Debatte um weiteren Betrieb von Kernkraftwerken als Beitrag zur Lösung der Energiekrise
Stuttgart. Mit der aktuellen Lage der Unternehmen im Land vor dem Hintergrund massiv steigender Energiepreise hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. September 2022, beschäftigt. Ein weiteres Thema neben anderen war der Rückzahlungsstand bei den Corona-Soforthilfen.
Zur Lage der baden-württembergischen Unternehmen in der aktuellen Energiekrise erstattete Staatssekretär Dr. Patrick Rapp (CDU) in Vertretung von Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) mündlich vor dem Ausschuss Bericht. Nach den Worten des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) erklärte der Staatssekretär, alle Indikatoren sprächen dafür, dass sich Deutschland bereits in einer Rezession befinde. Baden-Württemberg werde als wirtschaftsstarker Standort besonders davon betroffen sein. Im Sinne der Unternehmen wie auch der Bürgerinnen und Bürger im Land komme es nun vor allem darauf an, eine bezahlbare und verlässliche Energieversorgung sicherzustellen. Verlässlichkeit sei nur durch Diversifizierung zu erreichen, wobei insbesondere eine grundlastfähige Energieversorgung unabdingbar sei. Regenerative Energieträger könnten dazu noch nicht ausreichend beitragen.
Laut Dr. Schweickert forderten CDU, FDP/DVP und AfD, die verbliebenen drei Atomkraftwerke angesichts der Energiekrise am Netz zu lassen und nicht wie geplant abzuschalten. Lediglich zwei AKW als stille Reserve vorzuhalten, wie bislang vom federführenden Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplant, werde dem Ernst der Lage nicht gerecht. Grüne und SPD hätten sich dagegen ausgesprochen. Wie Dr. Schweickert weiter berichtete, votierte die FDP/DVP zusätzlich dafür, eine Gasförderung durch Fracking „zumindest offen zu diskutieren“. Den Niederlanden beispielsweise wäre man sehr dankbar, wenn diese wieder Gas aus dem Vorkommen vor Groningen förderten, obwohl dort Erdbewegungen durch diese Förderung drohten. Dann müsse man aber auch zu Hause alle Optionen prüfen und dürfe nicht nur von den verschärften Anstrengungen anderer Länder profitieren.
Sowohl CDU als auch SPD und FDP/DVP mahnten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, die Landesregierung müsse inflationsbedingte Steuermehreinnahmen an die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben. Das Land habe zuletzt 21,5 Prozent mehr eingenommen und stehe dennoch auf der Bremse, wenn es um direkte Hilfen für die Menschen gehe, wurde von den Parlamentariern kritisiert. Laut Dr. Schweickert signalisierte Staatssekretär Dr. Rapp die Bereitschaft der Landesregierung zu Entlastungen und Hilfen für Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger. Diese müssten aber mit dem Bund abgestimmt werden. Alleingänge machten keinen Sinn.
Auf gemeinsamen Antrag von SPD und FDP/DVP befasste sich der Ausschuss zudem mit der aus ihrer Sicht nicht zufriedenstellenden Umsetzung eines Landtagsbeschlusses vom 17. Dezember 2021, wonach das Wirtschaftsministerium Förderbescheide und Benachrichtigungen über Zuwendungen stets mit dem Zusatz „Finanziert aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat“ zu versehen hat. Dazu hatten SPD und FDP/DVP einen umfangreichen Fragenkatalog an das Ministerium bezüglich des Tourismusinfrastrukturprogramms 2022 gerichtet. Ziel der antragstellenden Parlamentarier sei es, die im Landtag bzw. im Wirtschaftsausschuss entschiedenen Förderungen auch nach außen sichtbar zu machen.
Im Rahmen der Diskussion stellte sich heraus, dass sich das Ministerium in seiner Antwort eher auf die erlassenen Musterbewilligungsbescheide fokussierte, während die antragstellenden Abgeordneten mit ihren Fragen gar nicht so sehr auf die verwaltungsinternen Vorgänge hinauswollten. Aus diesem Grund wurde es nach Angaben von Dr. Schweickert vom Ausschuss sehr positiv aufgenommen, dass Staatssekretär Dr. Rapp erklärte, dass in Zukunft auch der Zusatz „… die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat“ deutlich präsenter nach außen dargestellt wird, beispielsweise bei Baustellenschildern.
Auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss den Stand der Rückzahlungen der Corona-Soforthilfen vom Frühjahr 2020. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums haben sich von rund 240.000 angeschriebenen Unternehmen, die seinerzeit mit Soforthilfen unterstützt wurden, bis zum 31. August 2022 knapp 178.000 zurückgemeldet und kamen damit der Aufforderung einer Abschlussrechnung nach. Die zuständige L-Bank habe in diesem Zusammenhang zwischenzeitlich rund 91.000 Rückzahlungsbedarfe mit einem Volumen von rund 600 Millionen Euro verarbeitet.
Laut Ministerium sollen Empfängerinnen und Empfänger der Soforthilfe, die sich nicht zurückgemeldet haben, nachträglich geprüft werden. Darüber stimmten sich derzeit Bund und Länder ab. Ob eine ausgebliebene Rückmeldung zu einer Rückforderung der Soforthilfe führe, sei im Einzelfall von der L-Bank zu entscheiden. Eine ausgebliebene Rückmeldung allein reiche nicht aus, um eine Einstufung als Subventionsbetrug zu rechtfertigen. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert erklärte Staatssekretär Dr. Rapp, dem Wirtschaftsministerium seien anders als in Nordrhein-Westfalen noch keine Klagen gegen Rückzahlungsbescheide bekannt.
Weiter befasste sich der Wirtschaftsausschuss laut Dr. Schweickert auf Antrag der SPD mit der Entwicklung der Meisterprüfungen und Meisterprämien sowie auf Antrag der FDP/DVP mit der Förderung sogenannter Start-up-Acceleratoren durch das Land Baden-Württemberg.