Innenausschuss berät über Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten des Landes
Stuttgart. Der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 9. Februar 2022, über den Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten des Landes Baden-Württemberg Beate Böhlen für die Jahre 2020 und 2021 beraten. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger, mitteilte, wurden in den vergangenen beiden Jahren insgesamt 1.509 Anliegen an die Bürgerbeauftragte herangetragen. Die Anzahl aller Eingaben hat sich im Jahr 2021 im Vergleich zu 2019 um mehr als 28 Prozent erhöht. Im Vergleich zum ersten Jahresbericht 2017 haben sich die Fallzahlen sogar mehr als verdoppelt (235 Prozent). „Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll, wie wichtig die Bürgerbeauftragte für die Menschen in Baden-Württemberg ist“, sagte Hockenberger.
Nach Angaben des Vorsitzenden dankten die Abgeordneten im Ausschuss und Innenminister Thomas Strobl (CDU) der Bürgerbeauftragten und ihrem Team für die wertvolle Arbeit. Von den 1.509 Anliegen wurden 748 im Jahr 2020 und 761 im Jahr 2021 (Stand 15. November, Redaktionsschluss) eingereicht. Im Jahr 2021 konnten 673 Fälle abgeschlossen werden, 88 waren noch nicht beendet. Das Team der Bürgerbeauftragten konnte in 17,7 Prozent der abgeschlossenen Fälle (120 Fälle) vollumfänglich helfen. Eine Unterstützung durch Beratung und Information erfolgte in 52 Prozent aller Fälle (349 Fälle). Weiterleitungen und Vermittlungen lagen bei 11,5 Prozent (77 Fälle). Lediglich in 16,6 Prozent (112 Fälle) konnte nicht geholfen werden.
Wie auch in den Vorjahren betrafen laut Hockenberger die meisten Eingaben die Bereiche Ordnungsrecht, Inneres und Verwaltung. Dahinter folgten die Bereiche Bauen, Infrastruktur und Umwelt sowie soziale Angelegenheiten. So befasste sich die Bürgerbeauftragte etwa mit den Kosten für einen Feuerwehreinsatz, einer digitalen Geburtsurkunde, die von einem Standesamt zunächst nicht anerkannt wurde,
oder einer Gemeinde, die die Verlängerung eines Anglerscheins erst nach Ende des Corona-Lockdowns ausstellen wollte.
Zudem fungiert die Bürgerbeauftragte als neutrale Beschwerdestelle für Bürger, die sich gegen ein persönliches Fehlverhalten der Polizei zur Wehr setzen wollen. Zugleich ist sie auch Anlaufstelle für Polizisten, die interne Probleme oder Missstände ansprechen wollen. 2020 haben von 748 eingereichten Anliegen 115 die Polizei betroffen. Von diesen 115 Anliegen kamen vier von Angehörigen der Landespolizei und 111 von Menschen, die sich über polizeiliche Maßnahmen beschwerten. Im Jahr 2021 betrafen von insgesamt 761 Anliegen 106 die Polizei. 99 Beschwerden stammten von Bürgern und sieben von Polizeiangehörigen.
Im Einzelnen betrafen die Beschwerden im Jahr 2021 folgende Bereiche (teilweise Mehrfachnennung): Unrechtmäßige Ausübung von Gewalt (9), Zwang und Missbrauch des Amtes (24), Racial Profiling (2), Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft/Rassismus (3), Umgangsformen, z.B. Beleidigung (26), Ermittlungsfehler (25), Ermessensfehler (13), Untätigkeit (9), Sonstiges (20). Als Beispiel wird im Tätigkeitsbericht der Fall zweier Schwestern genannt, die über sieben Jahre lang nicht über den Tod ihrer Mutter informiert wurden, weil der zuständige Polizist erst nach Jahren die DNA einer gestorbenen Frau bestimmen ließ und die DNA dann nochmals erst Jahre später in die Vermisstendatenbank eingetragen wurde. Im Jahr 2021 haben sich 25 Vorwürfe ganz, 29 teilweise und 41 nicht bestätigt. Die restlichen Fälle blieben ungeklärt, weil etwa die Bürgerbeauftragte nicht zuständig war oder es staatsanwaltschaftliche Ermittlungen oder Gerichtsbeschlüsse gab, berichtete Ulli Hockenberger.
Die Corona-Pandemie spielte im Berichtszeitraum eine erhebliche Rolle. Von den in beiden Jahren insgesamt 1.509 eingereichten Anliegen hatten 442 direkt mit Corona zu tun. Themen waren hier unter anderem die Maskenpflicht, Einreisebestimmungen, Soforthilfen oder Beschränkungen. Die Bürgerbeauftragte hatte etwa mit einer Zumba-Gruppe zu tun, die im Freien tanzen wollte und nach der Teilnehmerzahl gefragt hatte, oder mit den Voraussetzungen für Schwimmkurse für Kinder.