Festakt in der Lobby des Parlaments
Landtag feiert 70-Jahr-Jubiläum der Verfassung von Baden-Württemberg
Stuttgart. Mit einem Festakt hat der Landtag von Baden-Württemberg am Dienstag, 28. November 2023, an das Inkrafttreten der Landesverfassung vor gut 70 Jahren erinnert. Mit ihr vereinten sich die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern endgültig zum heutigen Südweststaat. „Erst mit dem gemeinsamen Wertegerüst der Landesverfassung wurden die drei Länder zu einer Wertegemeinschaft“, erklärte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Sie bilde bis heute das Fundament für die beispiellose Erfolgsgeschichte des Landes.
„Wir leben heute in einem vereinten Südweststaat, in einem vereinten Deutschland und in einem vereinten Europa. Davon konnten die Menschen in den Trümmern des Krieges und der Diktatur nur träumen“, sagte die Landtagspräsidentin in ihrer Begrüßung vor rund 400 Gästen in der Parlamentslobby, darunter die Vorsitzenden der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP, zahlreiche Abgeordnete sowie Vertreterinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens. Rückblickend betrachtet sei es eigentlich ein Wunder, dass es gelungen ist, aus diesen Trümmern und Träumen eine demokratische Heimat zu schaffen. Und dies nicht nur für Badener und Württemberger, sondern auch für die Heimatvertriebenen in der Nachkriegszeit, später für die sogenannten Gastarbeiterfamilien und für die Geflüchteten in neuerer Zeit. Die Menschen seien vom Land geprägt worden, doch hätten sie auch das Land geprägt und somit zu seiner Erfolgsgeschichte beigetragen. „Gerade, weil es so vielfältig ist, ist Baden-Württemberg ein liebenswertes und lebenswertes Land“, sagte Aras.
Zugleich rief die Landtagspräsidentin dazu auf, die Grundlagen des Zusammenlebens entschlossen zu verteidigen. „Unsere Vielfalt, unsere Werte und unsere Verfassung haben Feinde. Feinde, die unsere Demokratie gefährden!“, warnte Aras. Es gebe immer mehr rassistisch motivierte Hassverbrechen. Menschen, die in Verantwortung für das Land ein Mandat oder Amt ausüben, sähen sich mit Bedrohung und Einschüchterung konfrontiert. Bewaffnete Fanatiker, die Umsturzfantasien und Verschwörungsmythen in sich tragen, griffen Polizisten an. Zugleich grassiere – nicht nur aktuell – ein unverhohlener Antisemitismus, und dies nicht nur von rechts, sondern auch von links, aus manchen muslimischen Kreisen und auch aus der Mitte der Gesellschaft. „Wir Demokratinnen und Demokraten müssen zusammenhalten, dagegenhalten und durchhalten, wenn es darum geht, unsere Heimat zu schützen! Heute wie vor 70 Jahren gilt es, sich als Volk von Baden-Württemberg zu den Grund- und Menschenrechten zu bekennen“, so die Landtagspräsidentin.
Der Mannheimer Zeithistoriker Prof. Philipp Gassert rief im Festvortrag dazu auf, die demokratische Tradition und Erinnerung zu stärken. In der Rückbesinnung auf demokratische Gründungsgeschichten und die langen Freiheitsstränge unserer Geschichte liege eine Macht des Faktischen, die demokratische Identität und Stabilität schaffen könne. In einem Podiumsgespräch mit der Verfassungsrechtlerin Prof. Daniela Winkler, der Landesbischöfin der Evangelischen Landeskirche in Baden Prof. Heike Springhart und dem Vorsitzenden des Landesschülerbeirats Berat Gürbüz ging es auch um die Zukunftsperspektiven der Landesverfassung. Alle Teilnehmenden zeigten sich einig, dass die Verfassung wie schon in der Vergangenheit behutsam angepasst werden könne und müsse, um zeitgemäß zu bleiben. Die Moderation des Festakts lag in Händen der Journalistin Gigi Deppe.
Der Festakt zum 70-Jahr-Jubiläum der Landesverfassung am Dienstag markierte den Auftakt einer Veranstaltungsreihe des Landtags, die unter dem Motto „Deine Freiheit. Mein Respekt“ ganz im Zeichen der verbrieften Grundwerte unserer Demokratie steht. So findet am 8. Mai 2024, 75 Jahre nach der Verabschiedung des Grundgesetzes durch den Parlamentarischen Rat, ein Festakt im und um den Landtag statt. Ein weiterer Höhepunkt der Reihe wird das Bürger- und Verfassungsfest am 29. Juni 2024 sein.