In der Sitzung am 23. November
Ständiger Ausschuss berät über Situation und Leistungen für Geflüchtete in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. November 2023, mit der Situation von Geflüchteten in Baden-Württemberg, insbesondere aus der Ukraine, und der Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Südwesten befasst. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf, mit.
Nach Angaben Wolfs wollte die Fraktion FDP/DVP mit ihrem Antrag zur Situation von Geflüchteten in Erfahrung bringen, wie viele Flüchtlinge seit Januar 2022 zur vorläufigen Unterbringung in Baden-Württemberg angekommen sind und wie viele Personen seit dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine in den Südwesten gekommen sind. Nach Angaben des Ministeriums der Justiz und für Migration seien seit 1. Januar 2022 rund 33.660 geflüchtete Personen im Land angekommen. Mit jeweils über 3.000 Geflüchteten hätten der Stadtkreis Stuttgart und der Landkreis Ludwigsburg die höchste Zahl an Geflüchteten registriert. Geflüchtete aus der Ukraine seien in diesen Zahlen nicht erfasst. Von den 33.660 Personen seien 7.391 minderjährig gewesen.
Aus der Ukraine seien seit Beginn des russischen Angriffskriegs bis 20. Oktober 2023 112.380 Geflüchtete aufgenommen worden. Die größte Zahl an Geflüchteten seien in Stuttgart (10.015), Esslingen (8.549) und Ludwigsburg (8.544) erfasst worden. Die Antragsteller hätten die geringe Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten aus der Ukraine als erstaunlich bezeichnet. Nach Angaben des Ministeriums seien zum Zeitpunkt März 2023 nur 10.468 aus der Ukraine geflüchtete Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen, berichtete Guido Wolf.
Die Anzahl ukrainischer Schülerinnen und Schüler an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg belaufe sich auf 18.963 Personen. Die jungen Menschen erhielten mehrheitlich zunächst in sogenannten VKL-Klassen (Vorbereitungsklassen der allgemein bildenden Schulen) und VABO-Klassen (Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen der beruflichen Schulen) eine intensive Sprachförderung und würden auf die Integration in eine Regelklasse vorbereitet. Nach einer ersten Phase des Spracherwerbs in der VKL beginne in der Regel eine zunehmende Teilintegration in einer Regelklasse. Ein Teil der ukrainischen Schülerinnen und Schüler besuche anstelle einer VKL direkt eine Regelklasse unter Einsatz begleitender Sprachförderkurse.
Zudem beriet das Gremium nach Angaben des Vorsitzenden auf Antrag der SPD-Fraktion über die Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Baden-Württemberg. Ziel des Antrags sei, die geltende Rechtslage und Verwaltungspraxis im Südwesten abzufragen. Hintergrund sei die aktuelle migrationspolitische Debatte und daraus resultierende Fragen zum Leistungsumfang.
Nach Auskunft des Ministeriums der Justiz und für Migration bestehe grundsätzlich kein Zusammenhang zwischen der Unterbringung im System der Flüchtlingsaufnahme und dem einschlägigen Leistungsrecht, das vielmehr an den aufenthaltsrechtlichen Status des jeweiligen Hilfeempfängers anknüpfe. Demnach könnten Personen in der vorläufigen Unterbringung im Sinne des baden-württembergischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG) sowohl Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG, z. B. Asylsuchende), nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II oder SGB XII, z. B. Geflüchtete aus der Ukraine nach § 24 Aufenthaltsgesetz) oder auch gar keine Sozialleistungen (bei eigenem Einkommen) beziehen. Dies gelte entsprechend auch in der kommunalen Anschlussunterbringung. Personen in privater Unterbringung – also außerhalb der Flüchtlingsaufnahme – könnten bei Vorliegen der Voraussetzungen ebenfalls Leistungen nach dem AsylbLG oder dem SGB II/SGB XII beziehen.
Art und Umfang der Leistungen an ausländische Staatsangehörige ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht werden laut Wolf bundeseinheitlich durch das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt. In den ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland erhielten Leistungsberechtigte Grundleistungen zur Deckung der grundlegenden Bedürfnisse des täglichen Lebens. Darunter fielen Leistungen für Unterkunft, Ernährung, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgüter für den Haushalt. Zudem erhielten sie Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens. Leistungsberechtigte, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhielten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben, erhielten hiervon abweichend keine Grundleistungen mehr, sondern Leistungen entsprechend dem SGB XII.
Wie Wolf ausführte, habe das Ministerium mitgeteilt, dass nach Auffassung der Landesregierung die Gewährung von Sach- statt Geldleistungen geeignet sei, Fehlanreize für die Einreise nach Deutschland abzubauen sowie finanzielle Transferleistungen in die Herkunftsländer zu reduzieren. Aus Sicht der Landesregierung gebe es zur Steuerung der Migration bzw. zur Begrenzung der irregulären Migration nicht „die eine“ Maßnahme. Vielmehr müssten hierfür viele Einzelmaßnahmen ineinandergreifen. Hierzu gehöre auch eine umfassende Gewährung von Sachleistungen bzw. die Einführung einer Bezahlkarte. Die SPD-Fraktion habe geäußert, es sei aus den Antworten ersichtlich, wo die Landesregierung handeln könne und müsse.