaften
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat in seiner Sitzung am 18. Mai 2022 ausführlich über eine mögliche Neustrukturierung der Landesbürgschaften und die zugehörigen Mitwirkungsrechte des Parlaments diskutiert. Weitere Themen waren unter anderem die geplante EU-Richtlinie zu Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen und die Nachnutzung des Expo-Pavillons des Landes.
Der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) erklärte, dass zum 30. Juni eine aktuelle aufgrund der Corona-Pandemie beschlossene Sonderregelung auslaufe. Nach dem jetzigen Sachstand wären daher ab dem 1. Juli Landesbürgschaften wieder ab einem Volumen von fünf Millionen Euro durch den Wirtschaftsausschuss zustimmungspflichtig und somit eine demokratische Kontrolle solcher strukturwirksamen Landesmaßnahmen sichergestellt. Die pandemiebedingte Erhöhung auf 20 Millionen Euro sei eine bewusst zeitlich befristete Maßnahme gewesen, die im einstimmigen Konsens zwischen Parlament und Regierung vereinbart wurde, um in Krisenzeiten eine größere Flexibilität zu ermöglichen. Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut habe nun einen Vorschlag zur Neuordnung des Bürgschaftssystems vorgestellt, wonach der Wirtschaftsausschuss regulär nur noch bei Bürgschaften ab 15 Millionen Euro beteiligt werden soll. Die Regierungsfraktionen der Grünen und der CDU signalisierten Unterstützung für den Vorschlag der Ministerin. Vertreter der drei Oppositionsfraktionen kritisierten diese neue deutlich erhöhte Grenze hingegen nachdrücklich. Eine Verdreifachung des Volumens bei dem die Landesregierung ohne Mitwirkung des Parlaments über Bürgschaftsvergaben entscheiden könne, sei nicht nachzuvollziehen. Hier bestehe noch Diskussionsbedarf.
Der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert zeigte sich selbst massiv enttäuscht vom Vorgehen des Wirtschaftsministeriums, welches offenbar nun den bisherigen konsensualen Weg verlassen wolle. Er habe bereits im Dezember 2021 einen Vorschlag gemacht, wie das Parlament mit seinem de facto Vetorecht auch in einem modifizierten Bürgschaftssystem angemessen beteiligt werden könne. Kurz vor der Ausschusssitzung habe er dies wiederholt und weitere Vorschläge zur Diskussion gestellt. Die Ministerin müsse auf diese Vorschläge nun reagieren und auch selbst Alternativen vorlegen, die die Parlamentsrechte wahren. „Es ist ein Unding, dass hier einfach ein Verfahren zur Abstimmung gestellt wird, welches Parlamentsrechte massiv beschneidet“ kritisiert Ausschussvorsitzender Dr. Schweickert die Landesregierung. Die parlamentarische Mitwirkung bei strukturwirksamen Landesbürgschaften sei wichtig und richtig. Er verstehe zwar den Wunsch des Ministeriums, dass bestehende System an sich ändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen anzupassen und zu flexibilisieren, dies dürfe aber nicht ohne ergebnisoffene Debatte geschehen. Man könne nicht erwarten, dass der Ausschuss ohne Erörterung und Etablierung alternativer Beteiligungsmöglichkeiten einfach die Abgabe von Parlamentsrechten absegnet. Daher appellierte Dr. Schweickert auch an alle Parlamentarier, die Zeit bis zur nächsten Ausschusssitzung Ende Juni für Diskussionen und Reflektionen zu nutzen, um dann eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Er sicherte zu, in der nächsten Sitzung das Thema erneut aufzurufen. Im Ergebnis verzichtete die Fraktion der Grünen am Ende auch darauf, eine Entscheidung über das neue Bürgschaftssystem im Umlaufverfahren herbeizuführen. Diesen Wunsch hatte sie ursprünglich geäußert, sah angesichts des Verlaufs der Diskussion aber davon ab.
Des Weiteren befasste sich der Ausschuss mit dem aktuellen Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit – landläufig bekannt als EU-Lieferkettengesetz. Hierzu merkte die Fraktion der CDU an, dass die geplante EU-Richtlinie grundsätzlich zu begrüßen sei, sich eine Kombination dieser mit dem von der großen Koalition im Bund noch 2021 beschlossenen deutschen Lieferkettengesetz jedoch in Teilen als problematisch erweisen könnte.
Auf Antrag der FDP/DVP sprach der Ausschuss über die Landestourismuskonzeption. Dabei stellte ein Vertreter der antragstellenden Fraktion noch einmal heraus, dass diese gerade angesichts der herausfordernden letzten zwei Jahre für den Tourismus eine große Bedeutung besäße. Das Land spiele eine wichtige Rolle beim Wiederaufschwung des Tourismus nach der Pandemie, berichtet Dr. Schweickert aus der Diskussion.
Auf Antrag der SPD wurde außerdem über eine mögliche Nachnutzung des Expo-Pavillons des Landes diskutiert. Hierzu erklärte Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut, dass der Baden-Württemberg-Pavillon zu den wenigen gehöre, die überhaupt für eine Nachnutzung in Frage kämen. Ob es dazu komme, würden allerdings die Vereinigten Arabischen Emirate als Veranstalter der Expo Dubai entscheiden. Man warte aktuell noch auf Rückmeldung. Ein weiterer Antrag der SPD befasste sich schließlich mit Geflüchteten in Ausbildung. Hierzu betonten alle Fraktionen bis auf die AfD, dass eine erfolgreiche Ausbildung ein wichtiger Baustein für gelungene Integration sei, so Dr. Schweickert.