Öffentliche Anhörung im Landwirtschaftsausschuss
Umsetzungsstand beim Strategiedialog Landwirtschaft diskutiert
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. November 2023, in einer Öffentlichen Anhörung Sachverständige zum Thema „Umsetzungsstand Strategiedialog Landwirtschaft“ eingeladen. Der Anhörung lag ein gemeinsamer Antrag der Fraktion Grüne und der CDU-Fraktion im Ausschuss zugrunde. „Der Strategiedialog Landwirtschaft soll mit seinen rund 50 Akteuren aus Landwirtschaft, Naturschutz, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft über einen Zeitraum von zwei Jahren zukunftsweisende Lösungsansätze für die Landwirtschaft in Baden-Württemberg erarbeiten“, sagte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Klaus Hoher (FDP/DVP) zu Beginn der Anhörung.
Der Leiter der Geschäftsstelle des Strategiedialogs im Staatsministerium, Guido Petzold, fasste zunächst die Grundzüge des lösungsorientierten Formats eines Strategiedialogs und die im Staatsministerium angesiedelte Strukturierung zusammen. Das Hauptziel des Dialogs sei es, durch gemeinsames Abwägen mit allen Beteiligten die bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten und gleichzeitig die Biodiversität im Land zu stärken. Dr. Konrad Rühl vom Landwirtschaftsministerium betonte, der Dialog laufe gut und es kämen durch das große Engagement der Beteiligten viele Ideen zusammen. Gleichzeitig mahnte er an, bei den politischen Maßnahmen, die die kleinstrukturierte bäuerliche Landwirtschaft für die Zukunft erhalten sollen, ökonomische Fragen immer mitzudenken. Von Verbandsseite trugen Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND, die in Abstimmung mit NABU und dem baden-württembergischen Landesnaturschutzverband sprach, sowie der Vizepräsident des Landesbauernverbands in Baden-Württemberg, Hans-Benno Wichert, ihre Perspektiven vor dem Gremium vor. Pilarsky-Grosch hob hervor, aufgrund der großen Bandbreite an Themen im Strategiedialog werde es sehr viele Handlungsempfehlungen geben, hier sei eine einheitliche Ergebnissicherung und Priorisierung wichtig. Auch fehle momentan noch die Verzahnung mit anderen Prozessen wie den Maßnahmen aus dem Biodiversitätsstärkungsgesetz. Wichert fügte an, es müssten hohe Verbindlichkeiten geschaffen werden, gerade kleinbäuerliche Betriebe bräuchten Planungssicherheit und Maßnahmen, die für sie umsetzbar seien. Nur durch die anschließende politische Beachtung der im Strategiedialog erarbeiteten Handlungsempfehlungen könne Vertrauen bei den Landwirtinnen und Landwirten geschaffen werden.
Prof. Dr. Harald Grethe, Leiter des Fachgebiets „Internationaler Agrarhandel und Entwicklung“ an der Humboldt-Universität zu Berlin, hob positiv hervor, dass der ressortübergreifende Strategiedialog auf die Ebene des Staatsministeriums gezogen wurde. Hauptsächlicher Adressat des Dialogs sei die Landespolitik, die dann unter Beachtung des Strukturwandels der Branche und den Gegebenheiten des Arbeitsmarkts mit Augenmaß agieren müsse. Als Vertreter der Produzenten landwirtschaftlicher Produkte waren Berthold Dreher, Geschäftsführer der Ölmühle Oberschwaben, und Markus Kaiser, Bio-Landwirt und Mitglied der Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind, im Gremium. Kaiser nannte Bildung, besseres Marketing für regionale Produkte und klar formulierte Ziele im Handel die Kernfaktoren für den Fortbestand der baden-württembergischen Landwirtschaft. Dreher kritisierte die für den Verdienst von Landwirtinnen und Landwirten deutlich zu niedrigen Lebensmittelpreise im Einzelhandel. Alexander Liedtke, Senior Consultant beim Discount-Lebensmittelmarkt Lidl, betonte, es sei wichtig, dass sich die verschiedenen Akteure der Wertschöpfungskette austauschen und sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst seien. Einer Weiterführung der Diskussion über das formale Ende des Strategiedialogs hinaus stünde Lidl positiv gegenüber. Josephine Glogger-Hönle vom Bildungsprojekt Ackerschwestern warnte vor dem fortschreitenden Höfesterben und psychischen Belastungen für Landwirtinnen und Landwirte.
In der anschließenden öffentlichen Fragerunde mit den Ausschussmitgliedern wurde die Frage, wie sich Verbraucherinnen und Verbraucher über das Bürgerforum zum Strategiedialog hinaus stärker in die Prozesse miteinbinden ließen, weiter diskutiert. Des Weiteren kam zur Sprache, dass von verschiedenen Arbeitsgruppen im Dialog mehr Zeit gefordert worden war und wie ein fortgesetzter Dialog über den festgesetzten Endzeitpunkt mit der Abschlussveranstaltung am 11. Oktober 2024 hinaus aussehen könnte. Die Sachverständigen unterstrichen nochmals, dass im Strategiedialog bis 2024 konkrete Handlungsempfehlungen und zumindest ein Zwischenergebnis erarbeitet werden sollen. Wichtig sei aber auch, dass die Prozesse des Strategiedialogs und die Finanzierungskonzepte nicht mit der aktuellen Legislaturperiode zu Ende gingen, sondern Bestand hätten. „Der jetzige Dialog zwischen allen Akteurinnen und Akteuren ist wichtig und gut, wir müssen aber auch schauen, wie der Strategiedialog innerhalb des gegebenen Zeitfensters zu einem guten Schluss und zu klaren Handlungsempfehlungen kommen kann“, fasste der stellvertretende Ausschussvorsitzende Hoher abschließend zusammen.