Beschluss in der Sitzung am 3. Juli 2024
Innenausschuss empfiehlt Plenum Zustimmung zu Neufassung des Rettungsdienstgesetzes
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags empfiehlt dem Plenum, dem Gesetz über den Rettungsdienst (Rettungsdienstgesetz – RDG) zuzustimmen. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Gremium in seiner Sitzung am Mittwoch, 3. Juli 2024, mehrheitlich. Das teilte der Ausschussvorsitzende Ulli Hockenberger (CDU) mit. Vor der Beratung über den Gesetzentwurf hörte das Gremium öffentlich Sachverständige von kommunalen Landesverbänden, der Medizin, Rettungsdiensten und der Feuerwehr an. Dabei äußerten die Experten teilweise Verbesserungsvorschläge und forderten eine Überarbeitung des Gesetzesentwurfs.
Nach Angaben Hockenbergers sieht der Gesetzesentwurf der Landesregierung eine Reform des Rettungsdienstgesetzes vor. Demnach solle das erste Rettungsmittel künftig in 95 Prozent der Fälle innerhalb von zwölf Minuten eintreffen. Bislang lag die Hilfsfrist bei zehn bei 15 Minuten. Auch soll stärker berücksichtigt werden, um welche Notfallkategorie es sich handelt – beispielsweise ob eine lebensbedrohliche Notlage besteht – und welches Rettungsmittel in welcher Zeit gebraucht wird. Außerdem sollen neue Instrumente wie beispielsweise der Telenotarzt eingeführt werden und Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter sollen mehr Maßnahmen eigenständig durchführen können. Dazu soll dann auch gehören, dass sie etwa bestimmte Medikamente verabreichen dürfen.
Vor der Beratung über den Gesetzentwurf hörte das Gremium in einer öffentlichen Sitzung mehrere Sachverständige an. Das waren Prof. Dr. Alexis von Komorowsk (Hauptgeschäftsführer Landkreistag Baden-Württemberg und Vertretung für den Gemeindetag Baden-Württemberg), Bürgermeister Dr. Clemens Maier (Vorsitzender des Rechts- und Verfassungsausschusses, Städtetag Baden-Württemberg), Dr. Frank Knödler (Präsident Landesfeuerwehrverband Baden-Württemberg e. V.), Prof. Dr. Andreas Pitz (Hochschule Mannheim Sozialrecht, Gesundheitsrecht, Non-Profit Recht), Prof. Dr. Erik Popp (Sektionsleiter, Notfallmedizin der Universitätsklinik Heidelberg) und Frank Flake (2. Vorsitzender Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e. V.).
Bei der Bewertung des Gesetzentwurfs standen neben verschiedenen Details im Gesetz vor allem die neue Hilfsfrist sowie die Finanzierung des Rettungsdienstes im Mittelpunkt. Prof. Dr. Alexis von Komorowsk beispielsweise begrüßte die Einführung der neuen Hilfsfrist, da dadurch ein differenziertes System entwickelt worden sei, das einen Qualitätsfortschritt erzielen könne. Allerdings verschlechtert der Entwurf seiner Ansicht nach die Rahmenbedingungen für den Bau von neuen Rettungswachen. Derzeit sei das Land verpflichtet, 90 Prozent der Kosten zu tragen. Die übrigen zehn Prozent entfielen auf den Leistungsträger. Künftig solle der Anteil mindestens zehn Prozent betragen, was zu einer Verschiebung von Finanzierungsrisken auf Rettungsdienste führe. Bürgermeister Dr. Clemens Maier führte aus, dass die Umsetzung der neuen Hilfsfrist mehr Personal und hohe Investitionen erfordere. Außerdem forderte er ein größeres Mitspracherecht der Stadt- und Landkreise in den Bereichsausschüssen. Prof. Dr. Andreas Pitz erklärte, derzeit fehlten wesentliche Planungskriterien. Viele der relevanten Rettungsdiensteinsätze seien in den Planungsvorgaben herausgenommen werden. Zum Beispiel seien Masseneinsätze oder Notarzteinsätze gar nicht enthalten, am Ende zähle nur der akute Blaulichteinsatz für 95 Prozent der Fälle. Allerdings werde nicht erklärt, was ein akuter Blaulichteinsatz sei. Begrüßt wurde von den Experten die Einführung des Telenotarztes. Frank Flake wies dabei darauf hin, dass dieser an Leitstellen angehängt werden solle und nicht in Kliniken. Wie Prof. Dr. Alexis von Komorowsk führte auch Flake aus, dass der Rettungsdienst aufgrund von Personalmangel und einer Zunahme an Einsätzen immer stärker belastet sei.
Bei der anschließenden Beratung in der nicht öffentlichen Sitzung haben Hockenberger zufolge die Fraktionen SPD und FDP/DVP ausgeführt, dass es geboten gewesen wäre, die Beschlussfassung angesichts der erstmals in dieser Form vorgetragenen Bedenken zu verschieben und den Gesetzentwurf zunächst gründlich zu überprüfen. Die SPD-Fraktion habe einen entsprechenden Antrag gestellt, den das Gremium jedoch mehrheitlich abgelehnt habe. Die CDU-Fraktion habe erklärt, viele dieser Erkenntnisse seien schon vor Wochen vorgetragen worden. Die Anhörung habe keine Neuigkeiten gebracht. Die Oppositionsfraktionen hätten angekündigt, bei der nächsten Beratung im Plenum eine Vielzahl von Änderungsanträgen einzubringen.
Das Gremium stimmte Hockenberger zufolge zudem einem Änderungsantrag von Grünen und CDU zu, der teilweise mit einem Änderungsantrag von SPD übereinstimmt. So können etwa durch die Einrichtung und den Betrieb eines App-Alarmierungssystems entstehende Kosten in den Benutzungsentgelten nach §43 Absatz 3 entsprechend berücksichtigt werden