Land soll sich für Aufarbeitung des Leids betroffener Heimkinder einsetzen

Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg soll sich für eine Aufarbeitung und finanzielle Anerkennung des Leids und die Abmilderung von Folgeschäden von Betroffenen einsetzen, die als Kinder und Jugendliche in Heimen der Behindertenhilfe oder in stationären psychiatrischen Einrichtungen Unrecht erfahren haben. Dazu soll ein Hilfsfonds eingerichtet oder eine andere mit dem Bund, den anderen Ländern und den Kirchen abgestimmte Regelung getroffen werden. Einen entsprechenden interfraktionellen Antrag beschloss der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren am Donnerstag, 8. Oktober 2015, einstimmig. Dies teilte die Vorsitzende des Gremiums, die Grünen-Abgeordnete Bärbl Mielich, mit.

Darüber hinaus solle die Landesregierung ihre Absicht bekräftigen, die betroffenen Menschen zu unterstützen, indem sie den Anteil des Landes Baden-Württemberg für einen Hilfsfonds oder eine andere gemeinsam vereinbarte Hilfsform bei der entsprechenden Haushaltsaufstellung berücksichtigt. Zudem solle der Wille bekräftigt werden, zu einer zeitnahen Aufarbeitung und finanziellen Anerkennung des Leids sowie zur Abmilderung von Folgeschäden für die betroffenen Menschen zu kommen, erklärte die Ausschussvorsitzende.

Nach Angaben Mielichs lebten von 1949 bis 1975 etwa 700.000 bis 800.000 Kinder und Jugendliche in Säuglings-, Kinder- und Jugendheimen in der Bundesrepublik. „Der Heimaufenthalt vieler ehemaliger Heimkinder war vielfach von traumatisierenden Lebens- und Erziehungsverhältnissen geprägt“, sagte die Ausschussvorsitzende. Auf Grundlage der Empfehlungen des „Runden Tischs Heimerziehung“ seien die Fonds „Heimerziehung West“ und „Heimerziehung in der DDR“ eingerichtet worden, aus welchen ehemaligen Heimkindern aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe Unterstützung gewährt werden könne.

Für Personen, die als Kinder und Jugendliche in Heimen der Behindertenhilfe oder in psychiatrischen Einrichtungen misshandelt worden seien, sei eine solche Unterstützung bisher nicht erfolgt. Mit einem einstimmigen Beschluss der 90. Arbeits- und Sozialministerkonferenz im Jahr 2013 hätten die Länder betont, dass sie eine Gleichbehandlung aller betroffenen Personenkreise anstrebten.

„Um den Betroffenen, die teilweise schon ein nicht mehr unerhebliches Alter haben, gerecht zu werden, ist eine schnelle Lösung und Einigung auf die Einrichtung eines Hilfsfonds oder einer vergleichbaren Regelung unabdingbar“, betonte die Vorsitzende. Das Sozialministerium habe in der Sitzung erklärt, eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund, Ländern und Kirchen habe den Vorschlag unterbreitet, eine unselbstständige Stiftung des Privatrechts zu gründen. Allerdings müssten noch grundsätzliche Fragen geklärt werden. Bereits mit einem weiteren Beschluss der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im Jahr 2014 habe die Landesregierung ihre Auffassung deutlich gemacht, dass Menschen, die im Kinder- und Jugendalter Unrecht und Leid in Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie erfahren hätten, gleich behandelt werden müssten wie Menschen, die derartige Erfahrungen in der Kinder- und Jugendhilfe gemacht hätten und heute Leistungen aus den Heimkinderfonds in Anspruch nehmen könnten, so Mielich.